Weilheim · Lenningen · Umland
Im Gasthof Linde in Reudern bedient jetzt ein Roboter

Gastronomie Ein Serviceroboter mit dem Namen „Bella“ soll mithelfen, im Landgasthof Linde in Reudern den Personalnotstand zu lindern. Von Rudi Fritz

„Bella“ ist seit gut zwei Wochen die Attraktion bei den Gästen des Landgasthofs Linde in Reudern. „Bella“ ist ein selbständiger Serviceroboter, der die Bedienungen beim Servieren und Abtragen von Speisen und Getränken tatkräftig unterstützt. „Der persönliche Service ist bei uns aber weiterhin das Wichtigste“, betonen Klaus und Monika Stieglmeier, die sich vom Einsatz des Serviceroboters eine große Hilfe bei der Lösung ihrer massiven Personalprobleme versprechen.

 

Die Resonanz unserer Gäste
war in den ersten 14 Tagen
äußerst positiv.
Monika Stieglmeier
 

Das erfahrene Gastronomen-Ehepaar Stieglmeier, das seit 2008 den Landgasthof Linde in Reudern betreibt, hat sich verstärkt Gedanken darüber gemacht, wie man die Weiterführung ihres Betriebes gewährleisten kann, der neben der Gastronomie auch Zimmer anbietet. Zeitungsanzeigen brachten keinen Erfolg, und auch von sonstigen Personalvermittlungsstellen bekam man keine passenden Servicekräfte vermittelt.

„Ich habe schon länger die Entwicklung der Serviceroboter beobachtet“, war Monika Stieglmeier sofort Feuer und Flamme, als sich Sohn Nico mit dieser neuen Serviceart beschäftigte. Schon seit Anfang 2021 ist beispielsweise im Sternerestaurant auf Schloss Filseck in Uhingen ein „Bellabot“ im Einsatz und hat sich dort zum Publikunsliebling gemausert.

Nico Stieglmeier, der Anfang 2023 in den elterlichen Betrieb einsteigen wird, sondierte den Markt und entschied sich für einen zweimonatigen Probebetrieb des Modells „Bellabot – Selbständiger Service- und Kellnerroboter“.

Der 129 Zentimeter hohe, 57 Zentimeter breite und 54 Zentimeter lange Serviceroboter kann durch sein optisches Kamera- und Laser-System Hindernisse und Abstände zu Objekten ermitteln. Damit erkennt der Roboter, dessen Akku einen ganzen Tag hält, seine Position innerhalb des Raumes und ist in der Lage, sich ohne Kollision autonom zu bewegen. Das Gerät wurde entsprechend der Bedürfnisse der „Linde“, die auf insgesamt 300 Quadratmetern Fläche in der Gaststätte, den Nebenräumen und der Terrasse Platz für 140 Gäste bietet, programmiert.

Team ist von der neuen „Kollegin“ überzeugt

Nach den ersten Probefahrten war das „Linde“-Team schnell von der neuen „Kollegin“ überzeugt. „Dass das so schnell so gut funktioniert, hätten wir nicht gedacht“, konstatiert der stellvertretende Küchenchef Michael Mönch, der gemeinsam mit Juniorchef Nico Stieglmeier für den Einsatz des Serviceroboters verantwortlich ist.

Am 30. November war die Feuertaufe von „Bella“ mit Essensgästen. Das Servicepersonal registrierte dabei schon bald, dass der Serviceroboter, der mit bis zu 40 Kilogramm beladen werden kann, eine große Entlastung beim Servieren und Abtragen darstellt. In der Küche werden die Speisen auf den Serviceroboter aufgeladen und die entsprechende, vorprogrammierte Nummer des Tisches, zu dem das Essen kommt, eingegeben. „Bella“ fährt danach autonom zum entsprechenden Tisch und die Bedienung muss dann nur noch den Gästen die Teller servieren. Nach dem Essen stellt das Servicepersonal das Geschirr wieder auf den Servicecomputer, der es in die Küche zum Spülplatz zurückfährt.

„Bella“ kommuniziert aber auch mit ihren menschlichen Partnern. Mit ihrer angenehmen Frauenstimme spricht sie bei ihren Service-Einsätzen Sätze wie „Vorsicht, Ihre Lieferung ist unterwegs“, „Hallo, Ihre Bestellung ist da“, „Guten Appetit“ oder „Auf Wiedersehen“.

„Die Resonanz unserer Gäste war in den ersten 14 Tagen äußerst positiv“, hat Monika Stieglmeier festgestellt. „Der Serviceroboter ersetzt aber nicht die persönliche Ansprache durch unsere Servicemitarbeiter, sondern lässt diesen mehr Spielraum, sich noch persönlicher um unsere Gäste zu kümmern“, betont Klaus Stieglmeier.

Bei vielen noch kein Thema

Mit dem Einsatz des Serviceroboters gehört der Landgasthof Linde Reudern in der Region zu den Vorreitern. „Serviceroboter sind bei uns noch kein Massenphänomen“, betont Daniel Ohl, Pressesprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Baden-Württemberg (Dehoga). Für Ohl ist es jedoch das Ziel, die Servicemitarbeiter nicht zu ersetzen, sondern zu entlasten. „Der persönliche Service gehört zu einem positiven Gastronomie-Erlebnis einfach mit dazu“, unterstreicht Ohl. Er berichtet von einem hauptsächlich Corona geschuldeten Rückgang der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer in seinem Verband, von 2019 auf 2021 um rund zwölf Prozent auf 120 000.

„Bedienroboter sind für uns im Moment kein Thema“, sagt Jörg Ebermann, Inhaber der „Linde“ Oberboihingen und langjähriger Vorsitzender der Meistervereinigung, IHK-Prüfer und Teilnehmer an der Stuttgarter Gastronomie-Messe Intergastra. „Wir sind noch in der glücklichen Lage, von langjährigen guten Mitarbeitern zu profitieren“, weiß Ebermann jedoch, dass sich nicht alle Kollegen in dieser komfortablen Situation befinden.