Gegensätzlicher geht es kaum. In Grau gehaltene Abstraktionen treffen auf knallbunte Charakterköpfe. Malerin Hanni Derr und Bildhauer Richard Umstadt bestreiten im Bissinger Rathaus eine gemeinsame Ausstellung.
Der Titel der Werkschau ist ebenso programmatisch wie augenfällig, denn „gegensätzlich“ stehen sich die Exponate tatsächlich gegenüber. Derrs Gemälde laden zu kontemplativer Betrachtung und subjektiver Deutung ein. Umstadts tönerne Protagonisten sind ironisch, lautstark und schrill. Entsprungen sind seine bemalten Köpfe einem künstlerischen Experiment. Abseits tradierter Verfahren wollte er erkunden, welche Materialien sich mit Ton und Keramik verbinden lassen. Nun verhelfen Topfkratzer zu skulpturaler Haarpracht. Fundstücke vom Flohmarkt verleihen der „Königin der Nacht“ ebenso standesgemäße Zierde wie „Punk Maiky“ als Vertreter der Subkultur. Auch das stattliche Geweih, das „Förster Friednau“ auf dem imposanten Schädel thront, ist so ein Zufallsfund.
Doch auch manchen von Hanni Derrs Bildern liegen Fundstücke zugrunde. Dem ersten Blick verborgen, dienen sie als strukturgebende Elemente. Derrs Werke fächern eine ganze Typologie von Oberflächen auf. Der an Horizonte und Landschaften gemahnende Bildraum erhält dadurch Plastizität, drängt ins Dreidimensionale. So erschließt sich die Ausstellung schrittweise als organisches Ganzes. Denn die Gegensätze treten in Wechselwirkung. Zu Umstadts intensiven Farbaufträgen liefert Derrs malerische Dezenz den sonoren Kontrapunkt. Im Gegenzug kommt der plastische Fokus auf Raum und Proportion den Bildern zugute, die sich den Betrachtern wie Tore zur Innenwelt öffnen.
Ein Ausbund grafischer Finesse sind Derrs Tierporträts. Mit feinsten Pastellstrichen spürt sie den Texturen von Fell und Gefieder nach. Dass die Blätter unvollendet wirken, ist Absicht. Der Betrachter soll in Eigenaktivität kommen und das Fehlende imaginativ fortführen. Die Ausstellung „gegensätzlich“ bietet reichlich Potenzial, den Blick zu schulen und den Akt des Betrachtens zum ästhetischen Erlebnis werden zu lassen. Zu verdanken ist das den Kunstwerken von Hanni Derr und Richard Umstadt, die aus ihrer stilistischen Gegensätzlichkeit fruchtbare Korrespondenz entfalten.
Info Die Ausstellung „gegensätzlich“ mit Werken von Hanni Derr und Richard Umstadt ist noch bis 31. März im Bissinger Rathaus zu sehen. Sie ist geöffnet montags von 8 bis 12 Uhr und von 15 bis 18 Uhr, dienstags von 7.30 bis 12 Uhr, donnerstags von 8 bis 12 Uhr und freitags von 7.30 bis 12 Uhr.