Jeden Herbst bietet sich im Kreistag das gleiche Schauspiel. Landrat Heinz Eininger weist auf den Schuldenberg hin. CDU und Grüne pflichten ihm bei: In diesen guten Zeiten „müssten die Schulden abgebaut werden“. Die Freien Wähler halten dagegen, weil sie vor allem die Finanzlage ihrer Kommunen im Blick haben und die Kreisumlage niedrig halten wollen. Und die SPD kritisiert, dass der Landrat und seine Kämmerin stets zu hohe Reserven einplanen und das Geld horten.
244 Millionen Euro Schulden
Wer recht hat, ist nicht einfach zu beurteilen, weil durch das neue kommunale Haushaltsrecht (NKHR) weitere Kennzahlen an Bedeutung gewonnen haben, zum Beispiel die Eigenkapitalquote. Fakt ist, dass der Kreis Esslingen 244 Millionen Euro Schulden hat, davon rühren 48 Millionen von der Übernahme der Schulden der Kreiskliniken her. Pro Kopf ist der Kreis Esslingen mit 466 Euro verschuldet, der Landesdurchschnitt liegt bei 326 Euro. In der Region Stuttgart ist der Kreis am zweithöchsten verschuldet, unter den 35 baden-württembergischen Landkreisen liegt er an fünfter Stelle.
Schulden sind nicht per se schlecht, darüber waren sich Klee und die Kreisräte einig. Nach Ansicht des Finanzdezernenten sind jedoch die Schulden des Landkreises selbst im Verhältnis zu den geschaffenen Vermögenswerten hoch. Einige Bilanzkennzahlen lägen unterm Landesdurchschnitt. Insofern wäre die Einhaltung der Schuldenobergrenze von 170 Millionen Euro durchaus sinnvoll.
Dass kurz vor den Etatberatungen „irgend so ein Mahner kommt“, fand Nicolas Fink (SPD) wenig hilfreich. Hätte man statt des Dezernenten des Landkreistags den Finanzdezernenten einer Stadt geholt, hätte man andere Wahrheiten gehört. Bernhard Richter, Vorsitzender der Freien Wähler, der größten Fraktion, ging Klee frontal an: „Sie vergleichen Äpfel mit Birnen.“ Man dürfe nicht nur kaufmännisch buchen, sondern müsse auch kaufmännisch denken. Der Landkreis habe seine Kliniken saniert, der Nachbarkreis Göppingen habe da gar nichts gemacht. Der Kreis Esslingen mache seit Jahren Überschüsse in Millionenhöhe. Hätte man nicht 64 Millionen Euro Schulden der Kreiskliniken übernommen, hätte man „tolle Vergleichszahlen“, sagte Richter. „Das ist ein gesunder Landkreis.“ Sein Fraktionskollege Rainer Lechner, Finanzbürgermeister von Ostfildern, pflichtete ihm bei: „Bei 197 Millionen Euro Schulden im Kernhaushalt schlafe ich gut.“
Klee widerrief nicht, sondern wiederholte: Die Schulden seien angesichts der verschiedenen Kennzahlen hoch. Unterstützt wurde er von der CDU, den Grünen und selbst der Linken. Angesichts des niedrigen Zinsniveaus könne man die Schuldenlast in den nächsten fünf Jahren gelassen betrachten, meinte Rainer Moritz (Grüne). Wenn man aber das neue Landratsamt für 100 Millionen Euro baue, dann belaste das den Etat auf 45 bis 50 Jahre. Und sollten die Steuereinnahmen mal aufgrund der Wirtschaftslage einbrechen, „dann hängen die Kommunen mit drin“. Man brauche einen Puffer für schlechte Zeiten.
Angst vor schlechter Wirtschaft
Auch Peter Rauscher (Linke) warnte: Wenn es der Wirtschaft mal schlecht gehe, „dann haut es uns die Sozialkosten um die Ohren“. Und Martin Fritz, Fraktionsvorsitzender der CDU, riet, bei Investitionen auf die Eigenfinanzierung zu achten. Angesichts der unterschiedlichen Interpretation der Daten mahnte der Großbettlinger Bürgermeister, bei den Etatberatungen für 2018 einen Mittelweg zu finden. Die Wegsuche dürfte von ähnlichen Wortgefechten begleitet werden. Landrat Eininger stellte sich schon mal darauf ein: „Uns stehen lebhafte Haushaltsberatungen bevor.“
Bleibt noch nachzutragen: Der Finanzzwischenbericht, der in der gleichen Sitzung vorgelegt wurde, zeigt für das laufende Jahr eine Verbesserung des sogenannten ordentlichen Ergebnisses von 3,26 Millionen auf 9,32 Millionen Euro, also gut sieben Millionen mehr. Unter anderem werden für Flüchtlinge und Aussiedler 2,5 Millionen Euro weniger benötigt als geplant.