Altbekannte Methoden und neue Ansätze sind in der Kelter des Weinguts Kusterer eng miteinander verwoben. Vor zwei Jahren übernahm Junior Maximilian Kusterer den Betrieb. Seitdem hat sich in der Gravitationskelter, die mitten in den Mettinger Weinbergen thront, vieles verändert. Das war auch der Wunsch, den Vater Hans Kusterer hegte, als er seinem Sohn 2020 den Staffelstab überreichte. Schon früh hatte der 31-jährige Junior gezeigt, welches Talent in ihm steckt. Und seitdem er den Betrieb übernommen hat, setzt er seine Ideen nach und nach in die Tat um. Damit überzeugt er nicht nur seine Kunden und Vater Hans. Maximilian Kusterers Tropfen haben auch die Jurys des Weinführers „Gault & Millau“ und des Magazins „Focus“ beeindruckt.
Momentan ist es ruhig im Weinberg. Die Kälte bewirkt, dass die schädlichen Pilzsporen absterben. Auch ein netter Nebeneffekt: Die Rebstöcke auf seinen sechs Hektar verlieren durch die Temperaturen ihr Laub. Das erleichtert die Arbeit, weil man beim Rebschnitt besser an das Holz kommt. Auf die Kräfte der Natur zu setzen, haben sich bereits Hans und Monika Kusterer zum Ziel gesetzt. Zwischen den Reben und Mauerweinbergen Esslingens errichteten sie die Gravitationskelter, die sich die Hanglage zunutze macht und wegen der Erdanziehung keine Förderbänder benötigt. Einzusparen und das Wesentliche im Blick zu behalten, ist auch das Credo des jungen Kusterers. Er verkleinert immer weiter das Sortiment, setzt im Weinberg auf ausgesuchte Rebsorten und nutzt nur jene Maschinen, die er wirklich braucht. Diese Philosophie fließt auch aus seinen Weinfässern.
Erst vor wenigen Tagen machte sich der Wengerter auf den Weg nach München ins Weinhaus Neuner. Dort wurde der neue „Gault & Millau“-Weinführer vorgestellt. Kusterer freute sich sehr über die Einladung. „Ich hatte schon eine Vorahnung“, sagt der 31-Jährige rückblickend. „Aber ich wusste nicht genau, was auf mich zukommt.“ Hinter den Namen Gault und Millau steckt einer der angesehensten Restaurantführer weltweit, ähnlich dem „Guide Michelin“.
Zum 30. Mal brachte der französische Verlag nun den Weinguide Deutschland heraus. Bei der Vorstellung des Führers im Weinhaus Neuner traf Kusterer auf ehemalige Kollegen, gute Freunde und kritische Sommeliers. In diesem Ambiente erhielt er als einer von 15 Jungwinzern, die gerade den Betrieb der Eltern übernommen haben, die Auszeichnung „Next Generation“. Damit wird der Mettinger im Weinguide Deutschland 2023 aufgeführt.
Er habe sich „mega gefreut“, meint Maximilian Kusterer. Zum einen über die Auszeichnung an sich, zum anderen aber auch darüber, dass sein Freund Simon Hornstein ebenfalls in dem Führer erwähnt wird. Die beiden Winzer durchliefen vor einigen Jahren gemeinsam ein Praktikum in der Kelterei Rudolf Fürst. Im „Gault & Millau“-Weinguide aufgeführt zu werden, „ist eine riesige Anerkennung“, sagt Kusterer. Und es ist gleich die zweite in kurzer Zeit. Denn kurz zuvor war er vom „Focus“-Magazin benachrichtigt worden, dass sein Sekt 2015 Esslinger Neckarhalde Chardonnay und Spätburgunder, Grand Cuvée beim großen Weintest den zweiten Platz in der Kategorie „Sekt aus Burgundersorten“ belegt hat.
Das Geheimnis für Kusterers Erfolg ist auf den ersten Blick simpel: „Wir machen Weine, die uns sehr gut schmecken“, erklärt der 31-Jährige. „Dadurch werden sie authentisch.“ Aus Kusterers Sicht müsse ein guter Tropfen „in erster Linie einen guten Trinkfluss haben“. Ein besonderes Faible hat er für Spätburgunder-Weine. Aber Kusterer behält auch die Trends im Auge. So seien derzeit besonders feinere, bekömmliche Weine gefragt, die wenig Alkohol enthielten.
Es gibt auch Schwierigkeiten
Der Erfolg ist aber auch mit Schwierigkeiten verbunden, diese treten in der Verarbeitung und im Weinberg zutage. Als Maximilian Kusterer vor zwei Jahren den Betrieb übernahm, kam vieles zusammen. So hatte die Familie, die alles selbst produziert und keine festen Angestellten hat, wie alle Weingüter unter der Corona-Pandemie zu leiden, weil Aufträge zurückgezogen wurden und die Nachfrage merklich zurückging. Hinzu kommen die Hürden im Anbau. Der Klimawandel mache sich im Weinberg immer deutlicher bemerkbar, zumal der Betrieb auf ökologische Landwirtschaft setzt. Vor allem die Schädlingsbekämpfung ist eine Herausforderung.
Vater Hans Kusterer ist vollauf zufrieden mit dem frischen Wind, den sein Sohn in den Familienbetrieb gebracht hat: „Es hat sich vieles geändert – zum Guten, meiner Meinung nach“, erklärt er. Als Angestellter steht er mit Rat und Tat zur Seite. Noch. Die Auszeichnungen, die sein Sohn bekommen hat, dürften ihm das Abgeben zusätzlich erleichtern. Sie sind für den Junior nur ein Zuckerle, denn „dass wir durch so schwere Zeiten kommen, das ist die Hauptsache“.
Ausgezeichneter Wengerter
Gault & Millau Bereits zum 30. Mal hat Gault & Millau den Weinguide Deutschland herausgegeben. Aufgeführt sind Weingüter und Keltereien, die hervorragende Weine und Sekte herstellen. Ein Expertenteam bestimmt, wer es in das etwa 800 Seiten starke Buch schafft. Es gibt Guides zu verschiedenen Anbaugebieten, aber auch einen durch Deutschland. In die Version 2023 hat es nun auch Maximilian Kusterer geschafft. Außer ihm haben 14 weitere Jung-Wengerter einen Platz in dem Weinführer gefunden.
Focus Magazin Auch eine Jury des Magazins Focus, unterstützt vom Deutschen Weininstitut, hat aus mehr als 600 Weingärtnern die besten Weine und Sekte in diversen Kategorien gekürt. Auch bei diesem Wettbewerb – jeder Teilnehmer durfte eine Flasche einreichen – war Maximilian Kusterer erfolgreich. Sein Chardonnay und Spätburgunder-Cuvée-Sekt belegte Platz zwei in der Kategorie Sekt aus Burgundersorten. dcb