Die hausärztliche Versorgung eines Ortes, gerade auch kleinerer Gemeinden wie Notzingen, ist keine Selbstverständlichkeit. Laut einer Studie der Robert Bosch Stiftung vom Mai 2021 werden in Deutschland im Jahr 2035 rund 11 000 Hausarztstellen unbesetzt sein, fast 40 Prozent aller Landkreise werden unterversorgt oder davon bedroht sein. Insbesondere für Bürger in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Baden-Württemberg könnte es künftig schwierig werden, einen Hausarzt zu finden. In einigen Landkreisen geht die Zahl der Hausärzte dort bis 2035 um rund 50 Prozent zurück. Das lässt aufhorchen. Die Sicherung bestehender Strukturen auf diesem Gebiet ist wichtiger denn je. Und das rechtzeitig. Auch im Landkreis Esslingen haben bereits manche Kommunen das Problem, dass sich keine Nachfolger für scheidende Hausärzte finden.
Zur Sicherung der hausärztlichen Versorgung in Notzingen haben Verwaltung und Gemeinderat einstimmig beschlossen, das aktuell zum Verkauf stehende Gebäude in der Talstraße 10, in dem derzeit bereits die Hausarztpraxis als Mieter untergebracht ist, zu erwerben. Der Mietvertrag der Praxis wird fortgeführt, neuer Vermieter ist nach abgeschlossenem Kauf dann die Gemeinde. Betreut werden durch die Notzinger Hausärztin unter anderem auch das örtliche Pflegeheim und die Arche.
Der Kaufpreis des Gebäudes beträgt 920 000 Euro, zuzüglich aller weiteren Gebühren investiert die Gemeinde unterm Strich letztlich gut eine Million Euro. „Das Grundstück hat 801 Quadratmeter, im Erdgeschoss ist die Arztpraxis auf 127 Quadratmetern untergebracht. Darüber liegen noch zwei Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von 221 Quadratmetern“, erläuterte Bürgermeister Sven Haumacher. Die Übernahme des Gebäudes erfolgt laut Bürgermeister Sven Haumacher wohl Anfang August.
Von Hochwasser bedroht
An der Ecke Ötlinger Straße und Hochdorfer Straße gibt es außerdem das derzeit als Parkplatz genutzte gemeindeeigene Flurstück 207. Laut Bürgermeister Sven Haumacher gibt es dafür einen Investor, der sich vorstellen kann, das Areal mit einem Café, einer Arztpraxis und Wohn- oder weiteren Gewerbeeinheiten zu bebauen. „Die Frage war und ist, ob die Gemeinde selbst dieses Areal bebauen soll, etwa mit einem kommunalen Ärztehaus.
Da das Flurstück aber in einem hochwassergefährdeten Bereich liegt, läuft derzeit ein Gutachten, ob und wie dort gebaut werden kann“, so Haumacher. Was letztlich also an dieser Stelle passiert, ist noch unklar und zeitlich nicht absehbar. Die möglichen Kosten einer Bebauung seien aktuell nicht genau schätzbar, da könne es sich um mehrere Millionen Euro handeln und bis zu einem möglichen Bezug zudem zwei bis drei Jahre vergehen.
„In Betracht kommt ebenso, durch einen privaten Investor den Bereich der Scheunen in der Ortsmitte neu zu bebauen mit unter anderem einer Arztpraxis und Wohnungen. Problem ist dort jedoch, dann genügend Parkplätze für alle Nutzungen zu schaffen“, ergänzte Haumacher. Es bestünde unterm Strich also die Gefahr, in dieser Zeit die Hausarztpraxis zu verlieren.
Hans Prell (UKW) betonte ebenso wie Alfred Bidlingmaier (CDU) bezüglich des nun beschlossenen Kaufs des Gebäudes in der Talstraße 10, dass es um die notwendige Sicherung der ärztlichen Versorgung im Ort gehe und diese zur kommunalen Daseinsvorsorge zähle. Der Ausschuss für Technik und Umwelt habe das Gebäude besichtigt und für gut befunden, so Prell. Der Kaufpreis sei angemessen, ergänzte Bidlingmaier, alle anderen Lösungen teurer und in der Umsetzung zeitverzögerter.