Lenninger Tal
„Ich habe in meinem Leben noch nie etwas bereut“

Ehrentag Elsa Wagner feiert am morgigen Donnerstag ihren 100. Geburtstag. Seit ihrer Geburt lebt die Schwäbin in ihrem Elternhaus in Oberlenningen. Von Anna Ioannidis

Elsa Wagner wurde am Freitag, 8. März 1918, in Oberlenningen geboren. Am selben Ort feiert sie morgen ihren 100. Geburtstag. Den Festtag will sie gemütlich zu Hause im Kreis ihrer Familie verbringen. „Den ganzen Tag wird es von morgens bis abends ein Kommen und Gehen geben. Freunde, Nachbarn und Familienmitglieder kommen, um zu gratulieren“, sagen ihre beiden Töchter.

Elsa Wagner hat ihr ganzes Leben in Oberlenningen verbracht. Sie ist dort mit ihren zehn Geschwistern aufgewachsen. „Ich habe in meinem Leben noch nie etwas bereut oder vermisst“, sagt die Lenningerin. Sie ist die Einzige aus der Geschwisterschar, die noch lebt. Aber allein ist die Rentnerin trotzdem nicht. Sie hat zwei Töchter und einen Sohn, vier Enkel und mittlerweile auch schon zwei Urenkel. Mit ihr im Haus lebt eine Pflegerin, die sich rund um die Uhr um sie kümmert, wenn mal kein Besuch da ist.

In ihrer Kindheit hat die Schwäbin sowohl schöne als auch strenge Zeiten erlebt: Neben der Schule, in die sie immer sehr gerne geht, hilft sie ihren Eltern bei der alltäglichen Arbeit auf dem Feld. Die fleißige Schülerin „muss oft die Ähren zusammenlesen, dreschen und anschließend an die Tiere verfüttern“. Doch trotz der strengen Erziehung durch ihre Eltern darf der Spaß nicht zu kurz kommen. „Ich habe immer alles ausprobiert“, sagt die Jubilarin. Eine ihrer Töchter ergänzt: „Sie ist sehr gerne auf der Schiffschaukel gewesen. Das hat ihr immer Freude bereitet.“

Nach ihrer Schulzeit bekommt Elsa Wagner eine Stelle beim Papierfabrikanten Scheufelen in Lenningen. „Dort hab ich lang geschafft“, sagt sie. In der Fabrik ist sie vor allem im Lohnbüro tätig, hilft aber auch an anderen Stellen aus. Ihre Tochter sagt dazu: „Sie war eine Art Mädchen für alles.“

Ihren späteren Mann lernt sie in einer Metzgerei kennen. Die Heirat findet unter ungewöhnlichen Umständen statt, im Jahr 1945 als Ferntrauung. Elsa Wagners Mann befindet sich nämlich mittlerweile in Gefangenschaft.

Nach der Hochzeit gibt Elsa Wagner ihre Stelle in der Fabrik auf. Stattdessen arbeitet sie in der Metzgerei ihres Mannes mit. Der Betrieb, den es heute nicht mehr gibt, befindet sich erst in Brucken und dann in Lenningen.

Nachdem ihr Mann mit 60 Jahren an einem Krebsleiden gestorben ist, entdeckt Elsa Wagner das Reisen für sich. „Ich bin schon ganz schön rumgekommen in der Welt“, erzählt sie. Neben Ausflügen und Tagesreisen mit dem Bus, unter anderem auf die Insel Mainau im Bodensee, reist sie mit ihren Kindern nach Lanzarote und an die Nord- und Ostsee. Einige Reisen führen in die weite Welt hinaus: Sie besucht Verwandte in Australien und fliegt sogar in die USA nach New York. Da sie kein Englisch spricht, verständigt sie sich etwas umständlich mit Händen und Füßen. Doch auch das geht gut.

Neben den vielen Reisen besucht Elsa Wagner regelmäßig den Seniorentreff. Die Mittwochabende hingegen verbringt sie immer beim Gottesdienst und singt bis 2011 sogar im Chor als Tenor mit.

Nachdem die Jubilarin altersbedingt ihren Führerschein abgibt und sie nicht mehr mobil ist, beginnen die langen Tage sie etwas zu langweilen. Sich die Zeit mit Gesellschaftsspielen zu vertreiben, mag sie gar nicht. „Sie spielt nicht gerne. Das einzige Spiel, bei dem sie auch mal mitmacht ist ‚Mensch-ärgere-dich-nicht‘“, sagt eine ihrer Töchter. Elsa Wagner ergänzt: „Ich stricke aber sehr gerne Socken für meine Enkel und Urenkel.“ Zudem besucht sie jeden Freitagnachmittag mit ihrer Tochter die Gaststätte Burrenhof auf der Schwäbischen Alb um Kaffee zu trinken.

Heute plagen Elsa Wagner leichte Zipperlein. „Das ist das Alter. Mir geht es nicht mehr so gut“, sagt sie. Eine große Krankheit hat sie noch nicht gehabt. Die Jubilarin kann auf ein interessantes Leben zurückblicken, in dem sie nichts vermisst. Für die Zukunft ist sie wunschlos glücklich.