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Glasfaserausbau wird zum Zankapfel

Die Firma Stiegeler mit Sitz im Schwarzwald, die 2022 den Bau eines Glasfasernetzes in Lenningen vermarkten wollte, wirft Verwaltung und Gemeinderat mangelnde Unterstützung vor.  

Das Thema Glasfaserausbau sorgt in Lenningen für Diskussionsstoff. Foto: Markus Brändli

Das Thema Glasfaserausbau treibt Lenningens Bürgermeister Michael Schlecht Sorgenfalten auf die Stirn. Nicht nur, dass der Ausbau in Lenningen durch die Deutsche Glasfaser ins Stocken geraten ist (wir berichteten). Nun hat sich noch die Firma Stiegeler mit einer Pressemitteilung an den Teckboten gewandt, in der sie der Lenninger Verwaltung und den Gemeinderäten mangelnde Unterstützung bei der Nachfragebündelung zum Glasfaserausbau vorwirft.

Auf Nachfrage des Teckboten erläuterte das Unternehmen mit Hauptsitz in Schönau im Schwarzwald, dass die Gemeinde kein Interesse gezeigt habe. „Im Gemeinderat wurde es abgelehnt, uns einen Raum für die Infoveranstaltung zur Verfügung zu stellen – obwohl wir aktiv das Gespräch gesucht haben. Wir hatten das Gefühl, dass ,ein Großer‘ gewünscht war.“

Wie in der Pressemitteilung zu lesen ist, versorgt die Firma Stiegeler seit 2021 rund 500 Kundinnen und Kunden in Lenningen mit Internet und Telefon. Das Unternehmen habe auch den Betrieb des kupferbasierten DSL-Netzes, das der Gemeinde gehört, übernommen. Ungefähr ein Jahr später, im Herbst 2022, habe die Firma Stiegeler den nächsten Schritt gehen und den Bau eines Glasfasernetzes in Lenningen vermarkten wollen. „Die Planung der Vorvermarktung stand damals bereits. Wir hatten das Ausbaugebiet festgelegt und die Finanzierung dieses Millionenprojekts war gesichert“, wird Geschäftsführer Felix Stiegeler zitiert. Insgesamt rund 1.700 Objekte in Lenningen hätten die Chance auf einen Glasfaser-Hausanschluss gehabt. „Allerdings scheiterte die Nachfragebündelung in Lenningen an mangelnder Unterstützung aus der Politik.“ Das fertige Informationsschreiben an alle Haushalte im Ausbaugebiet sei nie verschickt worden.

Einseitiger Blick

Gegenüber Stiegeler sei die Zurückhaltung mit dem geplanten Verkauf und der baldigen Ausschreibung des Netzes begründet worden. Zudem habe Liberty Networks Germany damals mit seiner Marke Hello Fiber Interesse am Glasfaserausbau in Lenningen gezeigt. Im Januar 2023 habe dieser Anbieter jedoch Insolvenz angemeldet. „Allerdings kam die Gemeinde nicht mehr auf uns zu, um das Thema Glasfaserausbau durch Stiegeler noch einmal zu besprechen“, erklärt Felix Stiegeler. Daher versorge Stiegeler bis heute in Lenningen nur über kupferbasierte DSL-Leitungen – dank des Einbaus der VSDL-Technologie Ende 2023 je nach Adresse mit bis zu 250 MBit/s. „Wäre die Vorvermarktung im Jahr 2022 erfolgreich verlaufen, könnten mittlerweile wohl die ersten Lenninger Haushalte mit Internet über Glasfaser von Stiegeler versorgt werden.“

„Es ist nicht einfach, die Contenance zu bewahren“, konstatiert Bürgermeister Schlecht angesichts der Vorwürfe durch die Firma Stiegeler. Die Pressemitteilung werfe einen einseitigen Blick auf die Geschehnisse. Außerdem sei man bisher der Ansicht gewesen, mit der Firma Stiegeler gut zusammenzuarbeiten, „was sich auch in der finanziellen Unterstützung der Backbone-Verfügbarkeit von Stiegeler durch die Gemeinde widerspiegelt“.

Für die Gemeinde sei es dem Grunde nach unerheblich, „ob ein ,Großer‘ oder ,ein Kleiner‘ den Glasfaserausbau voranbringt“. Das ergebe sich auch aus dem (nicht erfolgreichen) Bestreben des Verkaufs der gemeindeeigenen Bestandsinfrastruktur unter Vereinbarung einer Verpflichtung zur Einrichtung einer Versorgung direkt zu den Häusern in der gesamten Gemeinde. Die Firma Stiegeler habe an dieser Ausschreibung teilgenommen, das gemachte Angebot dann aber in einem Bietergespräch nicht weiter aufrechterhalten. „Wir standen also wieder ohne Aussicht auf einen Glasfaserausbau da.“

Zur Neutralität gezwungen

Die Anfrage zur Überlassung von gemeindeeigenen Räumlichkeiten der Firma Stiegeler, die im Zeitraum des laufenden Ausschreibungsverfahrens einging, „wurde auf Empfehlung unseres Rechtsbeistandes tatsächlich negativ beschieden“, informiert Schlecht. Der Grund sei gewesen, dass die Gemeinde vor dem Hintergrund des laufenden Ausschreibungsverfahrens die erforderliche Neutralität zwingend zu wahren hatte und daher keinem der potenziellen Ausschreibungsteilnehmer Räumlichkeiten überlassen konnte.

Mit Liberty Networks Germany habe es außer einem Erstgespräch keine Verhandlungen über einen Glasfaserausbau gegeben. „Zum einen waren wir bereits im Verfahren zum Verkauf der Bestandsinfrastruktur. Zum anderen erschien uns die im Erstgespräch aufgezeigte Vorgehensweise dieser Firma nicht geeignet, in Lenningen einen Glasfaserausbau zu realisieren.“ Von deren Seite habe es seines Wissens nach auch keine Vorvermarktungsaktivität in Lenningen gegeben.