Im Januar hatte die IG Metall noch harsche Kritik an der Eberspächer Gruppe in Esslingen geübt. Gewerkschaftsfunktionär Alessandro Lieb hatte angeprangert, dass Beschäftigte für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze auf Entgelt verzichten sollten: „Dieses Vorgehen zeigt, dass das Management keinerlei Interesse an einer sozialpartnerschaftlichen Herangehensweise hat.“ Doch die Zwistigkeiten scheinen vorbei zu sein: Beide Parteien haben sich auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt. Jobverluste sind wohl erst einmal abgewendet.
Die Gewerkschaft hatte zu Jahresbeginn aus allen Rohren geschossen. Die Eberspächer-Gruppe plane drastische Senkungen der Personalkosten und stelle die Regelungen des Flächentarifvertrags in Esslingen infrage. „Um einen Stellenabbau zu vermeiden, fordert die Geschäftsführung weitreichende Beiträge der Beschäftigten am Standort“, hatte die IG Metall gewettert: „Jahrelang gab es Funkstille zwischen den Parteien, wenn es um die nachhaltige Sicherung des Standorts ging, aber jetzt sollen die Beiträge der Beschäftigten eingesammelt werden.“
Eberspächer verwies im Januar in einem Statement in Reaktion auf die Vorwürfe der Gewerkschaft auf ein verändertes Marktumfeld und ein bereits geführtes Gespräch zwischen der IG Metall Esslingen und dem Betriebsrat, um gemeinsam die Zukunft am Standort in Esslingen zu gestalten: „Dem Arbeitgeber ist, als langjähriger Tarifpartner (seit 1948), wichtig, dass gemeinsam Wege gefunden werden und notwendige Einsparungen nicht über Personalabbau realisiert werden“, hieß es von Seiten des Autozulieferers.
Keine betriebsbedingten Kündigungen
Nun scheinen die Differenzen begraben zu sein. Beide Seiten teilen in einer gemeinsamen Presseerklärung mit, ein zukunftsfähiges Verhandlungsergebnis erzielt zu haben. Ein Ergänzungstarifvertrag soll bis zum 31. Dezember 2027 gelten. Ein Lenkungskreis aus Vertretern des Betriebsrats und der IG Metall sowie des Autozulieferers solle die „strategischen Unternehmensentwicklungen“ begleiten und mitgestalten. Bis Ende 2027 sollen betriebsbedingte Kündigungen nur einvernehmlich möglich sein.
Wöchentliche Arbeitszeit wird angehoben
Im Gegenzug hatte die Gewerkschaft mit Blick auf Arbeitszeit, Gehalt und Sonderleistungen Zugeständnisse gemacht. Die wöchentliche Arbeitszeit wurde laut der gemeinsamen Medieninfo zum 1. Juni um zwei Stunden auf nun 37 Stunden pro Woche unentgeltlich angehoben. Wahlweise könne aber auch die Bezahlung in entsprechender Höhe gekürzt werden. „Das Urlaubs- und Weihnachtsgeld wird in 2025 jeweils zu 50 Prozent, in 2026 und 2027 jeweils zu 60 Prozent eines Monatsentgelts reduziert.“ Geplante prozentuale Entgelterhöhungen aus der Tarifrunde 2024 sollen erst neun Monate später zur Wirkung kommen. Ein „Besserungsschein“ wurde zudem vereinbart. Geht es Eberspächer wirtschaftlich wieder besser, sollen Rückzahlungen an die Beschäftigten erfolgen.
Die Maßnahmen gelten für die tariflich Beschäftigten im Gemeinschaftsbetrieb Esslingen. „Die außertariflich Mitarbeitenden und die leitenden Angestellten tragen durch anteiligen Verzicht auf variable Vergütungsbestandteile zu gleichen Teilen bei“, heißt es im Pressetext.
Alessandro Lieb von der IG Metall spricht von einer „bitteren Kröte“. Denn grundsätzlich seien Abweichungen vom Flächentarifvertrag immer schmerzhaft: „Denn unser Ansatz sieht stets einen einheitlichen und für die jeweilige Branche geltenden Tarifvertrag vor.“ Im Fall Eberspächer gründe die Abweichung aber auf einer intensiven Abwägung, ob die IG Metall diesen Schritt mittragen solle. Dabei seien die aktuelle wirtschaftliche Lage, die Prognosen für die kommenden Jahre sowie die Beteiligung der IG Metall-Mitglieder berücksichtigt worden: „Abschließend kann ich sagen, dass ich mit dem Ergebnis und dem Verlauf der harten und intensiven Verhandlungen mehr als zufrieden bin.“
Eberspächer sieht nun „Planungssicherheit“
Jörg Steins, CEO bei Eberspächer, lobt die nun erzielte „Zukunfts- und Planungssicherheit“. Die Vereinbarung berücksichtige die aktuell herausfordernde wirtschaftliche Gesamtsituation und zeige „zugleich, dass wir gemeinsam unsere Zukunft in Esslingen gestalten”.