Es gibt Leute, die sich vielfältig für die Zukunft engagieren und entsprechend gut informiert sind. Hans Dörr vom Forum 2030 Kirchheim ist einer von ihnen. Aber auch Menschen wie er haben noch den einen oder anderen blinden Fleck. „Es gibt Bereiche, von denen ich noch nichts wusste“, sagte Hans Dörr bei der einstündigen Online-Konferenz zum Auftakt des Klimafastens. Konkret ging es um den Verbrauch von virtuellem Wasser - also dem Wasser, dass der Mensch nicht direkt verbraucht, etwa zum Duschen oder für die Klospülung, sondern durch seine konsumierten Produkte. Hans Dörr verzichtet schon länger auf Alkohol, lässt sich aber gerne ein alkoholfreies Bier schmecken. Dass zur Produktion von einem Liter Bier etwa 300 Liter Wasser nötig sind, hat er nun durch das Klimafasten erfahren: „Ich bin echt schockiert.“ Nun sucht er nach einer schmackhaften Alternative und bekam in der Gesprächsrunde mit rund einem Dutzend Teilnehmern auch gleich erste Tipps.
To-be-Liste ist wichtiger
Jede Woche ist ein anderes Thema dran, in der ersten Woche ist es der Umgang mit Wasser. Dazu gibt es jeweils einen geistlichen Impuls und eine Sachinformation. Der erste Impuls kam von Kerstin Wacha, Ehrenamtskoordinatorin der katholischen Gesamtkirchengemeinde Kirchheim. Für sie bräuchten Menschen weniger eine „To-do-Liste“ für das, was sie alles machen wollen, sondern eine „To-be-Liste“ für das, was sie alles sein wollen. Entscheidend seien Dankbarkeit, das Bewusstsein, Teil eines größeren Ganzen und der „großen Umarmung Gottes“ zu sein, und die Wahrhaftigkeit, die keine Konflikte scheue.
Hans Dörr hat sich für die Sachinformation mit der Frage beschäftigt, wie sich menschliches Verhalten zum Guten verändert. Antworten hat er im Buch „Ökoroutine“ von Dr. Michael Kopatz vom Wuppertal Institut gefunden. Moralische Appelle seien das eine, aber veränderte Verhältnisse, Standards und Limits das Effektivere. In diesem Zusammenhang erfuhren die Teilnehmer, dass die Produktion von einem Kilo Rindfleisch über 15 000 Liter Wasser erfordere, bei Schweinefleisch sei es nur knapp ein Drittel. In einem T-Shirt aus Baumwolle steckten 2600 Liter Wasser, in einem DIN-A4-Blatt Neupapier zehn Liter.
Die Wortmeldungen gingen beim Online-Gespräch Schlag auf Schlag. Eine Alternative zur Baumwolle sei Hanf, das als Tiefwurzler viel weniger Bewässerung brauche. Hanfkleidung gebe es im Kirchheimer Weltladen, doch die aufwändige Verarbeitung mache sie teurer. Manche Wassereinsparung kosteten hingegen nichts, im Gegenteil: „Jedes Blatt Papier hat eine Rückseite“, lautete ein Tipp. Eine Familie nutzt für die Toilette Regenwasser aus der Zisterne - als beim Lockdown dauernd vier Personen zu Hause waren, reichte deren Vorrat aber nicht aus.
Eine Teilnehmerin riet, nicht nur auf die Menge des verbrauchten Wassers, sondern auch auf den Grad der Verschmutzung zu achten. Dieser sei bei ökologischer Produktion weit geringer. Ein verringerter Fleischkonsum wurde immer wieder genannt, aber das angestrebte Maß ist unterschiedlich: Eine Familie ernährt sich fast ausschließlich vegan. Eine andere, ebenfalls fleischreduziert lebende Teilnehmerin gab die Probleme zu bedenken, wenn die Menschen gar kein Fleisch mehr essen würden: Wohin dann mit den Rindern?
Gibt es in Deutschland genügend Wasser? Im Vergleich zu manchen anderen Ländern ja - eine Teilnehmerin berichtete von ihrer Reiseerfahrung, zum Haarewaschen und Duschen mit nur einem Liter Wasser auskommen zu müssen. Doch auch bei uns fehle den Landwirten Wasser und der Wald leide, Flüsse und Bäche hätten teils Niedrigwasser.
Die Teilnehmer gingen mit konkreten Vorsätzen in die erste Fastenwoche. Eine Teilnehmerin will auf Kaffee verzichten: „Ich liebe Kaffee über alles, das ist schmerzhaft.“ In einer Woche gibt es dann das nächste Treffen - und ein neues Wochenthema.
Info Der Einwahllink für den Fastentreff im Netz, immer mittwochs von 20 bis 21 Uhr, befindet sich auf den Websites der Stadt Kirchheim, der evangelischen und katholischen Kirche in Kirchheim sowie des Kirchheimer Forums 2030. Mehr zur Aktion gibt es unter www.klimafasten.de.