So harmonisch lief eine Runde zwischen Feuerwehrleuten, Gemeinderäten und Bürgermeister in Aichtal wohl schon lange nicht mehr ab: Im Feuerwehrmagazin in Aich plaudern und lachen die Anwesenden, als hätte es nie Streit zwischen Feuerwehr und Stadt gegeben. „Es ist, als wäre man in einer komplett neuen Welt aufgewacht“, fasst es Bauamtsleiter Matthias Hirn zusammen: „Man grüßt sich sogar wieder.“
Noch vor wenigen Monaten ist man sich aus dem Weg gegangen. Im Sommer 2024 wurde die Mediation zwischen Stadtverwaltung, Gemeinderat und Feuerwehr für gescheitert erklärt. Bürgermeister und Feuerwehrleitung weigerten sich, miteinander zu sprechen. Der Streit um die Zusammenlegung der drei Feuerwehrabteilungen in einem neuen Feuerwehrhaus endete in einer öffentlichen Schlammschlacht und dem Rücktritt der Feuerwehrführung.
Man hat sich wieder lieb, so die Botschaft, die bei der kurzfristig einberufenen Pressekonferenz rübergebracht werden sollte. Seit dem Scheitern der Mediation habe die Bevölkerung wenig darüber erfahren, wie es zwischen Stadt und Feuerwehr läuft. Dies wolle man ändern, sagte Bürgermeister Sebastian Kurz. Mit der Wahl einer neuen Feuerwehrspitze im Dezember wagte man einen Neuanfang. Die Gespräche zwischen Stadt und Rettungskräften wurden wieder aufgenommen – und es läuft gut, sind sich die Akteure einig. „Wir haben bei der Feuerwehr einiges umgestellt“, sagt der neue Kommandant Corvin Steindl. Statt drei Stellvertretern gibt es nur noch zwei: Markus Bader und Michael Leich. Auf eine strenge Hierarchie wird verzichtet. „Wir treten als Team auf. Jeder hat sein Fachgebiet“, so der 21-jährige Steindl.
Wehr soll voll einsatzfähig sein
„Die personelle Situation hat sich stabilisiert“, ergänzt der stellvertretende Kommandant Bader. Im Zuge des Streits war Anfang 2024 von mehr als 30 Feuerwehrleuten die Rede, die sich haben freistellen lassen. „Es ist wichtig, dass die Bevölkerung weiß, dass wir zu jedem Zeitpunkt eine voll einsatzfähige Feuerwehr hatten und haben“, sagt Markus Czech, der zum neuen Pressesprecher der Feuerwehr Aichtal ernannt wurde, unter anderem um die Zusammenarbeit mit den Medien zu verbessern.
Viele Themen gebe es innerhalb der Mannschaft aufzuarbeiten, sagt Steindl. „Es ist nicht alles spurlos an uns vorbeigegangen.“ Aktuell habe man die Feuerwehr aber wieder in ruhiges Fahrwasser geführt. Der Schlüssel dazu: Eine bessere Kommunikation zwischen Stadt und Feuerwehr. Jede Woche sei man miteinander im Austausch, vor allem per E-Mail oder telefonisch. Auch zwischen Gemeinderat und Feuerwehr sei die Kommunikation „sehr gut“, sagt Stadträtin Pia Schwarz (CDU/BLA). Sowohl Bürgermeister als auch Feuerwehrvertreter zeigen sich einsichtig, sprechen immer wieder von Fehlern, aus denen man lernen möchte.
Dazu gehören auch Fehltritte Einzelner, die in der Vergangenheit zusätzlich Unruhe in die Feuerwehr gebracht haben. Besonders der Skandal um Nazi-Parolen, die ein Feuerwehrmann auf offener Straße in Aichtal skandierte, machte Schlagzeilen. Wie geht man in Zukunft mit solchen Fällen um? „Wir verurteilen so ein Verhalten aufs Schärfste und wollen so etwas nicht“, sagt Kommandant Steindl. Sein Stellvertreter Bader spricht von einem „Ausrutscher“ des Feuerwehrmitglieds. „Sollte so etwas noch mal passieren, wird es keine zweite Chance mehr geben“, sagt Bader. Auch die Budgetüberschreitungen (Buchung eines Vier-Sterne-Hotels für einen Wettkampf für die Feuerwehr und für Personen, die nicht zur Feuerwehr gehören) habe man aufgearbeitet, sagt Kurz und versichert, dass keine Steuergelder durch die Feuerwehr verschwendet werden.
Feuerwehrhaus ausgeklammert
Der neue Frieden ist unter anderem auch deshalb möglich, weil das schwierigste Thema aktuell auf Eis liegt: das neue Feuerwehrhaus und eine mögliche Zusammenlegung der Abteilungen. Man möchte es ruhig angehen lassen. „Wir müssen aus diesem Thema den Druck rausnehmen“, sagt Stadtrat Jörg Kimmich (FUW). „Wir wissen, dass die Zeit drängt“, sagt der stellvertretende Kommandant Bader. „Aber wir müssen die Kameraden mitnehmen. Viele hängen an ihren Feuerwehrmagazinen.“ Man wolle jetzt versuchen, die Feuerwehrangehörigen „mit Fingerspitzengefühl auf kameradschaftlicher Ebene anzunähern“, so Bader.
Doch das Thema Feuerwehrfusion hängt wie ein Damoklesschwert über dem neuen Frieden. 2023 urteilte die Unfallkasse, dass für die Feuerwehrleute im Magazin in Grötzingen „Gefahr für Leib und Leben“ besteht. Wie lange kann man das Thema Feuerwehrhaus noch ausklammern? „Wir sind im Austausch mit der Unfallkasse“, sagt Kurz. Großen Zeitdruck habe man aktuell nicht. „Es kann sein, dass wir Ende dieses Jahres darüber sprechen oder vielleicht auch erst nächstes Jahr.“ Steindl ergänzt, man habe die Situation in allen drei Feuerwehrmagazinen verbessert. Gefahr bestünde keine.