Weilheim und Umgebung
Hepsisau hat wieder einen Kuckuck

Wahrzeichen Am Rathaus thront eine neue Skulptur. Sie ersetzt den Vogel, der auf rätselhafte Weise verschwunden ist. Von Bianca Lütz-Holoch

Da sitzt er, direkt unter der schmiedeeisernen Lampe. Den Schwanz hat er in die Höhe gereckt, seine Füße ruhen auf einem kleinen Ast. „Der Kuckuck ist wieder da“, freut sich Jürgen Schumann - auch wenn es in Wirklichkeit nicht der alte Vogel ist, sondern ein ganz neues, kunstvolles Exemplar aus dem Atelier des Bissinger Bildhauers Winfried Tränkner. „Ich bin glücklich, dass wir wieder einen Kuckuck haben“, sagt Schumann und spricht damit wohl vielen Hepsisauern aus der Seele.

Rund 70 Jahre lang hat ein Kuckuck über der Lampe an der Eingangstür zum Hepsisauer Rathaus gehangen. Georg Kauderer, ein Schmied aus dem Dorf mit Werkstatt in Mettingen, hatte ihn nach dem Krieg zusammen mit seinem Sohn geschmiedet. 2016 ver­schwand das Tierchen dann auf rätselhafte Weise, quasi über Nacht. Jürgen Schumann entdeckte den Verlust, stellte Nachforschungen an und befragte die Nachbarn - ohne Erfolg. „Damals wurde ja des Rathaus renoviert, das Gebäude war eingerüstet, und es gingen ständig Handwerker ein und aus“, erinnert er sich.

Für ihn stand schnell fest: Hepsisau braucht einen neuen Kuckuck. „Mein Vater war 30 Jahre lang Bürgermeister hier“, erzählt Jürgen Schumann. Als Kind hat er im Rathaus gewohnt und ist auch dort zur Schule gegangen: „Ich habe den Kuckuck also jeden Tag vor Augen gehabt.“

Aber es geht längst nicht nur um eine persönliche Sache. Der Kuckuck ist nämlich das Wahrzeichen der Hepsisauer. „Im Schwäbischen haben alle Dörfer ihre Spitznamen“, weiß der Weilheimer Stadtführer Wilhelm Braun, der selbst aus Hepsisau stammt. So sind die Kirchheimer die Haft und Hoka, die Dettinger die Hohlwegrutscher, die Jesinger die Gerstenklopfer - und zu Hepsisau gehört der Kuckuck.

Um die Bedeutung des kleinen Vogels wissend, hat sich auch Wilhelm Braun nach dem Verlust für einen Ersatz-Kuckuck stark gemacht. Er knüpfte den Kontakt zum Bissinger Bildhauer Winfried Tränkner. Der hat jede Menge Erfahrung mit Tierskulpturen. Unter anderem hat er die Brunnenfiguren in Bissingen und Nabern gestaltet - mit Ochsen, Gans und Fisch. Der kleine Kuckuck war für ihn aber etwas Besonderes. „Mein höchstes Anliegen ist es, das Wesen einer Kreatur zu erfassen“, sagt der Künstler. „Ich suche deshalb eigentlich immer Kontakt zu lebendigen Exemplaren. „Dieses Mal war das nicht möglich. „Ich habe noch nie einen lebendigen Kuckuck zu Gesicht bekommen“, bedauert Tränkner. Mit dem Vogel beschäftigt hat er sich trotzdem lange und ausführlich - und ihn bis ins letzte Detail gestaltet, inklusive des charakteristischen gestreiften Bauchgefieders. Gegossen wurde die Bronzeskulptur bei der Kunstgießerei Strassacker in Süßen.

Einen neuen Platz hat der neue Kuckuck übrigens auch: „Er sitzt jetzt unter der Lampe, damit man ihn auch bei Dunkelheit sehen kann“, sagt Hepsisaus Ortsvorsteher Bernhard Heitz.