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Gestohlene Gedenktafel für NS-Opfer soll ersetzt werden

Schändung Die Gedenkstätte für die ermordeten ukrainischen Zwangsarbeiter in Wendlingen ist zerstört worden.

Der Gedenkstein ohne Tafel. Foto: Gaby Kiedaisch

Wendlingen. Vor Pfingsten haben Unbekannte in Wendlingen die erst vor kurzem errichtete Gedenktafel für die von den Nazis hingerichteten ukrainischen Zwangsarbeiter Wladymir Lirka und Trofin Balaban für die beiden ukrainischen Zwangsarbeiter gestohlen. Die Stadt Wendlingen und der Bürgerverein haben am Dienstag Anzeige erstattet und wollen die Tafel schnellstmöglich ersetzen.

Ob der Diebstahl auf das Konto von Metalldieben zurückgeht, die geglaubt haben, dass die Tafel wegen ihres rötlichen Erscheinungsbildes aus Kupfer bestünde (tatsächlich ist sie aus Bronze) – daran glaubt man im Bürgerverein nicht. Genauso wenig an einen „Dumme-Jungen-Streich“. „Damit kann eigentlich niemand etwas anfangen“, rätseln Manfred Klumb und Klaus Oswald, die beiden Vorsitzenden des Bürgervereins, über die Ursache. Außer jemand wolle die Tafel „als eine Art Trophäe in bestimmten Kreisen“ präsentieren. Ob der Hintergrund politisch motiviert ist, sei aber wie alle anderen Vermutungen spekulativ.

Gegen das Vergessen

Dabei geht es dem Bürgerverein und der Stadt Wendlingen nicht um den Wert der Tafel. „Der symbolische Schaden übersteigt die reine Sachbeschädigung bei Weitem“, ist der offiziellen Stellungnahme des Bürgervereins zu entnehmen. Was den oder die Unbekannten zu dieser Tat motiviert haben sollte, es geht darum, so der Bürgerverein und Bürgermeister Weigel, dass es Menschen gibt, die „jeden Respekt vor dem Schicksal anderer Menschen verloren haben und völlig enthemmt und gewalttätig verhindern wollen, dass wir uns aktiv an das Schicksal dieser Menschen erinnern.“

„Damit haben die Täter diese Menschen zum zweiten Mal zu Opfern gemacht und ihnen ihre Menschenwürde zum zweiten Mal genommen“, geht der Bürgerverein mit den Unbekannten ebenfalls hart ins Gericht, und weiter: „Dieser verabscheuungswürdige Akt reiht sich nahtlos in vergleichbare Verbrechen an Gedenkstätten in ganz Deutschland ein. Offenkundig werden sie von Menschen begangen, die zurück ins dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte wollen. Wer die Orte des Gedenkens an den NS-Terror angreift, der will die Schreckensherrschaft der Nazis verdrehen und verharmlosen und damit die Wahrheit töten.“

Trotz des Angriffs beabsichtigt der Bürgerverein, der neben der Stadt Wendlingen Mitinitiator der Gedenkstätte ist, sich nicht abhalten zu lassen, „die Demokratie zu schützen und ihren Feinden entgegenzutreten“. Stattdessen will er „diesen beschämenden Angriff gegen uns alle und unsere Werte zum Anlass nehmen, noch mehr als bisher für eine Kultur der Toleranz und Akzeptanz zu werben und zu arbeiten“. Klaus Oswald betont dazu: „Das motiviert uns eher noch.“  Eine neue Gedenktafel wurde bereits in Auftrag gegeben. 

Der Gedenkstein mit der Tafel war erst vor etwa vier Wochen enthüllt worden. Die Reaktionen aus der Bevölkerung auf das Projekt der Gedenkinitiative, unter dem Dach des Bürgervereins, waren laut Manfred Klumb „voll des Lobes“. „Endlich“, sei häufig die Aussage gewesen, dass auch dieser Teil der Vergangenheit beleuchtet werde. Im Gedenken an die im Jahre 1944 ermordeten Zwangsarbeiter Wladymir Lirka und Trofin Balaban war der Stein mit Tafel am 19. April angebracht worden. Auf den Tag genau 80 Jahre später, nachdem die beiden 18- und 21-jährigen Ukrainer an einem Baum im Wendlinger Wald, im „Rübholz“, aufgehängt wurden. Ohne Gerichtsverfahren. Sie waren von den Nationalsozialisten des Hühnerdiebstahls bezichtigt worden. „Diese Stätte der Erinnerung wurde durch das gewaltsame Entfernen der Gedenktafel schamlos und feige geschändet“, verurteilt der Bürgerverein den Diebstahl. Gaby Kiedaisch