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Grinio-Ensemble lässt es im Finale krachen

Symbiose Die Köngener Musiker haben im Unterboihinger Schloss eine neue Konzertreihe eröffnet. Dabei ließen sie Musik und bildende Kunst zu einer gelungenen Einheit verschmelzen. Von Rainer Kellmayer

Beim Auftakt zu einer neuen Konzertreihe im Unterboihinger Schloss fanden Musik und bildende Kunst zu einer gelungenen Symbiose. Unter dem Motto „The castle calls – Kammermusik mit dem Grinio-Ensemble trifft junge Kunst“ spannten die in Köngen beheimateten Musiker im Bandhaus des Schlosses einen Bogen zündender Töne vom Frühbarock bis zu Walzerklängen von Johann Strauß.

Nach dem Konzert stellte die Künstlerin Rebecca Tessin von Neuburg, eine Tochter des Schlossherrn Hansjörg Thumb von Neuburg, in der Bibliothek eine zeitgenössische Plastik aus, die aktuelle Bezüge zum Kriegsgeschehen in Osteuropa herstellte: Das aus Ton geformte Exponat „Eva“ ist nicht gebrannt und damit dem allmählichen Verfall preisgegeben. „Als ich die Plastik schuf, ging die Melodie ,Der Schwan‘ in meinem Kopf herum“, sagte die Künstlerin. Diese von Joachim Hess, dem Cellisten des Grinio-Ensembles, gespielte Melodie aus Camille Saint-Saëns‘ „Karneval der Tiere“ sorgte in der sparsam beleuchteten Bibliothek für eine besondere Atmosphäre: Musik und Kunst verwuchsen zur Einheit.

Optimistischere Klänge hatten zuvor den Festsaal im Bandhaus erfüllt. „Wir möchten im historischen Ambiente des Schlosses eine Konzertreihe etablieren, die Kammermusik in seltenen Besetzungen bietet“, sagte die Geigerin Eve-Marie Ulbrich, die zusammen mit ihrem Mann Joachim die Köngener Grinio-Akademie leitet. Der Start wurde durch ein Kulturstipendium der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten ermöglicht.

Zum Konzertauftakt gab es einen turbulenten „Ballo“ des frühbarocken italienischen Komponisten, Organisten und späteren Mönchs Adriano Banchieri: Man hörte Unterhaltungsmusik im besten Sinne. Die beiden Geigen entwickelten kurzweilige Dialoge, virtuose Eskapaden bestimmten die Szene und Klänge voller Esprit brachen sich Bahn. Hier waren Joachim und Eve-Marie Ulbrich ganz in ihrem Element: Die Geigen wetteiferten im konzertanten Wechselspiel, und auch in Antonio Vivaldis „Konzert d-Moll“ verwoben sich die Melodiestränge in spritziger Virtuosität. Getragen wurde das Ganze von den sonoren Tönen aus Joachim Hess‘ Violoncello und einem von Gina Poli am Digitalpiano souverän geflochtenen Akkordgerüst.

Sachkundig führte Joachim Ulbrich die Musikstücke ein, und der Schlossherr Hansjörg Thumb von Neuburg stellte die Kompositionen in den historischen Kontext ihrer Entstehungszeit. Dabei streute er unterhaltsame Anekdoten aus der wechselvollen Geschichte seines Adelsgeschlechts ein, das um 1430 das Schloss in Köngen erbaut hat und dem nach dessen Verkauf im 18. Jahrhundert als Ausgleich die Herrschaft über Unterboihingen erhielt. Aus dieser Zeit erklang die „Sonate Es-Dur op. 8 Nr. 4“ von Joseph Haydn, die beiden Geigen in puncto technischem Anspruch und Tonumfang beträchtliche Hürden stellt. Joachim und Eve-Marie Ulbrich meisterten die Herausforderungen souverän, spielten sich gekonnt durch den Notentext und trafen den leichten Ton Haydn’scher Klangkunst bestens. Dynamisch perlendes Laufwerk und konturierende Terrassendynamik brachte das eröffnende Allegro, gefolgt von geschmeidiger Kantilenenkunst im langsamen Mittelsatz. Im Finale ging die Post dann richtig ab: Wild jagten sich die feurigen Läufe, und das Grinio-Ensemble spielte sich in einen wahren Klangrausch hinein.

Mit tänzerischer Attitüde

Etwas ruhiger ging es in den Kirchensonaten in Es-Dur und B-Dur zu, die Wolfgang Amadeus Mozart als 13-Jähriger, damals in den Diensten des Salzburger Erzbischofs stehend, komponiert hat. Die zwischen schwelgerischer Melodik und zupackender Energie schwankenden Jugendwerke sind recht kurz gehalten, lassen jedoch in jeder Note die spätere Genialität des Meisters der Wiener Klassik erahnen.

Den Schwung der Mozart-Sonaten nahm das Grinio-Ensemble mit in den Schatzwalzer aus Johann Strauß‘ Operette „Der Zigeunerbaron“. Mit tänzerischer Attitüde, feiner Agogik und geschmackvoll gesetzten Übergängen spürte das Köngener Ensemble der unterhaltenden Note dieser Musik nach. Die Zuhörer applaudierten begeistert, und als Zugabe gab es eine barocke tänzerische Pretiose von Georg Philipp Telemann.