Weilheim und Umgebung
Gewerbegebiet Rosenloh: So geht es nach dem Bürgerentscheid weiter

Reaktionen Nach dem Votum der Bürger für das neue Gewerbegebiet und die Ansiedlung von Cellcentric herrscht Aufbruchstimmung in Weilheim. Die Gegner hatten sich mehr Unterstützung erhofft. Von Bianca Lütz-Holoch

Die Freude angesichts des Votums beim Bürgerentscheid in Weilheim ist groß – zumindest bei denjenigen, die sich für das Gewerbegebiet Rosenloh und den Bau der Brennstoffzellenfabrik der Firma Cellcentric eingesetzt haben. Die Gegner des Projekts dagegen müssen erst einmal ihre Niederlage verdauen. „Wir hätten uns mehr erhofft“, sagt Rebecca Zabel, Sprecherin der Bürgerinitiative Rosenloh, die sich für den Schutz der Fläche eingesetzt hat. Ihre Mitstreiterin Bianka Schneider ergänzt: „Nach den vielen Anstrengungen und Stunden ehrenamtlicher Arbeit eines überschaubaren Kernteams unserer Initiative, aber auch vieler weiterer Helferinnen und Helfer, die komplett ehrenamtlich und mit kleinem Budget gegen eine Übermacht mit deutlich mehr Möglichkeiten agierten, sind wir natürlich enttäuscht.“ Dennoch sei die Initiative stolz auf das Erreichte. „Wir sind auch zu einer konstruktiven weiteren Zusammenarbeit bereit“, betont Rebecca Zabel.

 

Wir sind in Weilheim willkommen.
Kim Eisfeld
Die Cellcentric-Sprecherin freut sich über den eindeutigen Ausgang des Bürgerentscheids.

In seiner Rede am Wahlabend hatte Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle der Arbeit der Bürgerinitiative Respekt gezollt: „Sie dürfen sich bestärkt fühlen. Immerhin 1445 Menschen haben sich Ihrer Empfehlung angeschlossen“, sagte er und betonte: „Wir nehmen Ihre Kritik ernst und werden die Planungen mit großer Rücksicht auf Umwelt- und Naturschutz vornehmen.“ Zwei Dinge bewerten Gegner wie Befürworter allerdings gleichermaßen positiv: Die hohe Wahlbeteiligung von 60,7 Prozent und die Eindeutigkeit des Ergebnisses.

Aufbruchstimmung und große Dankbarkeit herrscht beim Naberner Brennstoffzellenhersteller Cellcentric: „Es ist deutlich geworden: Wir sind in Weilheim willkommen“, freut sich Unternehmenssprecherin Kim Eisfeld. Sie interpretiert das Ergebnis auch als klares „Ja“ zur Klimawende. „Jetzt ist es uns wichtig, Taten folgen zu lassen“, sagt sie und verspricht: „Wir wollen eine gute Nachbarschaft mit den Weilheimern.“

Fest steht für Professor Chris­tian Mohrdieck, Mitglied der Geschäftsführung von Cellcentric: „Die Arbeit ist nicht zu Ende.“ Im Gegenteil: Jetzt geht es erst richtig los – und der Zeitplan ist straff: „Idealerweise soll der Spatenstich in einem Jahr stattfinden“, so Mohrdieck. Das sei wichtig, um die Shareholder des Unternehmens, Daimler Truck und Volvo, pünktlich beliefern zu können. Diese wiederum haben ihre Pläne an den Vorgaben der Europäischen Union zur Reduzierung der Klimaschutzziele ausgerichtet. Mohrdieck rechnet mit einer rund zweijährigen Bauzeit für das „Klimawerk“. 2025 sollen die ers­ten Brennstoffzellen produziert werden. „2026 geht es dann mit den Stückzahlen nach oben“, erläutert er.

Weilheimer Unternehmen können planen

Mit Erleichterung hat die aus dem Weilheimer Gewerbeverein hervorgegangene Bürgerinitiative „Stark für Weilheim“ das eindeutige Votum zur Kenntnis genommen. „Die Entscheidung hat eine große Bedeutung für Weilheimer Unternehmen, damit sie weiter in die Zukunft planen können“, sagt Othmar Kuck, Vorsitzender des Gewerbevereins. Die Initiative wird ihre Arbeit nun voraussichtlich niederlegen. „Unser Ziel ist erreicht“, sagt Othmar Kuck: „Aber als Gewerbeverein machen wir uns weiter stark für Weilheim.“ Ein Wermutstropfen bleibt jedoch: „Jetzt geht es um die Verteilung der Flächen“, sagt er. „Für die 19 oder 20 Bewerber, die wir haben, reichen die zehn Hektar wahrscheinlich nicht ganz aus.“ So müsse der eine oder andere Interessent damit rechnen, leer auszugehen. „Es bleibt also spannend“, so Kuck.

Das gilt auch für das Thema Grunderwerb. Zwar ist das Votum der Bürger bindend und die Kommune muss sich zügig an die Umsetzung machen. Noch hat sie aber nicht alle notwendigen Flächen im Gebiet Rosenloh kaufen können. „Es ist also noch nicht alles in trockenen Tüchern“, gibt Johannes Züfle zu bedenken.

Optimistisch bei Grunderwerb

Dennoch zeigt man sich auf dem Rathaus optimistisch: „Die Stadt Weilheim steht seit eineinhalb Jahren in einem guten Dialog mit den Eigentümern. Die Gespräche finden in großer Transparenz und Offenheit statt“, teilt Pressesprecherin Stefanie Halmel mit. Zahlreiche Verträge seien bereits geschlossen. Nun, nach dem Votum der Bürger, gehe es voller Tatendrang weiter: „Wir werden die Gespräche in den kommenden Wochen fortführen und hoffentlich erfolgreich abschließen können.“

Ein positives Fazit zieht Andreas Schwarz, Vorsitzender der Grünen-Fraktion im Landtag. „Für unsere Region und ganz Baden-Württemberg ist das eine richtungsweisende Entscheidung“, kommentiert er das Votum der Weilheimer. Insbesondere habe sich die Methode der Zufallsbürger als wegweisende Beteiligungsform erwiesen. „Wir wollen diese auch bei künftigen Vorhaben zum Standard machen und somit die unterschiedlichen Interessen frühzeitig einbeziehen“, so Schwarz.

 

Per Turbo zur Brennstoffzelle: der Zeitplan für das Gewerbegebiet

2022: Nach dem Bürgerentscheid steht die Änderung des Flächennutzungsplans und die Aufstellung eines Bebauungsplans mit Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange an. Als erster Schritt wird dem Gemeinderat im Mai der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan zur Beschlussfassung vorgelegt. Parallel dazu erfolgen die Planungen für konkrete Ausgleichsmaßnahmen und die technischen Planungen zu Straße, Wasserversorgung und Kanal.

2023: Die Bereitstellung der Bauplätze im neuen Gewerbegebiet beginnt. Allerdings werden nicht alle Flächen gleichzeitig baureif sein. Cellcentric plant den Spatenstich für die Brennstoffzellenfabrik für das Frühjahr. Die Bauzeit beträgt rund zwei Jahre.

2025: Die ersten Brennstoffzellen werden produziert.

2026: In Weilheim werden Brennstoffzellen in hoher Stückzahl gefertigt.

 

 

Lesen Sie dazu auch unser Interview mit Thomas Kiwitt vom Verband Region Stuttgart