Zwischen Neckar und Alb
Hundebabys illegal auf Ebay verkauft

Tierschutz Der unerlaubte Handel mit ungeimpften Welpen aus dem Ausland blüht. Im Landkreis Esslingen ist nun ein Fall aufgedeckt worden. Von Simone Weiß

Große Augen, tapsige Bewegungen, niedliches Aussehen – Hundebabys sind zum Knuddeln süß. In Coronazeiten boomt die Nachfrage nach Welpen. Jana Hoger von der Tierschutzorganisation Peta spricht von „einer Million mehr Haustieren in deutschen Haushalten als im Vorjahr“. Auch der illegale Handel mit den Tieren blüht. Nun wurde ein Fall mit Auswirkungen auf den Kreis Esslingen aufgedeckt.

Über Kleinanzeigen wurden sie auf Ebay angeboten: zwei Hundebabys aus Ungarn. Das machte Mitarbeiter von Peta stutzig. Sie gaben sich als Interessenten aus und nahmen Kontakt zu den Händlern auf: „Die Organisation konnte gemeinsam mit dem Veterinäramt und der Polizei eine der gerade einmal etwa sechs Wochen alten französischen Bulldoggen beschlagnahmen“, teilt Jana Hoger, Fachreferentin bei Peta Deutschland mit Sitz in Stuttgart, mit.

 

„Nach Waffen und Drogen die drittgrößte illegale Einnahmequelle.
Christian Marquardt

 

Das Tier habe einen stark geschwollenen Bauch gehabt, was auf Wurmbefall hindeute. Der andere Welpe sei für 1600 Euro in den Raum Esslingen verkauft worden. Die Tiere waren laut Jana Hoger illegal und ohne Impfschutz eingeführt worden.  

Jeanette Pichler vom Stuttgarter Amt für öffentliche Ordnung weiß um diese Vorkommnisse. Eines der Hundebabys sei „tierseuchenrechtlich beschlagnahmt“ und in das Tierheim Stuttgart gebracht worden. Sie habe ihre Kollegen in Esslingen informiert, dass ein weiterer Welpe in den Kreis Esslingen verkauft worden sei – Hinweise, die im Veterinäramt des Landkreises aufgegriffen wurden. Leiter Christian Marquardt bestellte den Käufer aus dem Kreisgebiet mit dem Welpen ein: „Nach einer Überprüfung durfte das Tier unter Auflagen bei seinen bisherigen Haltern bleiben.“ Der Hund muss bei der Besitzerfamilie eine Quarantäne einhalten. Er darf in dieser Zeit keinen Kontakt zu anderen Tieren haben, und die Impfungen müssen nachgeholt werden. Der Welpe sei viel zu früh von der Mutter getrennt worden, so der Leiter des Veterinäramts: „Jede Woche im Familienverband wirkt sich positiv auf das Tier aus.“ Erst ab einem Alter von neun Wochen ist ein Verkauf zu empfehlen.

Gefahr für Mensch und Tier

Auch durch den Flughafen in Leinfelden-Echterdingen ist der illegale Handel mit Welpen ein häufiges Problem im Landkreis. Das unerlaubte Geschäft mit den Tieren blüht: „Hier ist die Gewinnmarge sehr hoch. Es ist nach Waffen und Drogen die dritthöchste illegale Einnahmequelle“, sagt Marquardt. Käufer würden von günstigen Preisen angelockt und von der eigenen Ungeduld angetrieben: „Züchter haben oft lange Wartelisten.“ Der Veterinär weist aber auf die Gefahren  durch unerlaubt und ungeprüft importierte Tiere hin: Durch den fehlenden Impfschutz würden Krankheiten eingeschleppt, die auf Menschen übertragen werden können. In der EU seien im Vorjahr vier Menschen an Tollwut erkrankt und verstorben. Und: „Käufer unterstützen ein tierschutzwidriges System.“ Der promovierte Tierarzt spricht von katastrophalen Haltungs- und Aufzuchtbedingungen der illegal importierten Tiere. Der Stress durch den Transport und die neue Umgebung würden das Immunsystem weiter schwächen, sodass viele Tiere krank bei den Käufern ankämen und teilweise sogar sterben.

