Esslingen. Mit ihrer überraschenden Kampfkandidatur gegen den Favoriten ihrer Fraktion hat Brigitte Häfele die Diskussionen um die Nachfolge des Esslinger Bürgermeisters für Ordnungswesen, Soziales, Schule und Kultur, Markus Raab, um eine Pikanterie bereichert und die Grünen in die Zwickmühle gebracht. Die wollen den Namen ihres Favoriten für diese Position bis zum Ende der Bewerbungsfrist am Sonntagabend für sich behalten. Nun hat Brigitte Häfele, immerhin Vize-Fraktions-Chefin der Grünen im Gemeinderat, erklärt, dass sie selbst ins Rennen gehen wolle.
Weil Häfele mit ihrer Kandidatur ohne Rückendeckung ihrer Fraktion die eigenen Leute in die Bredouille bringt, soll sie - zumindest bis zur Dezernentenwahl am 11. November - im Gemeinderat nicht für die Grünen sprechen und sich auch in der Ausschussarbeit vertreten lassen. Spekulationen, dass nun ein Riss durch ihre Fraktion gehe, weisen die Grünen zurück. Die übrigen acht Ratsmitglieder hätten sich gegen Häfeles Kandidatur ausgesprochen, erklärt Fraktions-Chefin Carmen Tittel. Alle stünden verlässlich hinter dem eigenen Bewerber.
Dass ihre Bewerbung für Wirbel sorgt, damit hat Brigitte Häfele gerechnet. Trotzdem sei es ihr wichtig gewesen, ihren Hut in den Ring zu werfen: „Eigentlich sollte die Stelle ausgeschrieben werden und der beste Bewerber gewinnen - nicht derjenige, den eine Partei vorgeschlagen hat.“ Aus anderen Fraktionen sei sie wiederholt auf eine Kandidatur angesprochen worden.
„Verhältnis ist nicht zerrüttet“
Deshalb habe sie sich zur Bewerbung entschlossen - auch gegen den Wunsch der Grünen, deren Parteibuch sie nicht besitzt. Überzeugt ist Häfele, deren bildungspolitische Kompetenz unbestritten ist, dass sie die Qualifikation auch für die anderen Aufgabenfelder des Dezernats mitbringt. „Wenn man seit zehn Jahren im Gemeinderat ist und in allen wichtigen Ausschüssen mitgearbeitet hat, hat man Verwaltungserfahrung.“ Dass das Verhältnis zur Fraktion der Grünen nun zerrüttet ist, glaubt sie nicht: „Ich sehe mich als Grüne und als Teil der Fraktion. Ich bin nicht angetreten, um jemandem zu schaden, sondern um eine wirkliche Wahl für diesen Posten zu ermöglichen.“
SPD-Fraktions-Chef Koch erklärt, die Kandidatur sei mehr als überraschend: „Dass sich die stellvertretende Fraktionsvorsitzende über das Votum der eigenen Partei hinwegsetzt, verschafft den Grünen ein Problem. Ich bin gespannt, wie sie das lösen.“ CDU-Fraktions-Chef Lingnau wundert sich, dass jemand gegen den Willen der eigenen Fraktion kandidiert und so vorprescht. Alexander Maier