Die Stadt denkt für die „nette Toilette“ offenbar über Lösungen nach
Häufiger müssen können

Böse Kommentare, heftige Proteste, empörte Leserbriefschreiber. Nach dem Aus für die „nette Toilette“ aus Kostengründen erlebt die Kirchheimer Stadtverwaltung, was ein Shitstorm ist – und reagiert.

Kirchheim. Das Thema ist eine Steilvorlage für geschmacklose Wortspiele. Vieles von dem, was seit Wochen die Bürgerdebatte befeuert, kommt ziemlich unappetitlich daher. Krasse Worte gegen eine krasse Fehlentscheidung der Verwaltung. So jedenfalls sehen es viele, die geöffneten Klotüren hinterher trauern, in einer Stadt, die ein sinnvolles Projekt nach zehn Jahren einfach durchs Rohr gespült hat. Dabei ging es um ein Thema, das buchstäblich jede und jeden betrifft. Ein stilles Örtchen für alle, die in der Innenstadt ein menschliches Bedürfnis überfällt. Als offenes Angebot, in Partnerschaft mit Kirchheimer Geschäftsleuten, subventioniert aus der Stadtkasse. 12 000 Euro im Jahr, ein Tausender pro Monat fürs Wohlbefinden von Flaneuren.

Seit Anfang des Jahres ist nun Schluss. Weil Kirchheim sparen muss und keine Summe gering genug ist, als dass man sie einfach durchwinken könnte. Auch die Kloschüsseln der Stadt kommen am Fehlbetrag nicht vorbei, der sich bis 2018 auf sechs Millionen Euro belaufen soll. Da mutiert der Passant, der sich von seiner Notdurft geplagt durch die Fußgängerzone quält, zum Kleinvieh, das am Ende eben auch nur eines macht: Mist.

War es nun ein Fehler, die Aktion zu beenden, ein Schnellschuss, den man besser vermieden hätte? Offenkundig ja, und offenbar hat die Stadt das inzwischen selbst erkannt. Man werde dem Gemeinderat in der kommenden Sitzungsrunde einen Vorschlag unterbreiten, wie das Kind im Brunnen noch zu retten sei, sagt Bürgermeister Günter Riemer. Vielleicht noch im Februar im Finanzausschuss, ganz sicher aber im Gemeinderat Anfang März. Die Rettung des Balgs – um im Bild zu bleiben – den man zuvor noch mit dem Bade ausgeschüttet hatte. Wie ein Vorschlag zur Güte aussehen könnte, verrät Riemer nicht. Dass man mit einem derart lauten Aufschrei nicht gerechnet habe, dagegen schon. Die nette Toilette – im besten Fall ein Beispiel für kommunalpolitische Einsicht, wie immer die aussehen mag.

Selbst diejenigen, bei denen das Klopapier zuletzt knapper und der Putztakt kürzer wurde, halten das Thema für wichtig. Es sei nicht so, dass man den Spardruck der Stadt nicht erkenne, meint das Oberhaupt des Kirchheimer City-Rings, Karl Bantlin, „aber das ist an der falschen Stelle gespart.“ Schließlich handle es sich bei den Toilettenbenutzern um Kunden, sagt der Einzelhändler, der in der Innenstadt drei Modegeschäfte betreibt. Beim nächsten City-Ring-Treffen mit der Stadtverwaltung wäre das Thema ohnehin auf dem Tisch gelandet. Bantlin: „Wir haben in unseren Räumen seitdem sowieso noch niemand weg geschickt.“

Beim Blick über den Brillenrand zeigt sich: Andere Kommunen lassen tunlichst die Finger vom Thema. Die Stadt Esslingen hat ihren Zuschuss für willige Toilettenbesitzer gerade erst leicht erhöht. 35 Händler und Gastronomen in der Kernstadt machen mit. Kostenpunkt für die Stadt: 27 000 Euro jährlich. In Nürtingen, wo es nur sechs Anlaufstellen gibt, ist die Stadt mit 5 460 Euro im Jahr dabei. Das ist zwar nur die Hälfte von dem, was bisher in Kirchheim zugeschossen wurde, doch daran gerüttelt werden soll definitiv nicht.