Früher wurden hier Teppiche aus fernen Landen gehandelt – heute stammt die Ware ebenfalls aus Übersee. Äthiopien, Brasilien, Honduras, Indien, Nepal und Peru sind die Herkunftsländer des Rohkaffees, den Matthias Gohl und Mathis Hutfilter in ihrer kleinen Kaffeerösterei Qaweh in Nürtingen verarbeiten.{paidcontent} Dort haben sie an der Brunnensteige 19 im ehemaligen „Bazar“ ihren Trommelröster aufgestellt und bieten Kaffeespezialitäten auf Feinkostniveau an. Mit ihrer Geschäftsidee verwirklichen die beiden Quereinsteiger – Gohl ist von Beruf IT-Systemelektroniker, Hutfilter Automobilverkäufer – nun den Traum vom nachhaltigen Wirtschaften. Obwohl sie den Laden an der Brunnensteige bereits seit 2019 im Auge hatten, sei ihnen die Corona-Pandemie nicht wirklich in die Quere gekommen. „Wir haben noch etwas gewartet, um uns Zeit zu geben. Und durch Corona mussten wir nicht zu 100 Prozent sofort da sein“, beschreibt Gohl das Prozedere.
Ein paar Steinwürfe entfernt hat Santiago Ramirez Aguilar seine Gerstenfux-Craft-Beer-Bar eröffnet. Die neue Kneipe sei am schönsten Fleck der Altstadt entstanden, lobt der Geschäftsführer der Brauerei die idyllische Lage am Schlossberg 6 gleich unterhalb des beliebten Café Schümli. Tatsächlich ist Nürtingen hier besonders verwinkelt und kann mit einem großen Ensemble von Fachwerkgebäuden punkten.
Die Bierbar sei für ihn eine Flucht nach vorne gewesen, berichtet Aguilar, denn seiner Gaststätte am Stammsitz der Brauerei im Ortsteil Zizishausen fehle ein Biergarten und unregelmäßig besucht worden sei sie allemal. Die mangelnden Außenplätze hätten sich nicht nur im Sommer als großer Nachteil erwiesen, sie fehlten dem Betrieb besonders in den Phasen der Pandemie, in denen nur im Freien bewirtet werden konnte. Nach einer passenden Gaststätte mit Außenbereich habe er zwei Jahre lang gesucht. Nun will er den Wandel in der Nürtinger Altstadt mitgestalten. Die neue Bar am Schlossberg, die im coolen „Industrial Style“ saniert wurde, kann immerhin mit 16 Außenplätzen aufwarten. Und Aguilar hofft, dass er bald noch Tische im kleinen Hof am Amtsgericht aufstellen darf. „Ich wollte das nicht unversucht lassen, sonst hätten wir gleich einpacken können“, beschreibt er die Entscheidung für das neue Lokal, dessen Sanierung Aguilar auch mithilfe einer Crowdfunding-Kampagne finanziert hat.
Auf Nürtingen setzen auch die Inhaber der Bäckerei Ochsen Beck aus Grabenstetten. Mit der neuen Filiale in der Neckarstraße 20 haben sich Verena und Jochen Ladner den Traum von einem Standort in Nürtingen erfüllt. Die Filiale ist mit rund 350 Quadratmetern Fläche die größte der zehn Niederlassungen der Bäckerei-Gesellschaft, deren übrige Filialen sich vor allem im Lenninger Tal konzentrieren. Diese zehn Standorte seien genau die Größe, die „wir anstreben“, erklärt die Chefin. Mit weniger funktioniere es nicht, aber mehr sollten es auch nicht sein.