Kirchheim. Eigentlich wollte Konditormeister Wolfgang Moser vor eineinhalb Jahren gar keine Lehrlinge mehr ausbilden. Aber dann kamen Mara Beck und Jennifer Lipp. Und sie blieben. Von Anfang an durften sie im Café alles mitmachen – von der Praline bis zur Motivtorte, von der Auftragsarbeit bis zum Verkauf. „Wir konnten alles ausprobieren und uns richtig austoben“, die jungen Frauen.
Während der eineinhalbjährigen Ausbildung hatten sie an der Gewerbeschule Hoppenlau in Stuttgart einmal in der Woche Theorieunterricht, etwa alle zwei Wochen Praxis. Die Konditoren-Ausbildung dauert eigentlich drei Jahre. Dank ihres Abiturs konnten Lipp und Beck die Ausbildungszeit um die Hälfte verkürzen. „Das war schon eine sehr intensive Zeit mit streckenweise sehr wenig Schlaf“, sagen die beiden, die mittlerweile 22 und 25 Jahre alt sind. Sie sind sich einig: Es hat sich gelohnt.
Die frischgebackenen Konditorinnen schätzen traditionelles Handwerk ebenso wie neue Kreationen. Herrentorte, Sachertorte und Punschtorte beherrschen sie aus dem Effeff. „Die Alten kennen’s und die Jungen essen’s auch“, meint Mara Beck. Auch das Herstellen von Eis und Desserts gehört mittlerweile zur Konditoren-Ausbildung, aber auch komplette Menüs. Da Beck und Lipp bis zu ihrer Meister-Ausbildung aufgrund des hohen Andrangs an der Gewerbeschule in Stuttgart mit einer Wartezeit von fünf Jahren rechnen müssen, wollen sie sich selbstständig machen. Ihnen schwebt ein Café vor, auf jeden Fall mit Selbstgebackenem, vielleicht auch mit einem kleinen Mittagsmenü. „Wir sind sehr flexibel und haben viele Ideen“, sagt Jennifer Lipp. Hauptsache die Leute fühlten sich wohl bei ihnen. Für jedes Alter soll etwas dabei sein.
Das Problem: Die Konditorinnen haben bislang noch keinen geeigneten Standort für ihr Vorhaben gefunden. Damit geht es ihnen wie vielen anderen, die einen Ort für ihre Geschäftsidee suchen. Die beiden haben klare Vorstellungen für ihr zukünftiges Café, das seinen Platz auf jeden Fall in der Kirchheimer Innenstadt bekommen soll. „Wir sind auf die Laufkundschaft angewiesen“, meinen Beck und Lipp, die sich zwischen dem Backen von Tortenböden und dem Formen von Zuckerverzierungen viel mit ihrem anstehenden Gewerbe und den Geschäftsbedingungen auseinandergesetzt haben. Bislang war jedes Angebot zu teuer. Auch diese Erfahrung teilen sie mit vielen anderen. „Wir haben doch so viel Leerstand“, sagt Mara Beck. Sie und ihre Kollegin hoffen, dass sie bald einen geeigneten, bezahlbaren Ort für ihr gemeinsames Vorhaben finden werden.
In der Zwischenzeit wollen sie sich unter anderem mit dem Backen von Auftragsarbeiten über Wasser halten. In ihrer Ausbildung konnten sie allerhand Techniken und verschiedene Materialien ausprobieren. Auch wenn es nicht immer so aussieht: Alles auf ihren Torten ist essbar – sei es das Fahrrad aus Marzipan auf der Mountainbike-Torte, das auf einem Kieselsteinweg aus gefärbten Kokosraspeln steht, die Strandtorte mit Sand aus zerbröselten Keksen oder die Zoo-Torte mit dem Affen aus Modellierschokolade. Geübte Hände brauchen für eine Marzipanrose je nach Größe etwa zwei bis drei Minuten; größere und komplexere Figuren natürlich länger. Die wichtigsten Zutaten dabei sind: Zeit, Geduld und die richtige Temperatur.