Nach einigen Szenen ging es einfach nicht mehr. „Mitten auf der Bühne war ein richtiger See. Wir mussten die Hauptprobe eins des Glöckners von Notre Dame am Sonntag abbrechen“, sagt Kerstin Schürmann, die künstlerische Leiterin des Naturtheaters Grötzingen. Svenja Hasenberg, Vorstandsmitglied und für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, ergänzt: „Das ist in den vergangenen 25 Jahren noch nicht vorgekommen.“
Die Proben waren feucht und es war Improvisation gefragt. Davon kann auch Katharina Mayrhofer, die Regisseurin des Kinderstücks „Emil und die Detektive“, ein Lied singen. Sie wohnt in München. Die Anreise gestaltete sich während der Probezeit oft sehr beschwerlich: „Erst war Schneechaos, dann Bahnstreik und jetzt das Hochwasser“, sagt Mayrhofer, die zum Pressegespräch per Video zugeschaltet wird. Auch die Hauptprobe am Abend des Pressegesprächs wird sie nur digital verfolgen können.
Freude trotz Regen
Doch auch wenn der Regen am Sonntag nur so heruntergeprasselt ist, scheint die Spielfreude grenzenlos zu sein, wie ein Video zeigt. „Die Energie war Wahnsinn“, sagt Marco Beck, Regisseur beim „Glöckner von Notre Dame“. Während des Gesprächs springt immer wieder eine Säge an. An den Kulissen wird fleißig gearbeitet. Einiges muss noch bemalt werden. „Der Regen hat uns da einen Strich durch die Rechnung gemacht“, sagt Schürmann. Doch nervös werden die Verantwortlichen nicht: „Auf der Zielgeraden wird alles fertig sein“, sagt Hasenberg. Es sei ein Riesenaufwand, das alles ehrenamtlich aufrechtzuerhalten, ergänzt Schürmann. Was die Zuschauer eher nicht sehen: Auch hinter den Kulissen ist seit November einiges passiert. „Das Bühnenbild wird generalüberholt“, sagt die Pressesprecherin. Dort, wo vorher ein Holzgerüst stand, steht nun ein Gerüst aus Metall.
Gezeigt wird dieses Jahr „Der Glöckner von Notre Dame“ und Erich Kästners Klassiker „Emil und die Detektive“. Ersteres feiert am Samstag, 8. Juni, um 20.30 Uhr Premiere. „Es ist nicht die Disney-Variante, sondern sehr nah am Roman Victor Hugos orientiert“, sagt Hasenberg. Esmeralda sei die zentrale Figur und es sei ein Stück für Erwachsene. „Es gibt relativ brutale Szenen, die aber nicht in letzter Konsequenz ausgeführt werden“, erklärt Regisseur Beck. Es sei eine Version, die zum „Mitfühlen“ anregt. Das Stück habe aber auch einen hohen Unterhaltungswert. Nach dem „Sommernachts-traum“ und „Sherlock Holmes“ sei es ein Experiment. Perfekt dazu passe die eigens dafür komponierte Musik von Magnus Reichel. „Er hat eine Theatersinfonie geschrieben, das macht eine ganz neue Ebene auf“, sagt Hasenberg.
Eigener Themensong
Im Stück „Emil und die Detektive“ (Premiere: 9. Juni, 15 Uhr) spielen einige Kinder als Live-Band sogar einen eigenen Themen-Song, für den ebenfalls Reichel verantwortlich ist. „Es ist ein Stück für Kinder von Kindern“, sagt Regisseurin Mayrhofer. Nur wenige Erwachsene spielten mit. „Die Kinder spielen die tragende Rolle“, sagt die Regisseurin. Der 14-jährige Emil-Darsteller (Emil Rilli) sei bis auf drei Verschnaufpausen durchgehend auf der Bühne präsent. Es sei ein „positives, hoffnungsvolles Stück“. Die Botschaft laute: „Werdet aktiv, steht für euch ein.“ Mayrhofer ist ganz begeistert von den jungen Schauspielerinnen und Schauspielern: „Sie wissen genau, was sie tun.“
Nachwuchsprobleme plagen das Naturtheater Grötzingen ohnehin nicht. Für Hasenberg ist das Gelände in Grötzingen fast ein „magischer Ort“: Auch außerhalb der Spielzeit bestehe die Gemeinschaft fort. Ihre Kinder spielen in den aktuellen Stücken mit. Handlungsbedarf hat der Verein vielmehr bei den älteren Semestern: „Von 30 bis 80 ist jeder und jede hochwillkommen“, sagt die künstlerische Leiterin. Der Vorverkauf gerade beim Kinderstück laufe sehr gut, auch beim „Glöckner“ gebe es einige Reservierungen. Da werde aber immer häufiger der Besuch spontan geplant.
Schwäbische und französische Nacht
Am Samstag, 15. Juni, wird es wieder eine „Schwäbische Nacht“ mit 30 Prozent Rabatt auf alles geben. Am 27. Juli steht eine „französische Nacht“ auf dem Programm. Die einzige Abendvorstellung des Kinderstücks „Emil und die Detektive“ findet am 2. August statt. Ziel ist es, an den Erfolg des vergangenen Jahres anzuknüpfen. Mehr als 25.000 Gäste sind damals gekommen. „Das war ein Rekord“, sagt Schürmann. Rund 70 Spieler umfassen beide Ensembles.
Die Freilichtsaison dauert vom 8. Juni bis 18. August. Insgesamt gibt es 14 Vorstellungen „Der Glöckner von Notre Dame“ und 17-mal „Emil und die Detektive“. Weitere Informationen dazu gibt es unter www.naturtheater-groetzingen.de.

