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Gehören Ladesäulen für Elektroautos zur Daseinsvorsorge?

Mobilität Neidlingen will nicht zum „Tankstellenbetreiber“ werden, stellt aber eine Fläche für eine Ladestation bereit.

Neidlingen. Immer wieder klingelt im Neidlinger Rathaus das Telefon, mit der sinngemäßen Anfrage: „Wann baut die Gemeinde eine Ladesäule für mein Elektroauto?“ Die Einrichtung einer Lademöglichkeit, stellte Bürgermeister Jürgen Ebler klar, sei jedes elektromobilen Bürgers eigene Aufgabe. Offen sei jedoch der Umgang mit Fahrern, die aus beruflichen Gründen oder in ihrer Freizeit von außen nach Neidlingen kämen. Bisher besteht für sie keine öffentliche Lademöglichkeit. Die nächs­ten drei Ladestationen stehen in Weilheim. Vier weitere gibt es in Bissingen, acht weitere bei Gruibingen an der Autobahn, zwei weitere in Wiesensteig.

Derzeit gibt es vom Land ein Förderprogramm, deshalb stellte Ebler die Frage in den Raum: Gehören solche Ladesäulen zur öffentlichen Daseinsvorsorge oder nicht? Falls ja, was will die Gemeinde dafür investieren? Eine Normal-Ladesäule kostet laut aktueller Kalkulation des Albwerks inklusive Netzanschluss und Tiefbau rund 27 000 Euro – je nach Standort kann es deutlich mehr oder weniger sein. Da bei der Förderung eine Bagatellgrenze von 30 000 Euro gilt, müsste die Gemeinde mindestens zwei Ladesäulen errichten. Pro Säule müsste die Gemeinde rund 8600 Euro selbst bezahlen. Gäbe es für die Ladesäule eine Reservierungsfunktion, etwa über eine App, wäre der Zuschuss höher und der Eigenanteil läge nur noch bei gut 4000 Euro. Diese Reservierungsfunktion, warnt jedoch das Albwerk in seiner aktuellen Berechnung, sei „derzeit nicht gesetzlich verpflichtend und seitens der gängigen IT-Backend-Anbieter nicht marktreif verfügbar“.

Das Thema „Ladesäulen“ war schon 2019 auf der Tagesordnung des Gemeinderats und wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. „Das Angebot war inakzeptabel.“ Geschätzten jährlichen Einnahmen von 150 Euro seien Ausgaben von deutlich über 2000 Euro entgegengestanden. Die aktuelle Kalkulation des Albwerks umfasst nur die Installation der Ladesäulen, die laufenden Kosten wurden nicht berechnet. Auch wenn die jährlichen Einnahmen nun etwas höher liegen dürften als 2019, weil inzwischen mehr Elektroautos unterwegs sind, Zweifel an der Wirtschaftlichkeit bleiben.

Auch heute will der Gemeinderat nicht zum dauerhaften „Tankstellensubventionierer“ werden. Einem privaten Betreiber von Ladesäulen den nötigen Platz zur Verfügung zu stellen, dazu äußerten Gemeinderat und Bürgermeister aber grundsätzliche Bereitschaft. Ein Standort könnte bei der Reußensteinhalle sein, auch der Wanderparkplatz Braike oder ein Standort am Rathaus kämen infrage. Noch ist das sprichwörtliche Angebot, „das die Gemeinde nicht ablehnen kann“, nicht in Sicht, doch die Verwaltung will sich darum bemühen.

In einer Sitzungspause klagten einige Gemeinderäte über immer mehr Aufgaben, die den Kommunen von Bund und Land übertragen werden. Die Ausgaben in der Kinderbetreuung steigen, zugleich fänden manche Behörden bei Genehmigungen zu jeder Lösung das passende Problem. Die Gemeinden hätten die Unterbringung von Geflüchteten zu leisten. Sollten sie jetzt auch noch zum Tankstellenbetreiber werden, zuerst mit Strom, in ein paar Jahren dann mit Wasserstoff? Peter Dietrich