Lenninger Tal
Gospel und Soul lassen die Kirche beben

Konzert Sängerin Jane Walters begeisterte bei ihrem Konzert in der Lenninger Mariä Himmelfahrt-Kirche ihr Publikum von der ersten Sekunde an. Von Daniela Haußmann

Jubelrufe und tosender Applaus durchziehen das Lenninger Gotteshaus. Rund 150 Zuhörer erleben Überraschungsmomente und Gänsehaut bei zeitgenössisch arrangierter Gospelmusik im Stil von Blues, Latin, Soul, Groove und Jazz.

Schon beim ersten Stück „Elijah Rock“ deutet sich an, dass dieser Abend etwas ganz Besonderes wird. Sängerin Jane Walters kraftvolle, facettenreiche Stimme berührt mit ihrem unverwechselbaren Timbre im Nu. Melodien, die sofort ins Ohr gehen, Texte, die das Herz berühren und Musiker, die Begeisterung versprühen - die katholische Gemeinde startet mit einem Spitzenkonzert schwungvoll ins neue Kirchenjahr.

Doch Gospel und Spirituals sind mehr als nur Show. Mit dieser Musikrichtung wird nicht nur der Glaube an die Erlösung, sondern zugleich Lebensfreude ausgedrückt. Die Kraft freudiger, gefühlsbetonter Spirituals, die sich im Laufe des 19. Jahrhunderts als geistliches Liedgut in den afroamerikanischen Gemeinden Nordamerikas herausbildeten, verbindet sich in der Mariä Himmelfahrt-Kirche mit der Energie und dem Drive des Jazz. Die um 1900 in den Südstaaten der USA entstandene Musikrichtung ist das Produkt einer Mischung von afrikanischen und europäischen Stilen - ein Crossover, das in der katholischen Kirche mit prickelnder Rhythmik und einfühlsamer Instrumentierung Musikliebhaber aller Generationen begeistert.

Musikalische Leckerbissen wie „You’ve got a friend“ oder „I smile“ sorgen in der Lenninger Silcher- straße für wippende Füße, klatschende Hände und ein Publikum, das sich im Takt wiegt. Mit „Let’s praise the Lord“, schlagen Stephen Blaich am Piano, Marion Wetzel am Drumset, Gwenaelle Chalm am Cello und Bassist Karl-Heinz Wallner mit Einflüssen von Reggae und Latin überraschend exotische Töne an. Clevere Arrangements, kombiniert mit Strophen, die von ganz alltäglichen Sorgen, Nöten, Ängsten aber auch Hoffnungen erzählen, machen die Botschaft von Jesus Christus mit viel Gefühl und jeder Menge Rhythmus hautnah erlebbar. Bei einem so stimmungsvollen und abwechslungsreichen Konzertabend darf deshalb eine gehörige Portion Soul nicht fehlen.

Die afroamerikanische Unterhaltungsmusik, die in den Fünfzigerjahren aus Rhythm’n’Blues und Gospel hervorging, entwickelte sich im Verlauf des folgenden Jahrzehnts zum Synonym für schwarze Popmusik. Die Geschichte dieser Stilrichtung ist eng mit dem Kampf der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung gegen Rassentrennung und für Gleichberechtigung verbunden. Nicht zuletzt deshalb ist ein wesentliches Stilelement des Soul, sich aus vollem Herzen und mit ganzer Seele der Musik, den Vibes und der Botschaft hinzugeben. Verbunden mit den Wurzeln des Gospel, der laut Janes Walters seinen Ursprung in den Worksongs findet, sind die Stücke nah am Menschen. Sie wurden von den Afroamerikanern auf den Baumwollfeldern gesungen.

„Diese Arbeitslieder tragen Schmerz, aber auch Freude in sich. Vor diesem Hintergrund lassen sie sich mit dem Leid von Jesus verknüpfen“, erklärt die Sängerin. „So spendet die Musik in schwierigen Situationen Trost und führt Menschen zusammen, die sich damit in ihrem Schmerz nicht alleine fühlen.“ Eine Botschaft, die in Soulstücken wie „Sing praises to thee“, mit lebensfroher Leichtigkeit und hoffnungsvoller Melancholie das Lenninger Publikum in den Bann zieht: „Toll finde ich vor allem, dass die Künstler im Konzertverlauf immer wieder die Besucher einbinden und zum Mitsingen auffordern“, sagt Konzertbesucher Adriano Russo. Ähnlich sieht es Oliver Rückschloss. Unterschiedliche Stilrichtungen, vielfältige Rhythmen und erfrischende Interpretationen klassischer Sakralstücke machen die von der katholischen Kirchengemeinde organisierte Veranstaltung für ihn zu einem Erlebnis. Für viele Besucher hat das vielschichtige Konzert gezeigt, dass Gospel längst auf vielen Kontinenten und in einem breiten Genrespektrum zu Hause ist. Der Erlös des Abends fließt in die Sanierung der Mariä Himmelfahrt-Kirche.

Info Die Mariä Himmelfahrt-Kirche in Lenningen muss saniert werden. Rund 50 000 Euro sind dafür laut Josef Führinger, stellvertretender Vorsitzender des Fundraising-Teams, notwendig. Die Kirchengemeinde freut sich über jede Spende auf folgendes Konto: Kath. Kirchengem. St. Mariae, IBAN: DE75611500200048315843.