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Hörbuchtipps: Bücher für die Ohren

Freizeit Für alle, die ihren Urlaub zuhause verbringen, aber trotzdem „wegwollen“, bieten Autoren diverse Fantasie-reisen an. Hier ein paar Tipps für Erwachsene zu gelungenen und anregenden Hörbüchern. Von Tanja Liebmann

Hörbücher sind eine Wohltat für den visuell gestressten Gegenwartsmenschen. Sie können jederzeit und überall konsumiert werden – etwa während der Autofahrt, bei der Hausarbeit, auf der Joggingrunde. „Double your time“ lautet das Motto. Sprich: Verdoppele deine Zeit, indem zwei Dinge auf einmal gemacht werden. In den Ferien und im Urlaub reicht es aber auch einfach nur, sich der Sinnlichkeit von Stimmen hinzugeben und eigene Bilder im Kopf zu entwickeln. Das entspannt, beschwingt, regt an und unterhält zum Teil intensiver als die besten Filme auf der Mattscheibe oder Leinwand. Bereit für eine völlig andere Welt? Wir geben Tipps zu empfehlenswerten Hörbüchern.

Feinfühlig

„Mein Leben in deinem“ beginnt mit einer Verwechslung: Sam nimmt in einem Sportstudio die Tasche der glamourösen Nisha mit – samt exklusiver Chanel-Jacke und High Heels. Das Versehen bleibt nicht folgenlos. Während Sam es sich nicht nehmen lässt, ihre schlichten Klamotten abzustreifen und daran zu schnuppern, wie es wäre, eine andere zu sein, bricht für Nisha eine Welt zusammen. Warum das so ist und welche Gemeinsamkeiten die Frauen haben, hängt mit ihren Männern zusammen. Beide machen Probleme – und als das Schicksal Sam und Nisha zusammenführt, passieren wahnwitzige Dinge. Dinge, die nur passieren, wenn wahre Freundschaft entsteht und eine Kraft wirkt, die Schlechtes sprengt und Gutes hervorbringt. Fazit: Luise Helm erzählt die feinfühlig konstruierte Geschichte von Jojo Moyes vortrefflich – und zeigt, wie wertvoll es ist, wenn Menschen füreinander einstehen. „Mein Leben in deinem“ von Jojo Moyes ist bei Argon erschienen, dauert rund zwölf Stunden und basiert auf der Buchvorlage von Wunderlich.

Herzergreifend

Manche Dinge, die Lilly Bernstein in ihrem historischen Roman „Findelmädchen – Aufbruch ins Glück“ erzählt, scheinen uns heute unvorstellbar. Ein Kind etwa, das seiner Mutter nicht zurückgegeben wird und in einem Waisenhaus aufwachsen muss, weil die Mutter unverheiratet ist und ihr Kind eine dunkle Hautfarbe hat. Dass die Frau von einem Soldaten vergewaltigt wurde, interessiert niemanden. Auch nicht, was die Kinder im Heim zu essen bekommen und welchen Schikanen sie dort ausgesetzt sind. Eine jedoch begehrt auf. Sie heißt Helga, muss selbst Schreckliches durchleiden und ist absolut mutig. Wie sie sich zur Wehr setzt, erzählt Elisabeth Günther in der Hörbuchfassung in einem hervorragenden Ton – nämlich weich und berührend. Fazit: schockierend, beeindruckend, herzergreifend. „Findelmädchen – Aufbruch ins Glück“ von Lilly Bernstein ist bei Hörbuch Hamburg als Download erschienen, dauert fast fünfzehn Stunden und basiert auf der Buchvorlage von Ullstein.

Spannend

Was wäre, wenn man Soldaten, die in ihren Einsätzen schreckliche Szenen mit ansehen mussten, einen Chip einpflanzte, der ihre traumatischen Erinnerungen löscht? Wäre gut, oder? Doch was, wenn diese Chips auch das Denken und Handeln anderer Menschen veränderten – und die Steuerung der Chips in den Händen von Leuten „ganz oben“ läge? Was nach Utopie klingt, wird im Roman von Anne Freytag Realität. Allerdings ist die Kontrolle noch nicht flächendeckend. Eine der „Unmanipulierten“ ist Silvie Mankovitz, eine Journalistin, die der Frage auf den Grund geht, warum ihr Bruder zwei Menschen getötet hat. Schon allein die Geschichte an sich ist spannend und mitreißend. Noch genialer wird das Ganze in der Hörbuchversion, in der Herbert Schäfer und Vera Teltz die Erzählstränge gekonnt zusammenführen. Fazit: brisant und beängstigend. „Mind Gap“ von Anne Freytag ist bei USM Audio erschienen, dauert etwa zehneinhalb Stunden und basiert auf der Buchvorlage von dtv.

Sympathisch

Ein Mann verschwindet mit seinem kleinen Sohn. Die Mutter des Kindes ist verzweifelt und bangt um beide. Wie bereits im ersten Hörbuch der Hanna Duncker-Reihe ermitteln auch in „Finsterhaus“ die sympathische Hanna mit ihrem Partner Erik Lindgren. Die beiden stoßen auf die Tochter des Mannes aus einer früheren Beziehung und fragen sich, ob sie etwas mit der Sache zu tun haben könnte. Gut gemacht ist, dass nicht nur Simone Kabst die Geschichte erzählt: Mit Steffen Groth bekommt auch der verschwundene Mann eine Stimme. Fazit: ein packendes Hörbuch, das neugierig auf Fortsetzungen macht. Nach dem kürzlich erschienenen „Dunkelwald“ ist für Frühjahr 2024 mit „Nebelstunde“ bereits der vierte Band der packenden Krimi-Serie angekündigt. „Finsterhaus“ von Johanna Mo ist bei Random House Audio erschienen, dauert etwa neun Stunden und basiert auf der Buchvorlage von Heyne.

Meisterhaft

In „Der Buchhändler“ schaut Petra Johann aus unterschiedlichen Perspektiven auf eine Kleinstadt, in der ein Mädchen spurlos verschwunden ist. Wo befindet sich das Kind, wer hat es entführt oder wurde es umgebracht? Wie der Titel verrät, spielt der erst kürzlich zugezogene Buchhändler eine zentrale Rolle. Die Autorin beschreibt ihn eindringlich-prägnant und auch die beiden Ermittlerinnen zeichnet sie mit feinen Charakterzügen. Dass die Geschichte in der Hörbuchfassung total fasziniert, liegt aber nicht nur an der herausragenden Erzählkunst von Petra Johann, sondern auch an dem Sprecher Tetje Mierendorf. Ihm gelingt es vortrefflich, der Geschichte und der Gefühlslage aller Beteiligten den genau richtigen Ton zu verleihen. Fazit: zutiefst traurig, überraschend und erschütternd; ein Meisterwerk. „Der Buchhändler“ von Petra Johann ist bei Steinbach sprechende Bücher erschienen, dauert etwa zwölf Stunden und basiert auf der Buchvorlage von Rütten & Loening.