Zwischen Neckar und Alb
Geld zeigt den Charakter

Wohltätigkeit Der „Runde Tisch“ der Vesperkirche Esslingen zu Gast in der Kreissparkasse: Das Publikum hat nach lebhafter Diskussion über Finanzen mehr Steuergerechtigkeit gefordert. Von Peter Dietrich

Was macht Geld mit dem Charakter? Es zeige ihn deutlicher, im Guten wie im Schlechten, sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete Markus Grübel. Das war eines von vielen nachdenklichen Statements am „Runden Tisch“ des Kreisdiakonieverbands Esslingen. Zum zehnjährigen Bestehen der Esslinger Vesperkirche hat er schon mehr als 25 Stationen besucht, nun war die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen an der Reihe.

In deren Esslinger Casino gingen Gedanken und Argumente zum Thema „Geld“ kreuz und quer über den bunten Tisch aus Puzzleteilen. Das Einstiegslied des Männersextetts Neckharmoniker, „Ich wär so gerne Millionär“, führt die Moderatorin Martina Klein zur ersten Frage an KSK-Vorstand Frank Dierolf: „Wie viele Millionäre haben Sie schon gemacht?“ „Ich hoffe viele, aber es hat sich noch nie jemand bei mir bedankt“, sagt Dierolf und erklärt auch, warum man nie einen seiner Mitarbeiter in der Spielbank treffen werde: „Das widerspricht unserem Ehrenkodex.“

Der angemessene Umgang mit dem Geld ist auch für Pfarrerin Dr. Christiane Kohler-Weiß ein „spannungsvolles Verhältnis“. Die Aussage von Jesus sei klar: „Wir können nur einem Herren dienen, Gott oder dem Mammon.“ Doch auch die Kirche braucht Geld, und Dekan Bernd Weißenborn ist froh über die sprudelnde Kirchensteuer.

Warum sind Menschen überschuldet? Jeder Fall sei individuell, betont Lena Stumpp von der Schuldnerberatung des Kreisdiakonieverbands. Bei manchem steht es finanziell stets Spitz auf Knopf, dann geht auch noch die Waschmaschine kaputt.

„Ich habe keine Geldsorgen“, sagt hingegen Grübel, Geld mache es leichter. Weil seine Frau MS habe und im Rollstuhl sitze, seien Umbauten nötig. „Es ist angenehm, wenn man nicht erst Anträge stellen muss.“ Für einen Politiker sei das wichtigste die Glaubwürdigkeit.

Ob ein Leben erfüllt war, entscheide sich nicht am Geld, meint Susanne Kränzle, Leiterin des Esslinger Hospizes. Was bedauerten Menschen im Rückblick? Dass sie nicht ihr Leben gelebt hätten, sondern das Leben, das andere für sie wollten. Dass sie zu wenig Kontakt zu Freunden gehalten und zu hart gearbeitet hätten.

Für Dierolf ist es entscheidend, ob jemand sein Vermögen selbst erarbeitet hat. Existenzgründer erlebt er nach einigen Jahren als „gereifte Persönlichkeiten“.

Pfarrerin Kohler-Weiß erinnerte an Martin Luther: Er habe für Wucherer die Todesstrafe gefordert. Er war gegen den Zins, er war dagegen, wenn Geld von der Materialwirtschaft abgekoppelt war, wenn mit Getreide spekuliert wurde und wenn Leute ohne Arbeit reich wurden. Das alles klingt für die Pfarrerin sehr aktuell.

„Wenn ein Mensch immer Bittsteller ist, macht das etwas mit ihm“, sagte Eberhard Haußmann, Geschäftsführer des Kreisdiakonieverbands. Kein Geld für ein Weihnachtsgeschenk für die Enkel zu haben, das sei bitter, genauso wie nie etwas spenden zu können. Und das ohne Perspektive, dass sich etwas ändere. Leben in Armut sei anstrengend: Wo kaufe ich sehr günstig ein? Haußmanns Frage an die Politik: „Stimmt die Gewaltenteilung noch? Die Wirtschaft setzt sich durch.“

Aus dem Publikum kam zum Schluss die klare Forderung nach mehr Steuergerechtigkeit. Private Wohltätigkeit sei dafür kein Ersatz: „Ich will nicht, dass der Bill Gates entscheidet, wen er fördert“, betonte ein Zuhörer, „und wen vielleicht plötzlich nicht mehr.“