Noch nie war es so schwierig wie dieses Jahr.“ Mit diesen Worten läutete Dettingens Bürgermeister Rainer Haußmann seine Haushaltsrede ein. Vor seinem Kämmerer Jörg Neubauer zieht er den Hut. Der musste nicht nur mit roten Zahlen, sondern auch mit einer nicht funktionierenden Software kämpfen. „Das war eine Herkulesaufgabe“, zollte er seinem Mitarbeiter Respekt, um nahtlos zu seinem Kernthema überzugehen: „Seit dem Krieg in der Ukraine macht das Wort Zeitenwende die Runde. Plötzlich gibt es beim Militär einen Paradigmenwechsel – und: Die Genehmigungsfristen für Windräder werden kürzer und der Abstand zur Bebauung geringer, um die Energiewende schaffen zu können. Wenn man will, geht dann alles“, sagte Rainer Haußmann.
Umso mehr ärgert ihn, dass eine weitere Säule völlig außer Acht gelassen wird: der soziale Aspekt. „Uns Kommunen werden hohe Standards auferlegt, die wir in diesem Umfang künftig nicht mehr stemmen können. Es kommen immer mehr Aufgaben hinzu, doch die Finanzausstattung passt nicht mehr zu den hohen Anforderungen“, erklärte er.
Wenn es um die Kinderbetreuung gehe, müsse man sich die Frage stellen: „Was können wir uns noch leisten? Die Nachrichten machen uns Sorgen, wenn Kindergärten – auch im Kreis Esslingen – schließen müssen, weil Personal fehlt. Wir müssen radikal an die Standards ran, denn es kann nicht sein, dass eine Kommune der anderen das Personal abjagt“, kritisierte er. Als unseriös bezeichnete er den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ab 2026, schließlich müssten auch Flüchtlingskinder untergebracht werden. „Null Flexibilität“, stellt er fest und fordert: „Es muss Ballast abgeworfen werden. Dazu gehört auch, dass nicht alles dokumentiert werden muss.“
„Die Pflichtaufgaben gehen nach oben, doch die Einnahmen steigen nicht im gleichen Maß. Wir müssen eine Pause einlegen und notfalls befristet die Gruppen vergrößern. Hier hapert es noch mit der Zeitenwende. In Baden-Württemberg haben wir den höchsten Standard“, sagte Rainer Haußmann. Dettingen habe seine Hausaufgaben frühzeitig angegangen. Es gebe keinen Kita-Notstand, weil rechtzeitig und bei guter Finanzlage der Gemeinde ordentlich Geld in die Hand genommen wurde. Aktuelles Beispiel: Dieses Jahr wird ein weiteres Holzhaus für den Naturkindergarten gebaut, um eine zweite Gruppe eröffnen zu können.
Die Kritik riss nicht ab, als Rainer Haußmann auf das Haushaltssystem Doppik zu sprechen kam, das „in den 90ern erfunden“ wurde. Wegen der Abschreibungen würden die Kommunen in den nächsten Jahren rote Zahlen schreiben. „Der Begriff der Nachhaltigkeit sollte nicht nur ökologisch, sondern auch sozial gesehen werden. Mit der Doppik wird aber alles nur betriebswirtschaftlich betrachtet“, bemängelt der Schultes.
Aus diesem Grund seien die Projekte, die die Gemeinde für die kommenden Jahre plant, überschaubar. „Die Kommunen verreißt es bald. Wir müssen von den Standards runter, weil das Personal nicht da ist. Der Rechtsanspruch muss verschoben werden. Wir können es in dieser Zeit nicht leisten – weil wir ein massives Abgabesystem haben“, sagte Rainer Haußmann.
Kämmerer befürchtet Einbruch
Das Stichwort Zeitenwende nahm Dettingens Kämmerer Jörg Neubauer von seinem Chef Rainer Haußmann auf. „Wir möchten alles für unsere Bürger machen – aber dauerhaft sind wir damit überfordert“, machte er den Ernst der Lage gleich zu Beginn seiner Haushaltspräsentationen deutlich. Dank guter Zahlen in der Vergangenheit, die sprudelnden Steuereinnahmen zu verdanken sind, sei Dettingen für 2023 gerettet. Jörg Neubauer befürchtet jedoch einen Einbruch. „Wir müssen an einen Betrieb rund 760 000 Euro Gewerbesteuer zurückzahlen“, verdeutlichte er die Dimensionen.
Der Kämmerer rechnet damit, dass die Wirtschaftsentwicklung dieses Jahr bestenfalls stagniert und 2024 leicht nach oben geht. Er erinnerte an die laufenden Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst. 10,5 Prozent mehr Gehalt wird gefordert. „Unsere Personalkosten belaufen sich jetzt auf fünf Millionen Euro, 2022 waren es noch 4,5 Millionen Euro. Die Richtung geht stark nach oben. Das ist mein 15. Haushalt in Dettingen – damals beliefen sich die Personalkosten auf 1,9 Millionen Euro“, erklärte er. Eine Selbstverständlichkeit für ihn: seinen Kolleginnen und Kollegen jeden Cent zu gönnen.
Dank der bisherigen stabilen Steuereinnahmen steht sein Haushaltsplan „auf einer einigermaßen soliden Basis“. Ernüchternd sind die Zahlen trotzdem. Das ordentliche Ergebnis liegt bei rund minus 1,95 Millionen Euro. Rote Zahlen gibt es auch im Finanzhaushalt – Laufende Verwaltungstätigkeit: „Da liegen wir bei ,nur‘ 777 000 Euro“, sagte der Kämmer mit leichter Ironie. Im Investitionsprogramm steht ein Plus von sechs Millionen Euro, hier ist die Sanierung des Bauhofs mit rund 1,5 Millionen Euro der größte Batzen. Die Abschlussfinanzierung der Teckschule beläuft sich auf 700 000 Euro, die Fertigstellung der Mensa nähert sich ihrem Ende. Von 2017 bis 2023 investierte Dettingen in die Sanierung der Teckschule 9,3 bis 9,4 Millionen Euro. Neue Kredite nimmt Dettingen in Höhe von 2,6 Millionen Euro auf, sodass der Schuldenstand zum Jahresende 5,54 Millionen Euro beträgt. Das entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung in Dettingen von 886 Euro.
Die größten Investitionen in Dettingen (in Euro)
Sanierung Bauhof: 1 520 000
Umbau Teckschule: 700 000
Tiefbauprogramm: 585 000
Ausbau Breitband: 427 000
Öffnung Jauchertbach: 400 000
Sanierungsgebiet: 320 000
Anschlussunterbringung: 280 000
Neuer Friedhof: 230 000
Freiwillige Feuerwehr: 223 000
Naturkindergarten: 220 000
Feldweg Käppele: 206 000
Maschinen Bauhof: 119 500
Feldweg Modellflieger: 105 000