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Hotel Erbschenk: Nachmieter oder Zwangsversteigerung

Immobilie Die Eigentümer des Hotels Erbschenk sind in finanzieller Schieflage. Im Erdgeschoss des Gebäudes war bis Ende 2023 eine Filiale des Kirchheimer Sportartikelhändlers Intersport Räpple. Von Philip Sandrock

Nicht wirklich ein optisches Highlight in Wendlingens Stadtmitte: das Hotel Erbschenk.  Foto: Philip Sandrock

Seit dem Jahreswechsel hat die Filiale von Sport-Räpple geschlossen: Der Laden in der Unterboihinger Straße ist verwaist. Auf das Sportgeschäft weisen nur noch die Schriftzüge in den Schaufenstern hin und ein Schild, mit dem sich das Unternehmen bei seinen Kunden bedankt. „Danke Wendlingen“ steht in großen Lettern darauf, und dann darunter, in welchen Filialen des Unternehmens die Wendlinger weiterhin Sport- und Outdoorartikel kaufen können.

 

Für uns ist das nach wie vor ein wichtiges Gebäude für die Stadtentwicklung.
Ursula Vaas-Hochradl
Fraktionsvorsitzende der Grünen im Wendlinger Gemeinderat
 

Im vergangenen Herbst hatte der Vermieter dem Sportartikelhändler den Mietvertrag gekündigt. Im September begründete der Ehemann der Eigentümerin die Kündigung des langjährigen Mietvertrags damit, dass das Gebäude möglicherweise verkauft werden solle. Wegen des Zustands des Gebäudes sei es am wahrscheinlichsten, dass ein möglicher Käufer die Immobilie entweder komplett saniert oder abreißt und durch einen Neubau ersetzt – deshalb seien vorsorglich alle Verträge gekündigt worden. Das betreffe auch das familieneigene Hotel. Denn der Eigentümerfamilie sind durch eine offene Steuerforderung finanziell die Hände gebunden. Gegen die Eigentümer ist ein Insolvenzverfahren beantragt worden.

Zwangsversteigerung im Mai

Deshalb steht die gesamte Immobilie derzeit vor der Zwangsversteigerung beim Amtsgericht Esslingen. Am 15. Mai soll das Gebäude an den Meistbietenden veräußert werden – wenn die Eigentümerin bis dahin nicht ihre offenen Forderungen begleichen kann.

Zwei Posten sind in einem Online-Portal aufgeführt: Das Ladengeschäft im Erdgeschoss mit rund 557 Quadratmetern Verkaufsfläche wird zum Verkehrswert von 755 000 Euro angeboten. Das Hotel mit 28 Zimmern im 1., 2. und 3. Obergeschoss, Spielhalle im 1. Stock und die Parkplätze in der Tiefgarage und im Freien wird potenziellen Bietern ab 905 000 Euro präsentiert.

Nach Ansicht der Eigentümerfamilie ist das viel zu niedrig angesetzt. Das Objekt sei ein Vielfaches davon wert, sagt der Mann der Eigentümerin. Ihm sei dafür schon das Dreifache geboten worden. Aber man wolle ja gar nicht verkaufen, sondern versuche weiterhin, die Forderung des Finanzamts auf andere Weise zu begleichen. Bereits früher habe man versucht, eine Immobilie in Pforzheim zu verkaufen. Doch dort habe es Verzögerungen mit einem Förderkredit gegeben, weshalb das Geschäft bis heute nicht abgewickelt sei. Parallel versuche die Eigentümerfamilie derzeit einen Nachmieter für den Laden zu finden. „Wir haben einen namhaften Filialisten in Aussicht“, sagt er. Welchen, wolle er noch nicht verraten. Er sei zuversichtlich, die Zwangsversteigerung noch abwenden zu können.

Der Insolvenzverwalter der Eigentümerin gibt keine weiteren Informationen zum laufenden Fall. Zuständig ist ein Mitarbeiter der Rechtsanwaltskanzlei des bekannten Insolvenzverwalters Michael Pluta. Die Kanzlei gibt sich wortkarg: Weil das Verfahren bisher nicht eröffnet sei, könne man derzeit keine weiteren Details mitteilen, so ein Sprecher des Unternehmens.

Stadt soll mitbieten

Inzwischen beschäftigt das Thema auch die Kommunalpolitik: Die Gemeinderatsfraktion der Grünen hatte im Zuge der Haushaltsplanung einen Antrag gestellt, dass die Stadt einen möglichen Kauf des Hotels Erbschenk prüfen solle. Der Antrag wurde allerdings nichtöffentlich im Gemeinderat diskutiert. Der Antrag der Grünen sei unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt worden, weil es dabei unter anderem auch um persönliche Dinge des Eigentümers gegangen sei, betont Wendlingens Bürgermeister Weigel. Die Stadt wisse von der Zwangsversteigerung, beabsichtige aber derzeit nicht mitzubieten, so der Bürgermeister. Doch das gebe nur den aktuellen Stand wieder, fügt Weigel hinzu. Und der könnte sich durch eine Abstimmung des Gemeinderats ändern: Durch die anberaumte Zwangsversteigerung habe sich der Antrag ihrer Fraktion quasi überholt, sagt die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ursula Vaas-Hochradl. „Für uns ist das nach wie vor ein wichtiges Gebäude für die Stadtentwicklung“, betont sie. Deshalb möchten die Grünen nun beantragen, dass die Stadt bei der Zwangsversteigerung am 15. Mai mitbieten soll. Schon 1999 beim letzten Verkauf dieser Immobilie habe die Stadt die Chance vertan, das Gebäude zu erwerben. „Wir wollen nicht, dass sich das wiederholt“, so die Fraktionschefin.