Zwischen Neckar und Alb
Gespräche mit Kunden nur im Service erlaubt

Wirtschaft Ver­tre­ter von Au­to­häu­sern im Kreis kön­nen vie­le Co­ro­na-Re­geln nicht verstehen. Ihr Ge­schäft geht zu­rück. Un­nö­ti­ger­wei­se, wie sie sa­gen. Von Johannes M. Fischer

Alarm bei den Au­to­häu­sern: Der Au­to­markt sei der­zeit kom­plett chao­tisch, hei­ßt es in ei­nem Be­richt der Kraft­fahr­zeugin­nung Stutt­gart. Die Ver­bit­te­rung ge­gen­über der Po­li­tik im All­ge­mei­nen ist groß. Die Re­de ist von ei­ner „Schrot­schuss-Po­li­tik“, die die Au­to­häu­ser „ge­gen die Wand“ fah­re. Im Kreis Ess­lin­gen ma­chen die Häu­ser in­des zwie­späl­ti­ge Er­fah­run­gen. Fried­rich Mai­er, Ge­schäfts­füh­rer der Russ Je­sin­ger Ver­triebs GmbH & Co. KG, spricht von ei­nem „he­te­ro­ge­nen Bild“. Er ver­treibt Au­tos, Rei­se­mo­bi­le, Trans­por­ter und Last­wa­gen in Ess­lin­gen, Fil­der­stadt, Det­tin­gen und Nür­tin­gen.

Bei Trans­por­tern und Last­wa­gen ge­be es kei­ne merk­li­chen Rück­gän­ge. Der Grund sei in den Co­ro­na­-Re­geln ver­bor­gen: Ein Ge­wer­be­trei­ben­der, der ei­nen neu­en Trans­por­ter braucht, ist nicht auf die La­den­öff­nung an­ge­wie­sen. Er weiß in der Re­gel, was er braucht, und kann sich te­le­fo­nisch oder on­line be­ra­ten las­sen. Der Ver­kauf von Per­so­nen­fahr­zeu­gen hin­ge­gen, so Mai­er, sei ein La­den­ge­schäft. Aber auch hier gibt es Un­ter­schie­de: Ein Smart et­wa ist stär­ker auf ei­nen Show­room an­ge­wie­sen als an­de­re Mo­del­le. Beim Ge­braucht­wa­gen­markt sei eben­falls ein Rück­gang zu ver­zeich­nen, aber im­mer­hin zie­he das On­line­ge­schäft an.

Au­to­häu­ser wer­den auch mit ei­nem der zahl­rei­chen Wi­der­sprü­che kon­fron­tiert, die die Co­ro­na-­Ver­ord­nun­gen mit sich brin­gen. „Au­to­häu­ser sind in der Re­gel gro­ße Ge­bäu­de“, be­schreibt Mai­er den Ar­beits­platz. „Da hat je­der Kun­de min­des­tens 40 Qua­drat­me­ter Platz.“ Wo auch ge­ar­bei­tet wird. An dem Schreib­tisch „Ser­vice“ sind Kun­den­ge­sprä­che er­laubt, am Schreib­tisch „Ver­kauf“ da­ge­gen nicht. Bei­de Schreib­ti­sche ste­hen ne­ben­ein­an­der. Mai­ers Fa­zit: „Es ist ein un­ver­ständ­li­ches Trau­er­spiel. Es trifft uns, aber es trifft uns nicht so hart.“

Wie groß der Ab­sturz ist, zei­gen die­se Zah­len: Im März 2019 war für die Au­to­häu­ser in der Re­gi­on Stutt­gart die Welt noch in Ord­nung. Mehr als 7000 Pkw-Neu­zu­las­sun­gen mel­de­te die Zu­las­sungs­stel­le da­mals al­lein im Kreis Ess­lin­gen für das ers­te Quar­tal. 2021 liegt die Zahl der Neu­zu­las­sun­gen im Kreis bis jetzt um fast 1200 nied­ri­ger. Der Ess­lin­ger Kreis­vor­sit­zen­de der Kfz-In­nung, Frank Schnier­le, ist si­cher: „Wenn die Po­li­tik uns lie­ße, könn­ten wir pri­ma Au­tos ver­kau­fen. Die Nach­fra­ge ist da.“ Ins­ge­samt ka­men im ers­ten Quar­tal 5966 Neu­zu­las­sun­gen zu­sam­men. 2020 wa­ren es 7153 ge­we­sen, da hat­te sich der Mi­ni-Lock­down kaum aus­ge­wirkt. Es wa­ren ge­gen­über den co­ro­n­af­rei­en Zei­ten 2019 mit rund 7140 Neu­zu­las­sun­gen so­gar ein paar neue Au­tos mehr.

Bei den Ge­braucht­wa­gen ha­ben sich die Zah­len der vergangenen zwei Jah­re im Früh­jahr un­ter Co­ro­na­-Be­din­gun­gen par­al­lel ent­wi­ckelt: 4469 Be­sit­zum­schrei­bun­gen mel­det die Zu­las­sungs­stel­le für März. Ins­ge­samt sind im ers­ten Quar­tal 2021 da­mit 10 655 Hal­ter­wech­sel zu­sam­men­ge­kom­men. 2020 war es ei­ner mehr.

„Er­bärm­lich“ nennt Trei­ber, „das Bild, das das Kri­sen­ma­nage­ment auf Bun­des- und Lan­des­ebe­ne bie­te. Denn durch den In­zi­denz­wert als al­lei­ni­gen Maß­stab wer­den ja ak­tu­el­le Hot­spots wie Kin­der­ta­ges­stät­ten, Schu­len oder an­ste­ckungs­träch­ti­ge un­zu­läs­si­ge Fa­mi­li­en­tref­fen oder Par­tys in ei­nen Topf ge­wor­fen mit fast an­ste­ckungs­frei­en Be­rei­chen wie un­se­ren Be­trie­ben, die so ge­gen die Wand ge­fah­ren wer­den.“ Die In­nung freue sich des­halb auch, dass die Lu­ca-App kom­me, und set­ze sich da­für ein, dass al­le In­nungs­be­trie­be die Kon­takt­ver­fol­gung über die­se App er­mög­li­chen, sagt In­nungs­ge­schäfts­füh­rer Chris­ti­an Re­her - und for­dert „das En­de des Lock­downs für un­se­re Be­trie­be und den flä­chen­de­cken­den Ein­satz der Lu­ca-App“. Das sei zu Be­ginn der Pan­de­mie mal der ur­sprüng­li­che An­satz der Kon­takt­ver­fol­gung ge­we­sen, er­in­nert Re­her. „Ge­zielt die Be­rei­che zu schlie­ßen, von de­nen An­ste­ckun­gen aus­ge­hen. Des­we­gen ma­chen wir uns seit Mo­na­ten für den Ein­satz der Lu­ca-App stark.“ Diese App sei ei­ner von vie­len wich­ti­gen Bau­stei­nen, um die Co­ro­na-Pan­de­mie zu be­kämp­fen. Sie er­fül­le auch die ho­hen An­for­de­run­gen des Da­ten­schut­zes „Da­mit öff­net sich ein schnel­ler Weg der Kon­takt­ver­fol­gung“, ap­plau­diert Re­her. „QR-Code scan­nen. Fer­tig. Un­se­re Mit­glieds­be­trie­be sind der idea­le Ort, die An­wen­dung vom Start weg zu tes­ten, denn un­se­re Werk­stät­ten sind ja auch wäh­rend des Lock­downs als sys­tem­re­le­van­te Be­trie­be of­fen. Sonst wä­re al­les ja noch viel schlim­mer.“