Wer in Schopfloch in den Hofladen von Stefan Lipka und Martin Wünsche kommt, dem steigen sofort die angenehmen Gerüche in die Nase. Es duftet nach dem frischen Aroma von Zitrusfrüchten, aber auch nach Wacholder, Salbei, Anis, Koriander und vielen anderen Kräutern aus aller Welt. Doch der Handel mit Gewürzen und Kräutern, mit denen die Wünsche Manufaktur vor allem Kleinbrennereien im In- und Ausland beliefert, die sich auf die Herstellung von Gin spezialisiert haben, ist nicht das einzige Standbein.
Wie die hochglanzpolierten Kupferkessel im Verkaufsraum der ehemaligen Musikscheune des Schopflocher Scheunensommers vermuten lassen, brennen Stefan Lipka und Martin Wünsche seit vergangenem Jahr eigenen Gin und Absinth. Zudem produzieren sie verschiedene Liköre und Bitter. Dafür verwenden sie insgesamt zwölf selbst hergestellte Grundmischungen aus Kräutern und Gewürzen, die sie auch verkaufen und nach den jeweiligen Wünschen ihrer Kunden individuell weiterentwickeln.
„Viele Kunden haben mit unseren Mischungen internationale Preise gewonnen. Da haben wir uns gesagt, das können wir auch“, erzählt Martin Wünsche, wie die Idee für die eigene Brennerei entstanden ist. Die edlen Spirituosen, die seit rund einem Jahr in Schopfloch aus der Brennblase laufen, überzeugten kürzlich auch die Jury der Destillata in Österreich und die des Meininger International Spirits Awards ISW. „Da haben wir in diesem Jahr auf Anhieb sieben Preise gewonnen“, freuen sich Wünsche und Lipka über den Erfolg.
Der Summer London Dry Gin wurde in Österreich im Bereich Gin mit Tonic sogar Kategorie-Sieger des Jahres 2023. Der Alb-Geist London Dry Gin erhielt bei beiden Wettbewerben eine Auszeichnung. Beim ISW heimste er eine Goldmedaille ein, bei der Destillata wurde er prämiert. Der Bike London Dry Gin darf sich mit einer ISW Silbermedaille schmücken, ebenfalls der Absinth namens Grüne Fee. Eine weitere Auszeichnung gab es bei der Destillata für den Tettnanger Hopfenbitter der Wünsche Manufaktur.
Gefragt, ob sie für ihren eigenen Gin und Absinth dieselben Kräuter- und Gewürzmischungen verwenden, mit denen sie auch ihre Kunden beliefern, ahnen Stefan Lipka und Martin Wünsche sofort den Hintergrund der Frage. „Die Produkte schmecken je nach Brennerei anders“, sagen sie schmunzelnd. Der Geschmack der edlen Spirituosen hänge beispielsweise vom Alkoholgehalt und der Länge des Brennvorgangs ab. „Von daher kann es nicht passieren, dass wir durch die gleichen Mischungen Konkurrenz bekommen“, sagt Wünsche.
Die Rezepte für ihre Produkte halten die beiden allerdings streng geheim, auch das des prämierten Absinths Grüne Fee. Obwohl der legendäre Kräuterschnaps aus Anis und Wermut über viele Jahrzehnte hinweg einen schlechten Ruf hatte und zeitweise sogar verboten war, hauchten Wünsche und Lipka der Grünen Fee im vergangenen Jahr neues Leben ein. Ihre intensive Farbe erhält die Grüne Fee übrigens durch die Minze, die beim Brennen in Schopfloch beigemischt wird. „Wir verwenden dafür niemals künstliche Farbstoffe“, sagt Wünsche. Zum Genießen wird die Grüne Fee, die einen stolzen Alkoholgehalt von 78 Prozent aufweist, immer mit eiskaltem Wasser verdünnt, das in Frankreich über ein Stück Würfelzucker geträufelt wird. Nur so kann der Absinth seinen vollen Geschmack entfalten.
Dagegen wird der Gin unverdünnt genossen oder als Longdrink mit Tonic Water. Wer beim Hauptbestandteil Wacholderbeere sofort an die Wacholderheiden der Schwäbischen Alb denkt, liegt allerdings falsch. „Die Beeren von der Schwäbischen Alb sind zu klein und haben zu wenig Fruchtfleisch“, erläutern Wünsche und Lipka. Deshalb sei der Alb-Wacholder zu scharf für einen Gin und eigne sich besser fürs Sauerkraut. Stattdessen verwenden die beiden Experten lieber Wacholder aus der Toskana, aber auch aus Bosnien oder Mazedonien. „Bei den größeren Beeren ist der Anteil der Schalen wesentlich geringer“, sagen sie.