Kommunalpolitik
„Gscheit, gschäftig, gschickt“: Viel Lob für Bissingens scheidenden Schultes

In seiner letzten Sitzung als Bürgermeister von Bissingen wird der künftige Landrat Marcel Musolf gebührend verabschiedet und gefeiert. 

Verabschiedung von Bürgermeister Marcel Musolf: Hier mit Ehefrau Nathalie und den Kindern. Foto: Carsten Riedl

Dass an diesem Abend das eine oder andere Auge feucht wird, wurde Marcel Musolf schon am Nachmittag klar. „Ich hatte heute morgen noch einige Termine im Landratsamt, aber ab 15 Uhr wurde mir dann bewusst, dass es emotional wird“, sagt er am Rande der letzten Gemeinderatssitzung. Denn, auch das ist typisch für den scheidenden Bissinger Bürgermeister: Einen eigenen Festakt sollte es nicht geben, sondern wenn eh schon eine Sitzung anberaumt ist, kann es bei der Gelegenheit auch eine „kleine Unterbrechung“ geben. Nach der Abhandlung der Fachplanerauswahl für die Erweiterung
 

„Du bist kein VfB-Fan.

Johannes Züfle, Weilheims Bürgermeister, ist kein ­anderer Makel eingefallen.


des Schulgeländes, der Vergabe für die Sanierung der Quellleitung, Beschaffung von Funkgeräten für die Feuerwehr, der Kreditaufnahme für den Kernhaushalt und zwei Bauangelegenheiten steht relativ unspektakulär als Tagesordnungspunkt 8: Verabschiedung Marcel Musolf. 

Großer Bahnhof? „Das wollte er nicht“, sagt sein Amtskollege Johannes Züfle etwas später in der mittlerweile voll besetzten Gemeindehalle mit Anerkennung. Denn bei aller Kompetenz, Fachwissen und Können stimmen alle Festredner überein: Marcel Musolf ist vor allem bescheiden. Doch da musste er trotzdem durch: Deutlich mehr als 200 Besucher kamen trotzdem zur wohl am besten besuchten Gemeinderatssitzung der Geschichte. Aber dafür schwelgen die Redner – tatsächlich sind alle männlich – auch nicht in schwärmerischen Lobeshymnen, die den Geehrten verlegen machen könnten, sondern halten es bewusst launig. 

Zunächst wird ein Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung gestellt, schließlich befindet man sich formal immer noch in einer Gemeinderatssitzung. Feuerwehrkommandant Alexander Gölz bringt einen Antrag ein: Ernennung des Bürgermeisters zum Ehrenfeuerwehrmitglied – eine Ehre, die bislang noch keinem Bissinger Schultes zuteil geworden ist. Musolf habe nicht nur „immer ein offenes Ohr gehabt“, sondern auch Fakten geschaffen: Die Feuerwache in Ochsenwang wurde in seiner Amtszeit umgebaut, das Feuerwehrmagazin in Bissingen erneuert. Natürlich stimmten alle Gemeinderäte für den Antrag.

Bürgermeister Marcel Musolf bei seiner Abschiedsrede. Foto: Carsten Riedl

„Nicht einfach“ war es für den sichtlich gerührten Gemeinderat und Vizebürgermeister Siegfried Nägele, „kurz was zu sagen, zu 13 Jahren Amtszeit“. Nägele erinnert sich an die Vorstellungsrunde für den Bissinger Bürgermeisterpos­ten vor besagten 13 Jahren, als Musolf Kämmerer der Gemeinde war und sich mit 26 Jahren anschickte, jüngster Bürgermeister von Baden-Württemberg zu werden. „Damals wurde ihm aus dem Publikum die entscheidende Frage gestellt: Bei ihrem Alter und Ihren Qualifikationen – wie lange wollen Sie denn bei uns bleiben?“ Die Antwort des künftigen Schultes lautete damals: Mindestens zwei Perioden. „Das wären 16 Jahre. Nun sind es 13 geworden, zwei Jahre rechnen wir Ihnen für Ihre Zeit als Kämmerer an und ein Jahr Rabatt für gute Leis­tung“, rechnet er trocken vor unter großem Gelächter und Applaus. Gscheid, gschäftig, gschickt sei er gewesen: Jemand, der sein Geschäft versteht, der fleißig und immer gut vorbereitet in die Sitzungen kommt und mit den Menschen kann, oder wie Nägele es sagt: „Mit einer Gabe, Leute zu gewinnen.“ Mehr kann man einen Bürgermeister wohl nicht loben. „Wir sind traurig, aber es wird Ihnen mehr als gegönnt“, schließt Nägele. Konsequent sei es: Der jüngste Schultes im Land wird zum jüngsten Landrat im Land. 

Und auch Musolfs Amtskollege Johannes Züfle fiel als Laudator beim besten Willen nichts Negatives über den „Publikumsliebling Musolf“ ein. „Bis auf eins“, setzte er an. „Jetzt bin ich gespannt“, sagte Musolf im Publikum feixend. „Du bist kein VfB-Fan.“ Gelächter, denn selbst die Bayern-Anhängerschaft sieht man dem ehemaligen Leistungs-Fechter Musolf nach. 

Nach der Danksagung aller Vereine stellvertretend durch Gemeinderatsmitglied Hansjörg Richter („eine Ära geht zu Ende“), gab auch noch Gemeindepfarrer Markus Frank dem künftigen Landrat nicht nur Gottes Segen, sondern auch einen frommen Wunsch mit auf den Weg: 
 

„Man hat bei Ihnen das Gefühl, Ihnen geht es um die Würde jedes einzelnen.

Pfarrer Markus Frank über die seiner Meinung nach wichtigste Eigenschaft des scheidenden Schultes  

 

„Bissingen soll auch Rückzugsort für Sie und Ihre Familie sein. Daher die Bitte an alle Bissingerinnen und Bissinger: Gehen Sie nicht alle auf den neuen Landrat zu mit Themen.“

Der neue Landrat schließlich nahm den Ball dankend auf und dankte seinerseits seiner Familie, der er direkt eine Liebeserklärung auf dem Podium machte. „Freude ist die aufrechteste Form der Dankbarkeit“, sagte er. Sein letzter Satz ging direkt in Standing Ovations über: „Es war mir eine Ehre. Vielen Dank.“

Verabschiedung von Bürgermeister Marcel Musolf, in der Gemeindehalle mit Glückwunsch zum Landrat