Alarm bei den Autohäusern: Der Automarkt sei derzeit komplett chaotisch, heißt es in einem Bericht der Kraftfahrzeuginnung Stuttgart. Die Verbitterung gegenüber der Politik im Allgemeinen ist groß. Die Rede ist von einer „Schrotschuss-Politik“, die die Autohäuser „gegen die Wand“ fahre. Im Kreis Esslingen machen die Häuser indes zwiespältige Erfahrungen. Friedrich Maier, Geschäftsführer der Russ Jesinger Vertriebs GmbH & Co. KG, spricht von einem „heterogenen Bild“. Er vertreibt Autos, Reisemobile, Transporter und Lastwagen in Esslingen, Filderstadt, Dettingen und Nürtingen.
Bei Transportern und Lastwagen gebe es keine merklichen Rückgänge. Der Grund sei in den Corona-Regeln verborgen: Ein Gewerbetreibender, der einen neuen Transporter braucht, ist nicht auf die Ladenöffnung angewiesen. Er weiß in der Regel, was er braucht, und kann sich telefonisch oder online beraten lassen. Der Verkauf von Personenfahrzeugen hingegen, so Maier, sei ein Ladengeschäft. Aber auch hier gibt es Unterschiede: Ein Smart etwa ist stärker auf einen Showroom angewiesen als andere Modelle. Beim Gebrauchtwagenmarkt sei ebenfalls ein Rückgang zu verzeichnen, aber immerhin ziehe das Onlinegeschäft an.
Autohäuser werden auch mit einem der zahlreichen Widersprüche konfrontiert, die die Corona-Verordnungen mit sich bringen. „Autohäuser sind in der Regel große Gebäude“, beschreibt Maier den Arbeitsplatz. „Da hat jeder Kunde mindestens 40 Quadratmeter Platz.“ Wo auch gearbeitet wird. An dem Schreibtisch „Service“ sind Kundengespräche erlaubt, am Schreibtisch „Verkauf“ dagegen nicht. Beide Schreibtische stehen nebeneinander. Maiers Fazit: „Es ist ein unverständliches Trauerspiel. Es trifft uns, aber es trifft uns nicht so hart.“
Wie groß der Absturz ist, zeigen diese Zahlen: Im März 2019 war für die Autohäuser in der Region Stuttgart die Welt noch in Ordnung. Mehr als 7000 Pkw-Neuzulassungen meldete die Zulassungsstelle damals allein im Kreis Esslingen für das erste Quartal. 2021 liegt die Zahl der Neuzulassungen im Kreis bis jetzt um fast 1200 niedriger. Der Esslinger Kreisvorsitzende der Kfz-Innung, Frank Schnierle, ist sicher: „Wenn die Politik uns ließe, könnten wir prima Autos verkaufen. Die Nachfrage ist da.“ Insgesamt kamen im ersten Quartal 5966 Neuzulassungen zusammen. 2020 waren es 7153 gewesen, da hatte sich der Mini-Lockdown kaum ausgewirkt. Es waren gegenüber den coronafreien Zeiten 2019 mit rund 7140 Neuzulassungen sogar ein paar neue Autos mehr.
Bei den Gebrauchtwagen haben sich die Zahlen der vergangenen zwei Jahre im Frühjahr unter Corona-Bedingungen parallel entwickelt: 4469 Besitzumschreibungen meldet die Zulassungsstelle für März. Insgesamt sind im ersten Quartal 2021 damit 10 655 Halterwechsel zusammengekommen. 2020 war es einer mehr.
„Erbärmlich“ nennt Treiber, „das Bild, das das Krisenmanagement auf Bundes- und Landesebene biete. Denn durch den Inzidenzwert als alleinigen Maßstab werden ja aktuelle Hotspots wie Kindertagesstätten, Schulen oder ansteckungsträchtige unzulässige Familientreffen oder Partys in einen Topf geworfen mit fast ansteckungsfreien Bereichen wie unseren Betrieben, die so gegen die Wand gefahren werden.“ Die Innung freue sich deshalb auch, dass die Luca-App komme, und setze sich dafür ein, dass alle Innungsbetriebe die Kontaktverfolgung über diese App ermöglichen, sagt Innungsgeschäftsführer Christian Reher - und fordert „das Ende des Lockdowns für unsere Betriebe und den flächendeckenden Einsatz der Luca-App“. Das sei zu Beginn der Pandemie mal der ursprüngliche Ansatz der Kontaktverfolgung gewesen, erinnert Reher. „Gezielt die Bereiche zu schließen, von denen Ansteckungen ausgehen. Deswegen machen wir uns seit Monaten für den Einsatz der Luca-App stark.“ Diese App sei einer von vielen wichtigen Bausteinen, um die Corona-Pandemie zu bekämpfen. Sie erfülle auch die hohen Anforderungen des Datenschutzes „Damit öffnet sich ein schneller Weg der Kontaktverfolgung“, applaudiert Reher. „QR-Code scannen. Fertig. Unsere Mitgliedsbetriebe sind der ideale Ort, die Anwendung vom Start weg zu testen, denn unsere Werkstätten sind ja auch während des Lockdowns als systemrelevante Betriebe offen. Sonst wäre alles ja noch viel schlimmer.“