Zwischen Neckar und Alb
Größter Brand seit 15 Jahren

Unglück Ein Feuer hat den Wendlinger Lidl-Markt komplett zerstört. Zwei Personen erlitten eine Rauchvergiftung. Die Brandursache ist noch unklar. Von Thomas Zapp

Über Witze zu seinem Nachnamen kann Michael Gau nur milde lächeln. Für den Kommandanten der Wendlinger Feuerwehr zählt am Freitagmorgen vor allem eins: Den „größten anzunehmenden Unfall“ zu verhindern. Und das ist ihm in der Nacht zuvor mit sage und schreibe 117 Feuerwehrmännern und -frauen in 28 Einsatzfahrzeugen beim Großbrand eines Lidl-Marktes an der Tal­äcker Straße in Wendlingen gelungen. „So etwas habe ich in 15 Jahren hier noch nicht erlebt, das war seit Langem der größte Brand in Wendlingen“, sagt Michael Gau am nächs­ten Morgen auf dem Lidl-Parkplatz bei, in diesem Falle willkommenem, Nieselregen.

Um 21.48 Uhr war die Feuerwehr alarmiert worden, kurz danach erreichten sie den Lidl-Standort und erkannten das Ausmaß: Das Lager stand in Vollbrand. „Uns war schnell klar, dass der Markt nicht zu halten ist“, sagt Michael Gau. Der Discounter hatte bereits geschlossen, aber vier Verkäuferinnen hielten sich noch im Markt auf, als das Feuer ausbrach. Zwei von ihnen mussten mit Rauchvergiftungen behandelt werden. „Eine wurde ambulant vor Ort behandelt, eine wurde vorsorglich in ein Krankenhaus gebracht“, sagt Christian Wörner von der Polizei Reutlingen.

Als klar war, in welche Richtung das Feuer drängte, nämlich weg vom Seniorenzentrum an der Auffahrt zum Parkplatz in Richtung der benachbarten Wohnhäuser an der Taläckerstraße und am Äcklersweg, konzentrierten sich die Feuerwehrleute vor allem darauf, ein Überspringen der Flammen zu verhindern. Die Anwohner wurden sofort zu Beginn der Löscharbeiten informiert, Fenster und Türen geschlossen zu halten.

Vom Parkplatz reicht der Blick am Morgen nach der Brandnacht über den verkohlten Supermarkt und macht deutlich, das weitaus Schlimmeres hätte passieren können. Die Holz-Spielhäuser und Spielgeräte befinden sich knapp vier Meter vom Marktgelände entfernt im Garten einiger Anwohner. Auch ein Partyzelt habe sich dort befunden, sagt Michael Gau. Für die Flammen wäre es ein gefundenes Fressen gewesen, aber die Häuser und Gartenaufbauten sind unversehrt geblieben.

Das ist eine „Wasserwand“, welche die Feuerwehrleute „in Riegelstellung“ mit ihren Strahlrohren aufgebaut haben. Das war so erfolgreich, dass sie darauf verzichten konnten, die Hauswände mit Wasser zu kühlen. Die Rauchentwicklung war hingegen extrem. Bis zum Krankenhaus am Säer in Nürtingen sei verstärkt Kohlendioxid in der Luft gemessen worden. Allerdings nicht in gesundheitsschädlichem Ausmaß, sagt Michael Gau.

Relative Ruhe herrscht mittlerweile auf dem Platz vor dem Marktgebäude, von dem das charakteristische Spitzdach mit dem gelb-blauen Logo verschwunden ist und nur noch die Mauern stehen. Dachverkleidungen, Isoliermaterial, Holzreste, Reste von Löschschaum und viel verbogener Stahl dominieren das Bild. Wild über den Platz verstreute, verkohlte Kleinteile zeugen von den dramatischen Stunden in der Nacht zuvor. Der Schaden dürfte in die Millionen gehen.

Zur Brandursache gibt es von der Polizeibehörde bislang noch keine Angaben. Ausgebrochen sei der Brand vermutlich im Lager, sagt Einsatzleiter Michael Gau. Dem Vernehmen nach hätten sich dort auch Elektrogeräte befunden. Ob dort auch die Ursache des Brandes zu suchen ist, steht aber noch nicht fest.

Auch einige Vertreter der Immobilienabteilung des Lidl-Konzerns sind zum Ort des Unglücks gekommen. Äußern dürfen sie sich nicht, verweisen auf die Presseabteilung des Unternehmens. Aber angesichts der völlig zerstörten Fassade und der Schrottansammlung im Inneren ist das Ergebnis offensichtlich: Außer Aufräumen gibt es nicht mehr viel zu tun. „Vier Mann bleiben als Brandwache vor Ort“, sagt Michael Gau. Für ihn ist nach einer schlaflosen Nacht der Tag am Nachmittag zu Ende gegangen - mit dem guten Gefühl, eine Katastrophe verhindert zu haben.