Zwischen Neckar und Alb
Gambier überzeugt mit Geschnetzeltem

Handwerk Abdoulie Ceesay absolviert in der Köngener Metzgerei Blessing und Kurz eine Metzgerlehre. Den praktischen Teil der Gesellenprüfung hat er als Jahrgangsbester abgelegt. Von Elisabeth Maier

Wurst war für Abdoulie Ceesay ein ganz neuer Genuss. Denn in seinem Heimatland Gambia wird Fleisch nicht verarbeitet. Als er 2013 als Flüchtling nach Deutschland kam, war für den jungen Afrikaner sehr vieles neu. Inzwischen hat er sich nicht nur bestens in seiner neuen Heimat Köngen eingelebt. In der Löwen-Metzgerei Blessing und Kurz hat er erfolgreich seine Gesellenprüfung abgeschlossen. Im praktischen Teil war er im Bereich der Fleischerinnung Stuttgart Neckar-Fils sogar Jahrgangsbester.

Stolz holt der junge Metzgergeselle, der jetzt in der Löwen-Metzgerei eine feste Stelle hat, sein Handy heraus. Da hat er ein Bild von seiner Prüfungsaufgabe gespeichert. Sein Rindergeschnetzeltes mit Spätzle und Gemüse hat die Prüfer überzeugt. Das erfüllt auch seinen Lehrmeister Hans-Jürgen Kurz mit Stolz: „Er hat in der Ausbildung bei uns wirklich viel gelernt“, sagt der Metzger­meister. Als stellvertretender Obermeister der Fleischerinnung Stuttgart Neckar-Fils und deren Lehrlingswart weiß Kurz, wie schwer es ist, gute Auszubildende zu finden. Umso glücklicher ist Kurz deshalb, dass sein neuer Geselle aus Gambia so erfolgreich ist.

Dass seine Branche um Auszubildende kämpfen muss, bedauert Kurz. Das hat aus der Sicht des Vize-Obermeisters auch mit Vorurteilen zu tun. Viele dächten beim Metzgerberuf zunächst ans Schlachten. „Inzwischen sind die Herstellung von Wurst oder die Zubereitung von Salaten oder Menüs unsere Hauptaufgaben. Wir sind Fleischveredler.“ Der engagierte Lehrlingswart möchte junge Leute für den vielseitigen Metzgerberuf motivieren.

Bei Abdoulie Ceesay hat er die Leidenschaft längst geweckt. Der Gambier lebt in einer Wohnung im Haus der Familie Kurz über der Metzgerei in Köngen. Ins Team der Metzgerei, die auch eine Filiale in Stuttgart betreibt, hat er sich nach den Worten seines Chefs prima eingefügt. Die Sprache lerne man am besten in der Praxis, ist Hans-Jürgen Kurz überzeugt. „Die Kollegen haben mir viel beigebracht“, schwärmt Ceesay vom Team in der Metzgerei. Was schmeckt dem frischgebackenen Gesellen denn selbst am besten? Da zögert er nicht lange: „Putensaiten und Putenlyoner.“ Der junge Fleischergeselle findet es schön, mit Gewürzen und Fleisch zu arbeiten. Die Arbeit in der Metzgerei ist für ihn ein Traumberuf.

Mit seiner ruhigen, besonnenen Art findet Ceesay schnell einen Draht zu anderen Menschen. Da er aus einer Familie kam, die eine Landwirtschaft hatte, war er mit dem Schlachten vertraut. „Das Metzgerhandwerk ist aber so viel mehr“, sagt er heute nach seinem erfolgreichen Abschluss. Sich mit Ernährungslehre zu beschäftigen, das findet er interessant.

Inzwischen sind auch die Fachbegriffe, die das Metzgerhandwerk kennt, für den 23-Jährigen kein Problem mehr. Das lerne man leicht, wenn man jeden Tag in der Metzgerei stehe, sagt Hans-Jürgen Kurz und lacht. Auch seine Frau Sonja Blessing-Kurz, die sich um den Verkauf kümmert, ist voll des Lobes über die sympathischen Umgangsformen des Metzgergesellen. Dass im Team die Chemie stimmt, spürt man schnell.

Wie geht Abdoulie Ceesay denn mit kulturellen Unterschieden um? „Da habe ich kein Problem“, findet der Moslem. Zwar esse er selbst kein Schweinefleisch, doch die Verarbeitung sei für ihn kein Problem. Hans-Jürgen Kurz schätzt die kulturelle Vielfalt in seinem Team, denn das sei schließlich ein Vorteil für die muslimischen Kunden. Der Chef freut sich, wenn sein Geselle immer mal wieder eigene Ideen einbringt.

Kurz weiß von vielen seiner Metzgerkollegen, die durchaus offen wären, jungen Flüchtlingen eine Ausbildungsperspektive zu bieten. Die Unsicherheit, ob sie bleiben dürften oder nicht, sei allerdings für viele Mittelständler ein Problem. Kurz ist froh, dass der junge Gambier ihm als Geselle erhalten bleibt.

Dass sich Abdoulie Ceesay in Köngen so gut eingelebt hat, liegt nicht nur daran, dass ihn sein Beruf voll und ganz ausfüllt. In seiner neuen Heimat hat er beim TSV Köngen auch ein Fußballteam gefunden. „Diesen Sport liebe ich“, sagt der Abwehrspieler, der kein Training verpassen möchte. Da habe er inzwischen auch guten Kontakt zu den Kameraden. Nach den harten Arbeitstagen in der Metzgerei, die schon in den frühen Morgenstunden beginnen, findet Ceesay da einen schönen Ausgleich.