Weil die vorhandenen Betreuungsplätze für Kinder in Weilheim vorne und hinten nicht ausreichen, mussten in der Zähringerstadt neue Lösungen her. Selbst der Ausbau der bestehenden Kindertagesstätten deckt den Bedarf an Kitaplätzen nicht. Um den Haushalt der Stadt nicht unnötig zu strapazieren, suchte und fand man im vergangenen Jahr eine zufriedenstellende Lösung. Statt des Neubaus eines Hauses entschied sich der Gemeinderat für einen Jurtenkindergarten. „Die Baukosten und der Zeitbedarf zur Realisierung liegen deutlich unter dem eines klassischen Hauskindergartens“, begründet Bürgermeister Johannes Züfle die Entscheidung.
Allerdings lag die Schätzung der Baukosten vom September 2021 noch bei 1,4 Millionen Euro. Die Kostenberechnung im Mai 2022 lag um 600 000 Euro höher und somit bei knapp über zwei Millionen Euro. Trotz der Kostensteigerung hält die Stadt am Plan fest und hofft, dank dieser Art der Kinderbetreuung mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Johannes Züfle präzisiert: „Zum einen setzen wir damit neue Maßstäbe in Sachen Nachhaltigkeit, und zum anderen werden wir als Arbeitgeber für Erzieherinnen und Erzieher attraktiver.“ Außerdem komme man mit der naturnahen Kinderbetreuung der steigenden Nachfrage der Eltern entgegen. In den Genuss des Jurtenkindergartens sollen die über dreijährigen Kinder kommen. „Eine Krippengruppe hat andere räumliche Erfordernisse, wie Schlafen, Essen und Wickeln. Diese können in einem Hauskindergarten besser abgedeckt werden“, erklärt Weilheims Bürgermeister. Mit dem zweigruppigen Jurtenkindergarten können die erforderlichen Plätze für über Dreijährige zeitnah realisiert werden, hofft Johannes Züfle. Gemeinsam mit dem Landratsamt Esslingen und weiteren Behörden fand die Stadt im Bereich Gänsweide an der Weinsteige einen geeigneten Standort gegenüber dem dortigen Spielplatz. „Im Januar dieses Jahres haben wir die natur- und artenschutzrechtliche Untersuchung beauftragt, und der Zwischenbericht vom Juni 2022 stimmt positiv“, beschreibt der Bürgermeister die erste Überprüfung des Standortes. Die Verwaltung gehe davon aus, dass eine Genehmigung möglich sei. Für das Bauvorhaben werde voraussichtlich eine befristete Baugenehmigung als Übergangslösung für den noch auszustellenden Bebauungsplan beantragt. „Parallel haben wir beim Architekturbüro Living-Circles Anfang Februar die Planungsstudie beauftragt“, erläutert Johannes Züfle die weiteren Schritte des Bauvorhabens. In der Zwischenzeit habe man nahezu mit allen Grundstückseigentümern Pachtverträge über zehn Jahre mit Verlängerungsoption abgeschlossen. Krishna Saraswati, Gesellschafter bei „Living-Circles“, hob bei der Vorstellung die Vorteile der Verbindung zwischen Haus- und Waldkita hervor: „Das modulare Raumsystem integriert sich in die Natur, umgibt dabei die Kinder und entfaltet pädagogische Wirkung.“ In der Jurte, die von Nomaden in Zentralasien als Zelt genutzt wird, sollen Kinder laut Krishna Saraswati die Jahreszeiten hautnah erleben können. „Der Raum kann im Sommer ohne technische Anlagen gekühlt werden. In der kalten Jahreszeit sorgt ein kindersicheres Feuer für Wärme.“ Auch wenn der Aufbau des Jurtenkindergartens modular sei und man die Zelte jederzeit abbrechen und an anderer Stelle wieder aufbauen könnte, sei der Standort an der Weinsteige ideal, lobt er. „Die neue Kindertagesstätte liegt am Ortsrand, und in der Umgebung hat es genügend Parkplätze für Mitarbeiter und Eltern.“ Er beschwichtigte einige Gemeinderäte, die vor Ort ein hohes Verkehrsaufkommen befürchten. „In den beiden Jurten sind maximal je 20 Kinder anwesend.“ Gemeinderätin Gerda Schrägle, Fraktionsvorsitzende der SBV, schlug vor: „Man könnte die Idee aufgreifen, die Nachhaltigkeit auch beim Bringen und Holen zu leben.“
Das sind die weiteren Schritte für die neue Kita
Die Freigabe zur Ausschreibung beschloss der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung vom 19. Juli 2022 mit 15 von 17 Stimmen. Diese wird nun veröffentlicht und läuft bis August 2022. Interessierte Betriebe können während dieser Zeit ihre Angebote für die Generalunternehmer-Leistung, nämlich für die Planung und die Ausführung, einreichen.
Nach der Prüfung der eingegangenen Angebote, will der Gemeinderat die Bauarbeiten an das geeignetste Unternehmen im September 2022 vergeben und die Verwaltung reicht im darauffolgenden Oktober den Bauantrag ein. Von November 2022 bis spätestens März im kommenden Jahr sollen die Jurten produziert werden.
Von April bis Mai 2023 sind die Montage, die Erschließung und die Installation der Außenanlagen geplant. Im Juni 2023 soll der neue Jurtenkindergarten schließlich seinen Betrieb aufnehmen und damit 40 Kindern, die über drei Jahre alt sind, einen Betreuungsplatz in zwei Gruppen anbieten. kry