Während die einen Teilnehmer schon vor einem Gläschen Prosecco sitzen, bauen die anderen Dinierenden noch auf. Sie bringen weiße Blumenarrangements und silberne Kerzenleuchter in Position und überlegen, wohin mit den Boxen voll mit kleinen Tellern, Schälchen und Gläsern mit appetitlich angerichteten Köstlichkeiten. Ist auf den kleinen Beistelltischen kein Platz mehr, werden Antipasti, Häppchen, Hors d’œuvre oder fruchtig-süße Nachtischkreationen kurzfristig auf den Sitzbänken der weiß ummantelten Biertischgarnituren geparkt. Zum sechsten Mal hatte der Verein Kino Kunst und Kultur zu seinem „Dîner en blanc“ vor die Weilheimer Peterskirche eingeladen und zum sechsten Mal Glück mit dem Wetter gehabt.
Es ist ein sonniger Samstag-Spätnachmittag, die Geschäfte sind längst zu und die Menschen im verpflichteten Dresscode „Ganz in Weiß“ freuen sich auf ein paar stilvolle Stunden. Auf das gemeinsame Essen, auf anregende Gespräche und etwas Unbeschwertheit in Zeiten von Mund-Nasen-Schutz und Desinfektionsspray. Wie auch sonst bei jeder Veranstaltung in Corona-Zeiten, läuft auch das diesjährige „Dîner en blanc“ etwas anders ab. Die Gäste tragen sich in die Anwesenheitsliste ein, präsentieren ihre mitgebrachten Speisen nicht an einem Büfett für Jedermann und sitzen nicht an langen Tafeln, sondern nur in kleineren Gruppen an den extra auseinandergestellten Tischen zusammen.
„Wer ist nicht aus Weilheim?“, hakt Jens Reichert, erster Vorsitzender des Vereins „Drei KW“, nach und ist erstaunt über die vielen Hände, die nach oben gehen. Alles aufgetischt, wird das Essen traditionell mit den wedelnden Stoffservietten eingeläutet. „Die schwäbischen Tapas sind vom Restaurant Christl“, verrät Sandra Schöne, zweite Vorsitzende des Vereins. Damit wolle man die Gastronomen einbeziehen.
„Wer will einen Zwetschgendatschi?“, fragt Birgitta Zeyfang, dem Birgit Dietrich ohne Konkurrenzgedanken Schneckennudeln entgegenhält: Ein Tisch - da darf geteilt werden. Einige Meter entfernt, haben Steffi und Christian Thulmann ein mit Paprika, Oliven und Mozzarella verfeinertes Fisch-Potpourri aus Lachs, Krabben und Shrimps einschließlich einer Flasche Sekt und Nachtisch aus griechischem Joghurt mit Heidelbeeren mitgebracht. Heute seien es fast doppelt so viele Gäste wie im letzten Jahr, schätzt das Ehepaar aus Weilheim. Ilse Degout und Manfred Schäuble, die aus Hepsisau stammen und ein Unternehmen im Landkreis Waldshut haben, freuen sich über ihr Outfit: „Bei der Arbeit tragen wir schwarz, umso wohler fühlen wir uns in weiß“. Nicht alle Passanten können das Essen ganz in Weiß einordnen. Immer wieder kommt die Vermutung auf, es verberge sich eine Hochzeit dahinter.
Auch die Musik spielt eine Rolle. Die 16 und zwölf Jahre alten Geschwister Klara und Gloria Gabriel zeigen zusammen an der Harfe und am Hackbrett ihr Können. Auch Patrick Schwefel ist mit von der Partie. Der Musiker, der Mitglied der Band Acoustic Groove und des Duos Vocal Affair ist, sorgt am E-Piano für dezente Unterhaltung. „Das ist endlich etwas Positives - es ist eine schwierige Zeit für uns alle“, sagt er.
Spaß haben Yanis, Elina und Catharina bei der Produktion von Riesenseifenblasen. Unermüdlich pusten die Kinder in den mit Mull umwickelten, großen Ring, den Vereinsmitglied Adelheid Metzger ebenso wie spezielle Seifenlauge eigens für die jüngsten Dinnergäste hergestellt hat.