Zwischen Neckar und Alb
Geflüchtete in Nürtingen: „Es musste alles schnell gehen“

Krieg Die ersten 80 Menschen aus der Ukraine sind im Hauber-Gebäude in Nürtingen untergebracht: Der Landkreis hat einfache Schlafsäle, sanitäre Einrichtungen und Selbstversorgereinheiten eingerichtet. Von Uwe Gottwald

In der vergangenen Woche sind die ersten rund 80 ukrainischen Flüchtlinge in das Hauber-Gebäude an der Sigmaringer Straße in Nürtingen eingezogen. Die Hauber-Gruppe stellt das leerstehende Fabrikationsgebäude zunächst für ein Jahr unentgeltlich dem Landkreis zur Verfügung, der es für eine Notunterkunft zur vorläufigen Erstunterbringung nutzt. Entgegen manch anderer Vorstellungen handelt es sich um eine Massenunterkunft mit einfachstem Standard.

In dem dreigeschossigen Gebäude werden in den unteren beiden Stockwerken Schlaf- und Speiseräume eingerichtet, die nur mit Trennwänden, die nicht deckenhoch sind, unterteilt werden. In den Abteilen sind auf rund 30 Quadratmeter jeweils sechs bis sieben Betten und einfache Schränke aufgestellt. Weiter wurden gemeinschaftliche sanitäre Anlagen mit mehreren Duschen, Waschbecken und Toiletten eingebaut, ein Raum mit mehreren Waschmaschinen steht zur Verfügung.

Notunterkünfte als Übergang

Im oberen Stockwerk können in ehemaligen Büroräumen abgetrennte Zimmer eingerichtet werden. „Dort können Familien oder auch Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen separat untergebracht werden“, erläutert Christian Sigler, der Leiter des Amtes für Flüchtlingshilfe im Landratsamt. Auch für Halter von Tieren – manche haben ihre Hunde und Katzen mitgebracht – könnte dort Platz sein. Das Veterinäramt wirft darauf einen Blick.

Während in Unterkünften in Esslingen mit insgesamt rund 550 Personen die Kliniken des Landkreises und beauftragte private Firmen für die Verpflegung sorgen, ist in Nürtingen eine Selbstversorgung vorgesehen. Deshalb werde zunächst auch nur mit 80 Personen belegt. Zwar fehlt es nicht an Kücheneinrichtung, doch müsse zunächst noch die Stromversorgung ausgebaut werden, um sie für weitere Gerätschaften leistungsfähig zu machen, erklärt Sigler. Dann könnten bis zu 250 Personen untergebracht werden. „Es musste alles schnell gehen, wir bekommen vom Land ständig neue Zuweisungen“, so der zuständige Mitarbeiter.

Die Malteser übernehmen die ambulante medizinische Betreuung in Nürtingen. Für die soziale Betreuung ist die Arbeiterwohlfahrt (AWO), unterstützt durch das DRK, mit sozialpädagogischem Personal beauftragt. Auch Hausmeister stehen zur Verfügung. Für eine Unterstützung darüber hinaus stehe man im Kontakt mit der Stadt Nürtingen und deren Abteilung für Integration und Ehrenamt mit Nadine Karim an der Spitze. Diese wiederum kooperiert mit dem Netzwerk Flüchtlingsarbeit in Nürtingen (NFANT) und dessen Ehrenamtlichen.

Höchstens sechs Monate

Die Geflüchteten aus der Ukraine sollen höchstens für sechs Monate in solchen Notunterkünften untergebracht werden. Es komme deshalb darauf an, dass die Kommunen möglichst schnell Anschlussunterbringungen bereitstellen können, heißt es vonseiten des Landratsamts. Andererseits weiß man um die Herkules-Aufgabe. Auf dem Höhepunkt der vorangegangenen Flüchtlingswelle wurden rund 2000 Menschen im Jahr in eine Anschlussunterbringung vermittelt, in den gut drei Monaten des Ukraine-Kriegs seien es bereits 3000 gewesen, rechnet Sigler vor. Das seien rund drei Viertel der 4100 Flüchtlinge im Kreis. Mit weiteren 1000 Ankommenden wird in den nächsten Wochen gerechnet. Aus den Notunterkünften werden sie je nach Einwohnerzahl auf die Kommunen verteilt.