Wow“, fährt es einem durch den Kopf, wenn man das Atelier von Christa Leder in Unterlenningen betritt. Die Fotografin, bekannt durch ihre Aufnahmen regionaler Highlights wie Teck und Hohenneuffen kann auch anders: Da leuchtet ein mit Photoshop bearbeiteter, langgezogener Krokus an der Wand, daneben hängt ein bei einer Schwarzlicht-Party entstandenes dreiteiliges Bild in knalligem Blau, Rosa und Türkis. Auch äußerst modern: ein großformatiges in kräftigem Grün und Blau daherkommendes Acrylbild. Ausgestellt war das im Donntal bei Gutenberg geschossene Foto im Rahmen des internationalen Kunst-, Musik- und Kulturfestivals „Millerntor Gallery“ im Stadion des FC St. Pauli. Das Festival stand ganz im Zeichen des Wassers – das Element, das es Christa Leder besonders angetan hat und dem sie sich künftig neben anderen Projekten verstärkt zuwenden möchte. In einem Alter, in dem andere ans Aufhören denken, will die 63-Jährige noch einmal richtig durchstarten.
Doch zuvor ist befreiendes „Ausmisten“ angesagt. Fröhlich-bunte Blumenmotive, Sonnenauf- oder -untergänge in allen Facetten, Landschaftsaufnahmen aus dem Westen Australiens – vieles hat sich im Laufe der Jahrzehnte gerahmt oder auf Leinwand in dem Haus am Unterlenninger Wiesenweg angesammelt. Jetzt hat Christa Leder ihre Schätze aus den hintersten Winkeln des Hauses zusammengetragen. „Es ist doch viel besser, die Leute erfreuen sich daran. Was nützt es in den Schachteln?“, hat sich die Unruheständlerin gefragt. Im Rahmen eines Aktionsverkaufs können nun Kunstkarten und andere Fotografien erworben werden.
Wenn Christa Leder Revue passieren lässt, wie lange sie bereits hinter der Kamera steht, gerät sie selbst ins Staunen. Seit 45 Jahren lauert die gelernte Fotografin dem besonderen Moment auf. Drei Jahrzehnte lang ist sie bereits als künstlerische Fotografin tätig. In 60 Ausstellungen hat sie während dieser Zeit ihre Arbeiten präsentiert. Beim Fotografieren für Reportagen „schulte sie das Auge für das Sehen“, so lautet ihre Überzeugung – für sie der Schlüssel guter Aufnahmen. In Seminaren und Kursen vermittelte sie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern das Geheimnis gelungener Bilder. Gestellte Fotos erscheinen ihr seelenlos. Viel spannender findet sie, in der Umgebung auf Entdeckungstour zu gehen. Angetan haben es ihr knorrige Bäume wie die „hohle Linde“ bei Dettingen/Erms, die auf ihren Fotos magisch wirkenden Gütersteiner Wasserfälle und so kleine Dinge wie ein grünes Ästchen, das sich aus einer Rinde schiebt. „In der Natur steckt der Künstler“, sagt sie beim Betrachten.
Während der „blauen Stunde“, wenn die Sonne gerade abgetaucht ist und sich andere auf Weihnachtsmärkten um die Glühweinstände scharen, hofft sie, ungestört auf den Auslöser drücken zu können. Dann entstehen besonders farbintensive Bilder. Etwa eins, das sie von einem Brunnen in Esslingen aufgenommen hat, dessen Lichterketten sich auf dem glänzenden Pflaster spiegeln. Eingerahmt wird die Szenerie von einem stimmungsvollen, tiefblauen Himmel. Das Foto gehört zu unzähligen Motiven, die die signierten Grußkarten von Christa Leder unverwechselbar machen. Weihnachtliche Stillleben finden sich genauso darauf wie prägnante Orte.
Die Karten, die überwiegend in Buchläden und Schreibwarengeschäften verkauft werden, wird es weiterhin geben. Ebenso den Kalender aus der Region und den Bad Urach-Kalender. Die Porträtfotografie – die Christa Leder bisher zum Broterwerb diente – soll, von Ausnahmen abgesehen, in den Hintergrund treten. Dagegen möchte sich die Unterlenningerin verstärkt künstlerischen Bildern und Landschaftsaufnahmen zuwenden. Fotografien für künftige Ausstellungen sollen auf Reisen, aber auch im „Atmosphärengebiet Schwäbische Alb“ entstehen. „In mir brennt ein neues Feuer“, so beschreibt sie bildlich, was sie antreibt. Was in ihr steckt, beweist unter anderem ein beeindruckendes, reliefartig wirkendes Foto, das sie von einer Eukalyptusrinde aufgenommen hat. Sich davon bei der Verkaufsaktion zu trennen, fällt ihr sichtlich schwer. „Ich habe es ganz panisch in mein Wohnzimmer getragen“, erzählt sie schmunzelnd. Dabei ist sie überzeugt: „Nur wo Platz ist, kann Neues entstehen – im Atelier und somit auch im Kopf.“
Die Atelier-Tore im Wiesenweg 3 in Unterlenningen sind von Donnerstag, 1. Dezember, bis Sonntag, 4. Dezember, jeweils von 14 bis 18 Uhr geöffnet.