Lenninger Tal
Hier wird jede Fuge untersucht

Kontrolle Ungeziefer, Schimmelpilz, verdorbenes Fleisch – Lebensmittelkontrolleure nehmen routinemäßig Betriebe unter die Lupe, damit überall auf Hygiene geachtet wird. Von Daniele Haussmann

Michael Weis ist der Mann im weißen Einwegmantel und mit Haarschutz. Er arbeitet beim Landratsamt. Tag für Tag sorgen er und seine Kollegen von der Lebensmittelüberwachung dafür, dass das Essen, das auf den Teller kommt, den Hygienevorschriften entspricht. Ungeziefer, Schimmelpilz oder sogar verdorbenes Fleisch - die Beamten prüfen die Qualität von Nahrungsmitteln in Großbetrieben, Geschäften und Restaurants. Also überall dort, wo Firmen Esswaren herstellen, bearbeiten oder verkaufen.

Heute ist Michael Weis in Unterlenningen unterwegs. Der Verbraucherschützer taucht stets unangemeldet auf - auch bei Doris Salcher. Doch die Bäckerei-Betreiberin lässt sich davon nicht ins Bockshorn jagen. Ganz im Gegenteil: „Verbesserungspotenziale fallen Außenstehenden oft eher auf.“ Michael Weis schaut genau hin. Gemüse, Obst, Wurst, Käse, Milch, Torten - viele Produkte haben einen eigenen Kühlschrank oder ein Kühlfach, in dem sie gut abgedeckt oder in Plastikbehältern lagern. „Das ist wichtig, denn so vielfältig wie die Waren sind, sind auch die Temperaturen, bei denen sie aufbewahrt werden müssen“, sagt Weis. Außerdem sollen über die Luftzirkulation keine Bakterien auf andere Nahrungsmittel übertragen werden.

Kartons können Keime tragen

Deshalb bewahrt Doris Salcher Eier auch in Schüsseln auf. „Gebrauchte Kartons können mit Keimen und Krankheitserregern wie Salmonellen infiziert sein“, klärt Michael Weis auf, der bei seinen Kontrollen immer wieder mal auf die Pappverpackungen stößt.

Anschließend prüft er im Gärraum, wo die Backwaren langsam auftauen und in den frühen Morgenstunden zu backen beginnen, Luftfeuchtigkeit und Temperatur. Im Kreis gibt es etwa 6 600 Betriebe, die 14 Kontrolleure überwachen. Die haben allein 2017 circa 2 400 Proben ins Labor geschickt. „Gravierende Ausreißer gab es nicht“, versichert Dr. Christian Marquardt. Der Leiter der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung betont, dass die Betriebe in Kirchheim und Umgebung gut aufgestellt sind. Das liegt in deren eigenem Interesse: „Keiner will seine Existenz aufs Spiel setzen“.

Das kann durchaus passieren, weil der sogenannte Hygiene-Pranger im Internet rechtskräftig ist. Das hat ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts im März bestätigt. „Verstöße gegen Hygienevorschriften, für die ein Bußgeld von mindestens 350 Euro anfällt, werden sechs Monate - unter Nennung des Betriebs - im Internet veröffentlicht“, so Marquardt. Dass die Firmen existenzgefährdend an den Pranger gestellt werden - diese Gefahr sieht das Verbraucherschutzministerium nicht. Für das Haus von Minister Peter Hauk (CDU) hat die Regelung eine „erhebliche präventive Wirkung“.

Gesetzesverstöße im Lebensmittelbereich gibt es laut der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch in jedem vierten Betrieb. Das fängt bei ungewaschenen Händen an und endet bei der richtigen Kühlung oder Zubereitung, weiß Michael Weis: „Pro Jahr zählen wir ein oder zwei Dutzend Fälle, in denen wir Betreiber auffordern sofort gründlich zu putzen, bevor sie wieder Lebensmittel verkaufen dürfen.“

Weis schaut sich Doris Salchers Arbeitsflächen an, wirft einen Blick in den Ofen, inspiziert den Boden, fährt mit dem Finger über die Fugen - selbst von Mehlstaub fehlt hier jede Spur. Alle Betriebe sind zur Eigenkontrolle verpflichtet. Woher stammen Rohstoffe, Zutaten oder Lebensmittel? Genaue Aufzeichnungen sorgen für Rückverfolgbarkeit und helfen Probleme einzugrenzen. Ob das Kon­trollsystem funktioniert, zeigt sich beim Besuch von Michael Weis, der auch Kosmetika, Tabakwaren, Textilien, Kinderspielzeug und andere Alltagsgegenstände prüft. Zu seinen Kollegen gehören auch acht Veterinäre. Die prüfen neben der Lebensmittelhygiene auch den Tierschutz, die Tiergesundheit und die Tierarzneimittelüberwachung. Michael Weis jedenfalls hat heute nichts zu beanstanden. Er fährt weiter zum nächsten Betrieb, den er unter die Lupe nimmt.

Info Lebensmittelüberwachung erfolgt risikoorientiert. Laut Ministerium gibt es für jeden Betrieb eine individuelle Beurteilung. Sie entscheidet über die Kontrollhäufigkeit, die wöchentlich oder einmal in drei Jahren erfolgen kann. Unter http://verbraucherinfo.ua-bw.de sollen Firmen gelistet werden, die gegen das Lebensmittel- und Futterrecht verstoßen haben. Aktuell liegen die Fälle zur Anhörung noch bei der Staatsanwaltschaft.