Zwischen Neckar und Alb
Gericht sieht nur eine „gewisse Sympathie für Red Legion“

Justiz Im Prozess um eine Messerstecherei beim Plochinger Bahnhof ist jetzt ein Urteil gefallen.

Plochingen. Der zweite von drei Prozessen am Stuttgarter Land­gericht um einen blutigen Streit zwischen Mitgliedern zweier verfeindeter Gruppen ist jetzt zu Ende gegangen. Nach zweieinhalb Monaten hat die 2. Große Strafkammer nun entschieden, dass sich ­keiner der drei Angeklagten des gemein­schaftlichen versuchten Totschlags schuldig gemacht hat. Die Tötungsabsicht habe sich nicht beweisen lassen, so die Vorsitzende Richterin.

Die Staatsanwaltschaft hatte im Hinblick auf die ­Geschehnisse vom 8. und 13. Februar dieses ­Jahres in ­ihrem Plädoyer von einem eskalierten Revierstreit zwischen rivali­sierenden Lagern einer Nachfolge­organisation der verbotenen ­Bande Red Legion gesprochen. Erst in der Nürtinger Innenstadt und ­einige Tage später in der Nähe des Plochinger Bahnhofs waren junge Männer mit Messern und einer ­Schusswaffe aneinandergeraten. Beide Vorfälle hatten große ­Polizei- und SEK-Einsätze ausgelöst. Den Banden­bezug sah die Staatsanwaltschaft darin ­begründet, dass einer der Angeklagten T-Shirts und ein Plakat der ­Straßengang besessen habe und dass einer der anderen drei ­einen Brief aus der Justizvollzugsanstalt mit einer bekannten Grußformel der Organisation unterschrieb.

Für die Staatsanwaltschaft stand fest, dass der zur Tatzeit 21-jährige und der damals ­19-jährige Angeklagte sich am 13. Februar mit einem Unbekannten getroffen hatten. Man habe erfahren, dass sich ein von der Gruppe gehasster Mann in einem Barber­shop in ­Plochingen aufhalte. „Sie beschlossen, die Gunst der ­Stunde zu nutzen, um ihn zu bestrafen“, so die Staatsanwältin. Die Angreifer hätten von der Gewalttat in Nürtingen einige Tage zuvor gewusst und sich rächen wollen. Als dann aber der 29-jährige Besitzer des Friseurladens aufgetaucht sei, hätten der 21-Jährige und sein unbekannter Begleiter diesen statt ihres eigentlichen Gegners angegriffen. Der Friseurbesitzer wurde mit einem Messer lebensgefährlich verletzt.

Die Kammer sah bei den Angeklagten zwar eine gewisse Sympathie für die ehemalige Bande, aber mehr sei nicht zu beweisen. Sie verurteilte den bei der Tat 20-jährigen Angeklagten zu einer zweijährigen Jugendstrafe wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung. Auch wegen des Besitzes und des Führens einer durchgeladenen Pistole sowie wegen der Beihilfe zum Drogenhandel wurde er verurteilt. Für den Jüngsten gab es eine einjährige Jugendstrafe auf Bewährung, ebenfalls wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung. Der älteste Angeklagte muss wegen gefährlicher Körperverletzung für drei Jahre und drei Monate hinter Gitter. Julia Theermann