Zwischen Neckar und Alb
Hochschule träumt vom Neckar Valley

Forschung In Esslingen soll ein Innovationszentrum mit dem Schwerpunkt Elektromobilität entstehen. Von Melanie Braun

Neue Antriebssysteme, alternative Formen der Mobilität und Digitalisierung: Die Automobilindustrie als Motor der Region Stuttgart ist einem tief greifenden Wandel unterworfen. Das wirkt sich auch auf die Esslinger Hochschule mit ihrem Schwerpunkt Maschinenbau und Fahrzeugtechnik aus. Um am Puls der Zeit zu bleiben, will diese nun ein Innovationszentrum aufbauen - und zwar so schnell wie möglich. Eine konkrete Option steht schon im Raum.

Die Zeit drängt: „Der Bedarf wird von außen stark an uns herangetragen“, sagt Walter Czarnetzki, Prorektor für Forschung und Transfer. Gerade im Bereich der Elektromobilität träten viele Firmen mit der Bitte um Kooperation an die Hochschule heran, weil sie keine eigenen Kapazitäten für Forschung und Entwicklung haben. Und auch für die Hochschule werde die Zusammenarbeit mit Unternehmen immer wichtiger. „Das völlig Neue ist, dass wir gemeinsam neue Fachgebiete entwickeln müssen“, sagt Czarnetzki. Denn den Studiengang Elektromobilität habe es bislang nicht gegeben. Doch gerade in diesem Bereich könne man jetzt nicht jahrelang auf neue Infrastruktur warten, denn die Entwicklung laufe auch in anderen Regionen der Welt auf Hochtouren. „Wir sehen einen Bedarf, der sofort gedeckt werden muss.“

Suche nach Interimsquartier

Deshalb schaut man sich derzeit intensiv nach einem Standort für ein Innovationszentrum mit Büros, Laboren und Testeinrichtungen um. Eine Erweiterungsfläche der Hochschule hat man dafür zwar schon länger im Visier: Das Knäbel-Areal neben dem Merkel’schen Bad. Doch bis hier Konzept und Neubau stehen, dürften mehrere Jahre ins Land gehen. Deshalb ist man derzeit auf der Suche nach einem Interimsquartier - möglichst in Esslingen und Umgebung, zumindest aber im Landkreis. Dabei steht die Hochschule nicht allein mit ihrem Ansinnen: Man sei in regem Austausch mit Stadt, Kreis, Land und Industrie sagt Czarnetzki.

Und es gibt auch schon eine Option: Die Hallen des ehemaligen Eisenbahnausbesserungswerks (EAW) an der Rennstraße. „Wir sind in konkreten Gesprächen mit dem Investor“, sagt Czarnetzki. Hier könne man sich Büros und Testlabore vorstellen. Vor allem Letzteres sei wichtig. Man habe zwar bereits virtuelle Transferplattformen, auf denen Ideen ausgetauscht würden. „Aber bei uns geht es ganz stark darum, Ideen in Hardware umzusetzen und dann auch zu testen.“ Eine Innovation sei schließlich nicht nur eine Erfindung, sondern auch deren reale Umsetzung. Auf dem EAW-Gelände verspricht man sich gute Rahmenbedingungen dafür. Denn es handelt sich um eine reine Industriefläche mit wenig Vorgaben, was Lärm und Emissionen betrifft.

Allerdings könne die Hochschule die rund 16 000 Quadratmeter auf dem EAW-Gelände voraussichtlich nicht allein bespielen. Denkbar wäre aber eine gemeinsame Nutzung mit Firmen oder Gründern. Inhaltlich soll der Fokus zwar vor allem auf der Elektromobilität liegen, aber nicht nur. Auch in anderen Bereichen - etwa beim Thema Industrie 4.0 - will man sich nicht abhängen lassen und setzt auf Wissenstransfer und anwendungsfreundliche Lösungen. Auch bei der E-Mobilität sei man nicht auf den Batterieantrieb allein festgelegt. Man dürfe etwa die Wasserstofftechnik nicht vergessen, betont Czarnetzki. „Das Auto der Zukunft wird ein hybrides sein, angetrieben vermutlich mit einer Kombination aus Batterie und Brennstoffzelle“, glaubt er.

Doch egal, wie der Antrieb der Zukunft aussieht: Damit die Industrie in der Region bei diesem vorn dabei sein kann, brauche man das Innovationszentrum. Dieses sieht Czarnetzki - ebenso wie Ralf Wörner, Leiter des Instituts für nachhaltige Energietechnik und Mobilität der Hochschule - allerdings nur als Auftakt für eine innovationsfreundliche Umgebung: „Analog zum Silicon Valley können wir uns hier das Neckar Valley als großes Testlabor vorstellen.“

Positive Resonanz

Doch davon ist man noch weit entfernt. Bis zum Frühjahr will man erstmal die Optionen für einen Interims-Standort des Innovationszentrums sondieren. Bis das neue Quartier nutzbar ist, dürften weitere Monate verstreichen - auch die EAW-Hallen müssten zunächst renoviert und ertüchtigt werden, sollte man sich hier mit dem Investor einigen. Mit Landesmitteln ist laut Ralf Wörner ohnehin frühestens 2020 zu rechnen - er geht von Kosten im sechs- bis siebenstelligen Bereich aus.

Derweil sieht man das Projekt bei Stadt und Land positiv. Man stehe den Plänen aufgeschlossen gegenüber, sie passten gut zu Hochschule und Region, heißt es etwa vom Wissenschaftsministerium. Der städtische Wirtschaftsförderer Marc Grün sagt: „Wir begleiten die Hochschule aktiv.“ Derzeit sei man im Gespräch darüber, wie sich die Stadt einbringen könne. Vor allem die Gründungsförderung sei dabei ein wichtiges Feld. Dazu werde man ohnehin in den nächsten Wochen ein neues Konzept präsentieren. Inwiefern dieses in ein Innovationszentrum integriert werden kann, müsse sich dann zeigen.