Seit die Bundesregierung die Wärmewende mit der kommunalen Wärmeplanung verknüpft hat, ruhen die Hoffnungen vieler Haus- und Wohnungseigentümer auf den Kommunen. Das große Ziel ist die klimaneutrale Wärmeversorgung bis zum Jahr 2040. Verpflichtend ist die Wärmeplanung für Städte und Gemeinden mit 30 000 Einwohnern und mehr. Für die anderen ist es freiwillig.
Oder sie schließen sich zu einem „Konvoi“ zusammen, wie Dettingen, Bissingen und Owen es Anfang vergangenen Jahres getan haben. Sie waren damals früh dran: „Wir sind schneller als die Politik und der erste Konvoi im Landkreis Esslingen“, betont Dettingens Bürgermeister Rainer Haußmann.
Der „Konvoi“ hat für die kleinen Gemeinden einige Vorteile. „Denn je nach Anzahl der Bewohner gibt es höhere Fördergelder“, sagt Michael Christ, Klimaschutz- und Energiemanager der Gemeinde Dettingen. Gemeinsam mit der Firma ebök aus Tübingen erarbeitet er derzeit den kommunalen Wärmeplan, dessen Grundzüge noch im Herbst den Anwohnern der drei Gemeinden vorgestellt werden soll. Anfang 2024 sollen die Bürgerinnen und Bürger dann den jeweiligen Wärmeplan für ihre Gemeinde einsehen können und was ihr unmittelbares Wohngebiet betrifft.
Der Plan ist eine Bestandsanalyse der Heizungsarten, damit Bürgerinnen und Bürger sehen können, wo Energie eingespart werden kann und wo es möglich ist, eine Wärmeversorgung lokal zu regeln. „Manchmal hat eine Kommune eine Frage und eine andere schon die Antwort: Wer ist beim Energieversorger der Ansprechpartner? Wo bestelle ich 3D-Gebäude-Daten? Wie komme ich an weitere Verbrauchsdaten?“, sagt Michael Christ. Eine weitere Zusammenarbeit könnte es geben, wenn das Holz für Heizanlagen aus den Wäldern der Gemeinden kommt oder wenn man über Tiefengeothermie nachdenke. „Nicht, dass eine Gemeinde der anderen das Wasser abgräbt, also die Potenziale verbaut. Auch deshalb machen wir die Wärmeplanung im Konvoi“, erklärt er.
Bissingens Bürgermeister Marcel Musolf warnt allerdings vor überzogenen Erwartungen, selbst wenn die ersten Pläne auf dem Tisch liegen. „Die Wärmeplanung ist kein Allheilmittel“, sagt er. Denn sie zeigt zwar Potenziale, beinhaltet aber noch kein verbindliches Vorgehen. Da muss auch die Wirtschaft ins Boot kommen. „Sie müssen jemanden finden, der auch bereit ist, eine Heizquelle und ein Wärmenetz zu bauen“, sagt Musolf. Die Häuslesbesitzer dürften daher nicht erwarten, bei einer Wärmeplanung zu erfahren, was sie konkret in ihrem Haus machen müssen, wenn die alte Heizung den Geist aufgibt. Das geschehe erst danach Zug um Zug. „Die Verknüpfung von Wärmewende und kommunaler Wärmeplanung auf hoher Flughöhe war unglücklich“, sagt Musolf über das Vorpreschen der Bundespolitiker.
Stand jetzt haben die Gemeinden schon durchaus etwas vorzuweisen. „Seit 2010 hat die Gemeinde Dettingen ihren Energieverbrauch um 27 Prozent reduziert“, sagt Michael Christ. Fakt ist aber auch: Fast 70 Prozent der Haushalte und Kleinverbraucher in Dettingen heizen noch mit fossilem Öl oder Gas. Die Wärmepumpe macht derzeit nur sechs Prozent aus.
Je nach Art der Bebauung wird es unterschiedliche Lösungen geben: Gibt es lockere Bebauungen mit langen Leitungen oder dichte Bebauung mit einer Zentrale? Wichtig ist Michael Christ: „Die kommunale Wärmeplanung ersetzt nicht die individuelle Planung.“ Außerdem ist die kommunale Wärmeplanung nicht auf Wohngebäude beschränkt. „Auch Gewerbe und Industrie wird beteiligt“, sagt Holger Zimmermann von ebök. Es geht darum, Synergien zu finden, zum Beispiel Abwärme von Industrieanlagen für Wohngebiete. So gibt es die Idee einer Wärmegewinnung durch die Abwärme eines Abwassersammlers für das Wohngebiet Guckenrain Ost.
Dass es die Lösung für alle nicht gibt, musste auch Verena Grötzinger erfahren. Das Nahwärmenetz für das Oberstädtle war 2016 schon in der Planung, scheiterte aber. „Wir hatten zu wenig Interessenten“, erinnert sich die Owener Bürgermeisterin. „Ohne den Baustein der Hauseigentümer wird es nicht gehen“, sagt Rainer Haußmann. „Ich sag seit zehn Jahren: Nach mir die Sinftlut ist vorbei – jeder muss Verantwortung übernehmen.“
In jedem Fall steht fest, dass es Geld kosten wird. Marcel Musolf betont: „Es geht darum, die Netze wirtschaftlich tragfähig zu machen. Ohne staatliche Zuwendungen wird es nicht gehen. Das kann nicht auf kommunaler Ebene geschultert werden.“