Ein bisschen wacklig ist es schon in den großen Stahlkappenüberziehern – aber das stört niemanden. Die Mädchen balancieren neugierig durch die Werkhalle, treten sich hier und da auf die Füße, lachen, schauen, fragen. Vierzehn sind es dieses Jahr, zwischen elf und sechzehn Jahren alt. Heute dürfen sie einen Tag lang ganz nah ran: an Maschinen, Azubis und Aluminiumreste, aus denen sie am Ende sogar ihren eigenen Stiftehalter basteln.
Der Girls’ Day ist Teil einer bundesweiten Initiative zur Berufs- und Studienorientierung für Schülerinnen ab der fünften Klasse. Ziel ist es, Mädchen frühzeitig für Berufsfelder zu begeistern, in denen Frauen bisher unterrepräsentiert sind – vor allem in den Bereichen Technik, IT, Handwerk und Naturwissenschaft.
Wenn man selber mitmacht, versteht man, was dahintersteckt.
Jana Zuber, Personalreferentin
Zeitgleich findet auch der Boys’ Day statt, bei dem Jungen Einblicke in soziale, pädagogische oder pflegerische Berufe bekommen. Gemeinsam holen die Aktionstage junge Menschen raus aus alten Schubladen – und helfen dabei, eigene Vorstellungen zu entwickeln anstatt übernommene Rollen zu erfüllen. Beim Girls’ Day beteiligten sich dieses Jahr bundesweit fast 15.000 Unternehmen, Hochschulen und Institutionen und stellten rund 130.000 Plätze bereit – darunter auch Festool, wo Technik nicht erklärt, sondern erlebbar wird: durch eigenes Tun, ausführliche Gespräche mit Azubis und handfeste Erfahrungen.
Die Teilnahme gilt als schulische Veranstaltung, ist aber freiwillig. Gerade deshalb ist die Motivation meist hoch. Wer sich anmeldet, will wirklich wissen, wie es in einer Schreinerei, einem Maschinenbauunternehmen oder einem IT-Labor aussieht.

Mädchen bauen Stiftehalter aus Restmaterialien
Der Einstieg in den Tag ist spielerisch, das Tempo steigt schnell: Nach einer kurzen Kennenlernrunde geht es an die Werkbänke. Unter Anleitung von Festool-Auszubildenden bauen die Mädchen ihren eigenen Stiftehalter – aus Produktionsmaterialien wie Aluminiumprofilen, Kunststoffteilen und Schrauben. Die Stimmung ist konzentriert, aber gelöst. Neugierig, selbstbewusst, präzise arbeiten sich die Teilnehmerinnen durch jede Station. Alles stammt aus Restbeständen – übrig gebliebene Teile aus der Produktion, extra für den Girls’ Day zusammengesucht und neu gedacht. „Beim Herfahren dachte ich noch, oh man, vielleicht wird’s wie Schule – aber hier dürfen wir alles selbst machen. Das ist so viel cooler“, erzählt eine Fünftklässlerin und grinst, während sie ihre Bodenplatte mit dem eingravierten Namen begutachtet.
Eltern lenken Berufswahl
Der Initiator des Aktionstages, der Verein Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit, weist regelmäßig darauf hin, wie stark die Berufswahl von Jugendlichen durch ihr Umfeld geprägt wird – allen voran durch ihre eigenen Eltern. In einer bundesweiten Befragung des Vereins aus dem Jahr 2024 zeigte sich: 60 Prozent der Eltern halten technische Berufe eher geeignet für Jungen, nur 30 Prozent trauen sie gleichermaßen auch ihren Töchtern zu. Ein Drittel der Eltern hält gute Noten von Töchtern in naturwissenschaftlichen Fächern für weniger aussagekräftig und vermuten Fleiß statt Talent. Damit lenken Eltern, oft ganz unbewusst, den Blick ihrer Kinder auf bestimmte Richtungen und blenden andere aus. Der Girls’ Day setzt genau hier an, indem er Erlebnisse und Eindrücke jenseits von Rollenklischees schafft.

Bei Festool ist man von der Idee überzeugt – und schon seit vielen Jahren dabei. „Wir möchten ihnen zeigen, dass Technik greifbar ist – und dass sie hier genauso hingehören wie jeder andere auch“, sagt Jana Zuber, die den Tag bei Festool mitorganisiert. Genau darum gehe es: Berührungsängste abbauen, Selbstvertrauen stärken, Möglichkeiten aufzeigen – und gemeinsam erleben, dass Technik keine Frage des Geschlechts ist, sondern der Begeisterung. „Oft ist es ja so, dass man sich unter einem Beruf erstmal gar nichts vorstellen kann“, erklärt Zuber weiter. „Wenn man aber selbst mal etwas ausprobiert, versteht man plötzlich, was dahintersteckt.“ Technik als Spielfeld für Ideen – und der Girls’ Day als Einladung, es einfach auszuprobieren.
Weitere Informationen zum bundesweiten Girls’ und Boys’ Day gibt es auf www.girls-day.de und www.boys-day.de.