Wendlingen. Unbeschwert lächelt das kleine Mädchen auf dem Schoß des Soldaten in die Kamera. Mit den Fingern macht es Siegeszeichen. Ein Filmteam zeichnet die unwirkliche Szene an der Frontlinie der Stadt Mossul im Norden des Irak auf. Strahlende Gesichter der Menschen in der Szenerie aus Trümmern und Draht verleihen der Fotografie von Konstantin Flemig etwas Unwirkliches. Mit diesem Bild bringt der junge Künstler den grausamen Alltag der Menschen im Krieg beklemmend auf den Punkt. Das Mädchen lebt in seiner eigenen Welt. Daneben schlagen Bomben ein. „Vor den Augen der Welt. Hinter den Kulissen der Kriegsfotografie“ heißt die Ausstellung, die noch bis 8. Mai in der Galerie der Stadt Wendlingen zu sehen ist.
„Mir geht es darum, den Alltag der Menschen im Krieg zu zeigen“, sagt der Kriegsfotograf Konstantin Flemig. Mit seinen Tattoos und dem kahlen Kopf wirkt der 33-Jährige auf den ersten Blick hart. Wenn er von seinen Begegnungen mit den Kriegsopfern erzählt, werden seine Gesichtszüge ganz weich. Sich in die Menschen einzufühlen und ihre Gedanken zu verstehen, das motiviert den jungen Fotografen, sich jeden Tag aufs Neue in Gefahr zu begeben. Bei der Ausstellung in der Wendlinger Galerie sind Bilder zu sehen, die berühren.
Doch damit bedient der junge Fotograf und Dokumentarfilmer eine Nische. In seinem Film „BilderKrieg“, den er 2016 für das SWR-Fernsehen gedreht hat, begleitet er den jungen Kriegsreporter Benjamin Hiller, der für ihn zu einem Mentor geworden ist. Der Dokumentarfilm ist im Untergeschoss der Wendlinger Galerie zu sehen. Damit gewann Flemig unter anderem den Hollywood International Independent Award.
Was hat Flemig nach dem Studium an der Deutschen Journalistenschule in München und an der Filmakademie in Ludwigsburg dazu bewogen, als Kriegsreporter zu arbeiten? „Das schreckliche Gesicht des Krieges zu zeigen“, sagt der Fotograf da ganz spontan. Wer mit Flemig spricht, spürt, dass er durch und durch ein Profi ist. Seine Fotografien, die größtenteils in Schwarz-Weiß gehalten sind, sind alles andere als reißerisch. Dem jungen Mann, der tagtäglich sein Leben in den Kriegsgebieten riskiert, ist es wichtig, mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Angesichts des Kriegs in der Ukraine ist die Ausstellung des Galerievereins Wendlingen aktueller denn je. „Wir mussten sie wegen der Corona-Pandemie immer wieder verschieben“, sagt der Vorsitzende Rolf Körber. „Wenige wissen, dass in der Ukraine schon lange Krieg ist“, sagt der Kriegsreporter. Da hatte er bereits mehrere Einsätze. Nicht nur zerbombte Häuser sind in einem Raum der Kunstvilla in der Wendlinger Weberstraße zu sehen. Ein Bild zeigt einen Fotografen, der ein Selbstporträt von sich in den Händen hält. Elisabeth Maier
Info Die Galerie Wendlingen in der Weberstraße 2 ist mittwochs bis samstags von 15 bis 18 Uhr geöffnet, sonntags von 11 bis 18 Uhr.
Eine Begleitveranstaltung zur Ausstellung in der Wendlinger Galerie „Vor den Augen der Welt“ (siehe Artikel oben) findet am Samstag, 9. April, um 19 Uhr statt. Der syrische Pianist Aeham Ahmad und der Fotograf Konstantin Flemig reflektieren ihre Kriegserfahrungen in Musik und in Bildern. Karten gibt es im Vorverkauf in der Bücherei Wendlingen oder an der Abendkasse. Die Veranstaltung findet in Wendlingen im Treffpunkt Stadtmitte, Am Marktplatz 4 statt. eli