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Gab es einen Mordversuch gegen den Angeklagten?

Justiz Im Betrugsprozess gegen einen Druckunternehmer ging es auch um Versuche der Selbstjustiz.

Kirchheim/Lenningen. Das Strafverfahren vor der Wirtschaftsstrafkammer des Stuttgarter Landgerichts gegen einst fünf Beteiligte eines Druckunternehmens mit Sitz in Kirchheim, Weilheim und Lenningen wegen Insolvenzverschleppung, Betrug und Gläubigerbegünstigung steht kurz vor dem Ende. Am gestrigen Verhandlungstag kam zur Sprache, dass Unbekannte auf den Hauptangeklagten einen Mordversuch verübt hätten.

Seit dem gestrigen zehnten Verhandlungstag sitzt nur noch der 57-jährige einstige Inhaber des Druckunternehmens auf der Anklagebank. Sein 64-jähriger Esslinger Steuerberater sowie drei weitere Mitbeschuldigte sind inzwischen zwar nicht von den Vorwürfen der Beihilfe des Betrugs und Insolvenzverschleppung freigesprochen worden, aber deren Verfahren haben die Richter angesichts der geringen Tatbeiträge vorläufig eingestellt – gegen Geldauflagen an die Staatskasse.

Ein letzter Zeuge wurde gestern vernommen. Der Hauptsachbearbeiter der Reutlinger Polizei hatte im Herbst 2018 mit seinen Ermittlungen gegen den angeklagten Firmenchef begonnen, dessen Kirchheimer Büroräume durchsucht, seine Bankverbindungen durchleuchtet und seine Geschäftspartner kontaktiert. Die Strafanzeigen gegen das Unternehmen seien von zwei ehemaligen Geschäftspartnern erstattet worden.

Über das Ergebnis berichtete der Beamte gestern den Richtern der 16. Großen Wirtschaftsstrafkammer – und versetzte sie auch in Staunen, als er während der Ermittlungsphase von einem offensichtlich geplanten Mordversuch gegen den 57-jährigen Angeklagten berichtete:

Demnach habe man Ende 2018 festgestellt, dass an dem Fahrzeug des Unternehmers eine Art Tracker installiert war. Dieser sei so eingestellt gewesen, dass die Bremsen des Fahrzeugs damit beeinflusst werden konnten beziehungsweise sogar ganz außer Betrieb gesetzt hätten werden können. Die Bremsen, so der Zeuge, sollten wohl komplett gelöst werden.

Ermittlungen verliefen im Sand

Man habe in diesem Zusammenhang auch gegen zwei Personen wegen mutmaßlicher Amtsanmaßung ermittelt, denn diese hätten sich als angebliche Ermittler in das Verfahren eingemischt, um Informationen und vor allem Namen zu bekommen. Doch die Ermittlungen seien auch hier im Sande verlaufen, sagt der Zeuge. Die Manipulation am Auto des Unternehmens wurde rechtzeitig entdeckt.

Unterdessen haben die Stuttgarter Richter gestern ein frühes Ende des Verfahrens gegen den letzten noch übrig gebliebenen Angeklagten eingeleitet. In einem sogenannten Rechtsgespräch hinter verschlossenen Türen soll ausgehandelt werden, wie hoch der Strafrabatt des 57-Jährigen ausfallen könnte, wenn er bereit ist, alle gegen ihn gerichteten Vorwürfe uneingeschränkt zuzugeben. In diesem Falle könnte eine Bewährungsstrafe möglich sein, denn der Beschuldigte befindet sich ohnehin auf freiem Fuß.

Die nächsten, womöglich letzten Prozesstage finden am 7. und 8. März statt. Bernd Winckler