Zeiten ändern sich, selbst an Orten, wo die Zeit stehen geblieben scheint. Für drei Gebäude, die für den Wiederaufbau im Beurener Freilichtmuseum seit fast 40 Jahren in einem Bunker im Tiefenbachtal lagern, gibt es endgültig keine Verwendung mehr. Insektenbefall und Zersetzung haben den Original-Bauteilen stark zugesetzt. Das ist aber nicht der einzige Grund. Die konzeptionelle Ausrichtung des Museums hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Lag der Fokus früher auf der Geschichte von Gebäuden als Ort bäuerlichen Lebens auf dem Land, widmen sich die sieben Freilichtmuseen im Land ihrem staatlichen Bildungsauftrag zunehmend mit Blick auf die Alltagskultur bis in die Nachkriegszeit. Das Experten-Urteil, dem sich auch der Esslinger Kreisarchivar Manfred Waßner anschloss, fiel deshalb eindeutig aus: Der Erhalt der Häuser empfiehlt sich weder aus bauhistorischer noch aus kulturwissenschaftlicher Sicht.
Die Fakten sind leider eindeutig.
Martin Klein, Kreisrat der Freien Wähler, zum Urteil der Sachverständigen über den Wert der eingelagerten Gebäude.
Das sind die drei, um die es geht: Ein 1884 erbautes Bauern- und Handwerkerhaus aus Wangen, ein spätmittelalterliches Bauernhaus aus Frickenhausen und ein Wohnhaus aus Echterdingen, das bereits zur Hälfte von Insektenfraß befallen ist. Für sie sind die Tage nun gezählt. Die Gebäude sollen zunächst anderen Museen, dann den Ursprungsgemeinden und letztlich den ehemaligen Besitzern zur Rücknahme angeboten werden. Sofern niemand Interesse zeigt, werden schadhafte oder belastete Bauteile fachgerecht entsorgt. Der Rest soll als Baustoff bei künftigen Sanierungsarbeiten an den acht Bestandsgebäuden im Freilichtmuseum Verwendung finden.
1,2 Millionen Mark für den Abbau
Von „jammerschade“ (FDP) über „sehr bedauerlich“ (SPD) bis „wie befürchtet“ (CDU) fielen die Reaktionen am Donnerstag im Kulturausschuss des Kreistags aus. Das Votum für ein Ende aller Wiederaufbaupläne fiel dennoch einstimmig aus. „Die Fakten sind leider eindeutig“, stellte Martin Klein als Sprecher der Freien Wähler fest. Für die Umsetzung der Häuser hatte das Land in den 80er-Jahren 1,2 Millionen D-Mark hingeblättert. Laut Museumsleiterin Steffi Cornelius war kurzzeitig überlegt worden, zumindest das zweigeschossige Sandsteingebäude aus Wangen mit seinem Schieferdach als Ausstellungsraum zu nutzen. Allerdings hätte ein Wiederaufbau nach Berechnungen im Jahr 2022 rund 2,3 Millionen Euro gekostet.
Für Cornelius ist die Lagerräumung der finale Akt. Die Museumschefin verabschiedet sich Ende März nach 34 Jahren in den Ruhestand. Zur selben Zeit, wenn in den Beurener Herbstwiesen die 30. Saison beginnt. Die bereits angekündigte Fortschreibung der Museumskonzeption mit Schwerpunkt auf Lerninhalten werden andere übernehmen müssen. Schließlich hängt davon ab, in welchem Maße auch künftig Fördergelder vom Land in Richtung Beuren fließen werden. Cornelius’ Appell klingt deshalb wie eine Warnung an die Nachfolgenden: „Wir dürfen uns die Zukunft nicht verbauen, indem wir an Trends aus den 80ern festhalten.“
Wichtiger Partner für Schulen
Rund 600.000 Gäste pro Saison verzeichnen die sieben Freilichtmuseen in Baden-Württemberg im Schnitt. Davon waren zuletzt rund 43.000 Schülerinnen und Schüler. Das ist verglichen mit anderen staatlichen Museen ein Spitzenwert. In Beuren war die Gesamtbesucherzahl in der abgelaufenen Saison mit knapp 68.000 zum ersten Mal seit Jahren leicht rückläufig. bk