Zwischen Neckar und Alb
Hier explodieren die Geschmackssinne

Tasting Mit seinem Start-up „RUMproBIERerei“ hat sich der Reichenbacher Markus Schüch einen Traum erfüllt. Er bietet Tastings und Seminare mit Rum, Bier und anderen Leckereien an. Von Matthias Drißner

Fruchtig-süß, hopfig-herb, blumig-frisch, mit tropi­schem Fruchtaroma oder fein ausbalanciert mit malzig-nussigen Tönen – diese Charakterisierungen beschreiben Markus Schüchs neue Welt. „Das Bier hat ein Aroma von karamellisierter Ananas, gebrannten Mandeln und türkischem Honig“, lautet die Beschreibung des Zillertaler Barrique-Biers, das er anbietet. Das Spezialbier wird nach einer kalten Gärzeit in Sherry-Barriquefässern ausgebaut und in Sektflaschen abgefüllt.

Der diplomierte Verwaltungswirt verfolgte beharrlich sein Ziel und bastelte sich mit seinem Start-up ein zweites Standbein, indem er Erfahrungen im Eventbereich mit seiner Leidenschaft für Rum und Bier verknüpfte. Selbst Corona bremste ihn nicht aus, obwohl die Pandemie die Gründung seines Unternehmens erschwerte: Die Ausbildung zum Biersommelier verzögerte sich und anstatt bei Kundinnen und Kunden aufzuschlagen, musste der Kreativmann coronakonform zunächst auf ein Online-Tasting-Format ausweichen.

Etwa fünf bis zehn Personen nehmen an den Verkostungen teil. Welcher Stil infrage kommt, lotet er in einem Vorgespräch aus und verschickt die teils hochprozentigen Proben per Post oder lässt sie abholen. Oft ist es ein Freundeskreis, eine Gruppe von Familienmitgliedern oder eine kleine Firmenabteilung, die das Event buchen. Mit der Freischaltung des von ihm verschickten Onlinelinks wird Schüch in deren Wohnzimmer oder Büro eingeladen.

Bei der Verkostung erzählt er Wissenswertes über die ausgesuchten Bier- und Rumsorten. Er erklärt, warum er bestimmte Kombinationen wählt, wo und wie die Ausgangsstoffe angebaut und die Produkte hergestellt werden. Infos über den Geschmack, die Brauerei oder Destillerie, und Geschichten, die beim Zuhören Spaß bereiten, runden das zwei Stunden dauernde Event ab.

Für Schüch ist das Tasting auch eine „Schulung für Nase und Zunge“. So will der 43-Jährige das Schmecken von Nuancen vermitteln. Wenn es also um das Wiederentdecken verloren gegangener Geschmacksknospen geht, weiß Schüch diese durch eine alle Sinne ansprechende Verkostung wiederzubeleben. Insofern sind diese Reisen in schlummernde Geschmackswelten. Weil inzwischen fast überall künstliche Aromen verarbeitet würden, hätte man praktisch „verlernt, wie Waldmeis­ter oder Maracuja schmeckt“, bedauert der Genussmensch. Doch „Geschmack ist erlernbar“, macht Schüch gleichzeitig Hoffnung.

Glücklich ist der Geschmacks­enthusiast, dass er seine persönliche Leidenschaft für die Produkte und das Thema mit Hintergrundinformationen und Anregungen weitergeben kann. Er erklärt, wie Geschmacksrichtungen mit Herstellungsprozessen zusammenhängen. Und weil Bierbrauen auf dem Acker beginnt, hält Schüch eine Verbundenheit mit dem Anbau der Rohstoffe sowie den Erzeugern für unerlässlich.

Viele außergewöhnliche Sorten

Einige der Brauereien besuchte der Sommelier schon mehrmals. Dabei verschaffte er sich ein Bild, woher Zutaten und Quellwasser kommen und wie sie verarbeitet werden. „Standardbiere“ kauft er frisch ein, länger haltbare Porter- oder Stout-Biere hat er gelagert. Auch Barley Wine, ein in Holzfässern gereiftes, nach Gerstenwein riechendes Starkbier, hat er im Angebot. Geschätzt zähle sein Lagerbestand rund 50 verschiedene und teils außergewöhnliche Sorten an Bier und Rum. Etwa fünf davon wählt er für eine Verkostung aus. Auch seine Destillerien möchte er gerne besuchen – doch da die allermeisten im karibischen Raum beheimatet sind, ist dies wegen Corona zurzeit kaum möglich.

Mit der Kombination von Rum und Bier hat er sich ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen und kann „Kreuzverkostungen“ anbieten. Treffen bestimmte Rumsorten auf spezielle Biere, verstärke dies den Geschmack. Wo süßes Bockbier mit einem herben Rum gepaart werde, da würde auch schon mal eine neue Geschmacksdefinition erfunden. In seinen Verkos­tungen sei eine „Geschmacksexplosion“ durchaus erwünscht. Neugierig und volljährig müssen die Teilnehmenden sein. Das sei alles, was sie mitbringen müssten.

Mit kleinen Dosen zur Probe bringt der Sommelier seiner Kundschaft den respektvollen Umgang mit dem Genussmittel und der Handwerkskunst nahe. Fast schon „homöopathische Mengen“ würden beim Probieren ausreichen. Doch der Spaß soll auf der Geschmackserlebnisreise auch nicht zu kurz kommen. Und da Schüch normalerweise seine Gäste – online oder in Präsenz – aufsucht, müssen diese zumindest nicht mehr mit dem Auto nach Hause fahren. „Bis jetzt geht’s auf“, blickt er auf einen erfolgreichen Start seiner „RUMproBIERerei“ zurück.