Strengere Gesetze gefordert

Von Tierquälereien und Millionengewinnen berichtet auch Jana Hoger: „Über 46 000 Hunde werden jeden Monat innerhalb der EU gehandelt.“ In Deutschland hätten sich – gefördert durch Corona – Hotspots entwickelt, zu denen auch der Großraum Stuttgart gehöre. Peta fordert strengere Gesetze, eine gezieltere Strafverfolgung sowie das Chippen und Registrieren der Tiere. Der Handel läuft meist nach einem bestimmten Schema ab: Der erste Kontakt erfolgt über Onlineportale, der Verkauf  geht mit oft gefälschten Heimtierausweisen über die Bühne. Die Händler würden immer dreister: „Oft mieten sie sogar Wohnungen an, um eine seriöse Atmosphäre zu simulieren.“

Drehpunkte des illegalen Handels seien Ungarn, die Slowakei, die Tschechische Republik und andere osteuropäische Länder: „Dort sind die Muttertiere auf Welpenfarmen gezwungen, teils ohne Tageslicht in engen Käfigen in ihren eigenen Fäkalien auszuharren“, sagt sie. Viele leiden unter schmerzhaften Hauterkrankungen. Sind sie nicht mehr in der Lage zu gebären, werden sie getötet oder ausgesetzt.

 

Tipps für den Hundekauf

Vor dem Kauf: Horst Theilinger vom Tierheim Esslingen rät vor der Anschaffung zu gründlicher Information und eingehendem Nachdenken: „Auf den Internetseiten der Tierschutzvereine kann man sich über die Eigenheiten der Tiere informieren.“ In den Tierheimen könnten Interessenten ihre künftigen Lieblinge kennenlernen und sehen, ob sie zu ihnen passen. Es sollte immer bedacht werden, dass ein Tier einen Menschen in der Regel viele Jahre begleite, gibt Horst Theilinger zu bedenken. Daher sollte vorab geklärt werden, ob genügend Zeit für das Tier, auch in der Zeit nach Corona, aufgebracht werden kann. Zudem müssten die Kosten der Tierhaltung etwa für Steuern, Versicherungen, Versorgung, Tierarzt oder Futter mit bedacht werden.

Der Hundekauf: Horst Theilinger empfiehlt, keine Tiere über das Internet zu kaufen. Interessenten sollten sich die Händler genau anschauen: „Seriöse Züchter haben in der Regel schon längere Zeit Kontakt zu den neuen Besitzern. Sie haben auch meist nur eine Rasse, und die Elterntiere können besichtigt werden.“ Auch in den Tierheimen würden weitergehende Beratungen angeboten. Es sei, meint Horst Theilinger, immer gut zu wissen, woher ein Tier komme. Dadurch hätten Halter bei Problemen einen direkten Ansprechpartner, der weiterhelfen könne. Es sollte auch geklärt sein, ob Tiere wieder zurückgenommen werden würden. Gerade bei Tierschutzvereinen ohne Tierheim trete oft die Frage auf, was passiere, wenn es Probleme gibt.

Zahlen im Landkreis: Nach Angaben des Veterinäramtes im Landkreis Esslingen wurden im Jahr 2019 am Flughafen in Leinfelden-Echterdingen zehn Vorgänge mit sieben Hunden, drei Katzen und insgesamt 19 Tieren festgestellt, bei denen gegen Einfuhrvorgaben verstoßen wurde. Im übrigen Kreisgebiet waren es zehn weitere Vorgänge mit insgesamt 13 Hunden. 2020 wurden am Flughafen zwölf Vorgänge mit insgesamt 29 Tieren bearbeitet. Im Esslinger Kreisgebiet kamen im Vorjahr zwölf Vorgänge mit 15 Tieren hinzu. Über Tierschutzorganisationen wurden im Jahr 2020 auf legalem Weg 17 Hunde und zwei Katzen an neue Halter im Kreisgebiet vermittelt. Im Jahr 2021 waren es bislang bereits elf Hunde und drei Katzen. sim