Weilheim · Lenningen · Umland
Hirschmann Car Communication in Neckartenzlingen funkt wieder in eigener Regie

Übernahme Der Neckartenzlinger Spezialist für Sende- und Empfangssysteme in Fahrzeugen hat mit der chinesischen USI-Gruppe einen neuen Inhaber und tritt nun wieder eigenständig am Markt auf. Von Henrik Sauer

Von der Straße aus gut zu erkennen ist auf dem Hirschmann-Gelände das Radom. In der wie ein Fußball gestalteten Kuppel macht HCC seine Antennen-Messungen.  Foto: Jürgen Holzwarth

Die Frage, wie es sich anfühlt, nun einen chinesischen Eigentümer zu haben, beantwortet Geschäftsführer Dirk Wendt diplomatisch so: „Wir sind Teil eines globalen Unternehmens.“ Seit Oktober vergangenen Jahres gehört Hirschmann Car Communication (HCC) nicht mehr zur schweizerisch-amerikanischen Unternehmensgruppe TE Connectivity, sondern ist nun Teil des nach eigenen Angaben weltweit führenden Design- und Produktionsdienstleisters für die Elektronikbranche USI mit Hauptsitz in Schanghai.

Er sehe den Wechsel sehr positiv, sagt Wendt. Unter USI könne HCC wieder eigenständig am Markt agieren: „Es werden Strukturen wieder aufgebaut, die unter TE in der Gruppe abgebaut worden sind.“ Man trete wieder unter eigenem Namen auf. Zugleich biete der neue Eigentümer viele Synergien, so zum Beispiel beim Einkaufsvolumen oder bei den Produktionsstätten: „Mit USI haben wir eine Fertigung in jeder Weltregion anzubieten.“

TE Connectivity hatte Hirschmann Car Communication im Juni 2017 gekauft. Dass man dort jetzt nach einem neuen strategischen Partner für das Neckartenzlinger Unternehmen suchte, hat für Wendt auch damit zu tun, dass HCC die Erwartungen an die Gewinnmargen nicht habe erfüllen können. „Wir beliefern als Systemlieferant direkt die Automobilindustrie. Das heißt aber auch, dass unsere Kunden sehr hart verhandeln.“ Hinzu komme, dass Corona und die Ukraine-Krise die Situation für HCC erschwert hätten: „Wir hatten schwere Zeiten. Man muss deshalb auch sagen, dass wir diese drei Jahre ohne TE nicht überstanden hätten.“

USI, die Abkürzung steht für Universal Scientific Industrial, ist eine an der Börse in Schanghai gelistete Aktiengesellschaft. Das Unternehmen bietet als Leis­tungsspektrum Design, Miniaturisierung, Materialbeschaffung, Fertigung, Logistik und Kundendienst für elektronische Geräte und Module für Markeninhaber und zählt weltweit zu den zehn größten Auftragsfertigern auf diesem Gebiet. 2022 wurde mit 24 000 Mitarbeitern ein Umsatz von 10,1 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet (etwa 9,3 Milliarden Euro). USI wurde 1976 in Taiwan gegründet, chinesisch wurde es erst nach einem Eigentümerwechsel.

USI hat weltweit 28 Fertigungsstandorte, in Amerika, Asien, Afrika und Europa. Den Schwerpunkt bildet mit 16 Standorten Europa. Dazu gehören nun auch die HCC-Standorte in Neckartenzlingen und im ungarischen Békéscsaba, wo Hirschmann Car Communication seine lohnintensive Fertigung ausgelagert hat. In Neckartenzlingen werden die komplexeren Produkte und die bestückten Leiterplatten produziert. Hirschmann Car Communication entwickelt und produziert mobile Sende- und Empfangslösungen für Fahrzeuge wie Antennen, Verstärker und Infotainment-Systeme und sieht sich hier als weltweiter Vorreiter. Unter den neuen Eigentümern habe man nun wieder die Möglichkeit, mitzureden, sagt Dirk Wendt: „Sie sagen, ihr kennt euer Geschäft am besten, und deshalb seid ihr dafür verantwortlich.“

Im Rahmen des Verkaufs seien keine Arbeitsplätze abgebaut worden. „Wir sind auch weiterhin Mitglied im Metall-Tarifverband“, sagt Wendt. HCC beschäftigt gut 1100 Mitarbeiter, davon über 700 in Ungarn und etwa 350 in Deutschland. In Neckartenzlingen sind es rund 300 Beschäftigte, darunter gut 100 in der Entwicklung und knapp 100 in der Produktion.

Mit der wiedergewonnenen Eigenständigkeit wird auch das Logo von Hirschmann Car Communication zurückkehren. Das doppelte C mit dem Hirschgeweih war während der Zugehörigkeit zum vorherigen Eigentümer nicht mehr verwendet worden.

Die Geschichte der Firma Hirschmann

Hirschmann Car Communication ging aus der ehemaligen Hirschmann-Gruppe hervor, die 1924 von Richard Hirschmann in Esslingen gegründet worden war. Seit Ende der 90er-Jahre hat das Unternehmen einige Eigentümerwechsel hinter sich. 1997 hat Rheinmetall Hirschmann übernommen. Der Düsseldorfer Konzern verkaufte das Unternehmen 2004 an den englischen Investor Hg Capital. Dieser zerlegte Hirschmann unter anderem in die beiden heute noch existierenden Gesellschaften Hirschmann Automation and Control (HAC) und Hirschmann Car Communication (HCC), die beide in Neckartenzlingen ihren Sitz haben. Die dritte Gesellschaft Hirschmann Multimedia Electronics, in der die Antennen-Technik angesiedelt war, wurde 2005 an das dänische Unternehmen Triax verkauft. Triax meldete 2023 Insolvenz an. Hirschmann Car Communication wurde 2007 von den Geschäftsführern Viktor Schicker, Reinhard Sitzmann, Ludwig Geis und Joachim Brandes gekauft und wurde dadurch wieder eigenständig, während HAC im selben Jahr von der US-amerikanischen Belden-Gruppe übernommen wurde, zu der es noch heute gehört. Hirschmann Car Communication wurde noch dreimal weiterverkauft, 2012 an Voxx International und 2017 an die schweizerisch-amerikanische TE-Connectivity-Gruppe. Seit Oktober 2023 gehört HCC nun zu USI. nz