Zwischen Neckar und Alb
Im neuen PCR-Labor  herrscht Frust

Corona Mario Kuhn kann wegen einer Verordnung des Bundes nur einen Bruchteil der möglichen PCR-Tests in seinem eigenen Labor auswerten. Von Johannes Aigner

Die Corona-Zahlen im Landkreis Esslingen steigen täglich. Die Nachfrage nach Corona-Tests ist wegen der hochansteckenden Omikron-Variante so groß wie nie. Doch die Kapazitäten reichen bei weitem nicht aus. Wer einen PCR-Test macht, muss vielerorts mehrere Tage auf das Ergebnis warten. Das zehrt an den Nerven, und es kann in einigen Fällen die Absonderung oder Quarantäne unnötig verlängern.

„Wir möchten unseren Teil zu einer besseren Test-Infrastruktur beitragen“, sagt Mario Kuhn, Geschäftsführer von Digital-life-care. Das Unternehmen betreibt mehrere Testzentren in der Region, unter anderem in Neuffen, Beuren und Frickenhausen. Seit Ende der vergangenen Woche ist auch ein eigenes PCR-Labor am Start, das Kuhn in Zusammenarbeit mit der Frickenhäuser Firma 3A-Diagnostics betreibt.

Die Abrechnung ist nicht erlaubt

Theoretisch könnten Kuhn und seine Mitarbeiter am Frickenhäuser Standort 96 PCR-Tests pro Stunde auswerten. Derzeit kommen sie jedoch nur auf circa 50 pro Tag – warum? „Vor Kurzem wurde die Testverordnung geändert. Darin hat die Regierung festgeschrieben, dass nur Apotheken und Hilfs­organisationen die Auswertung abrechnen können“, beklagt Kuhn.

Laut Testverordnung haben bestimmte Personengruppen Anspruch auf einen für sie kostenlosen PCR-Test; etwa wenn sie engen Kontakt zu einer nachweislich infizierten Person hatten. Aber auch wenn die Corona-Warn-App des Robert-Koch-Instituts ein erhöhtes Risiko anzeigt, übernimmt der Bund die Kosten. Das Problem für Betreiber wie Kuhn: Er und sein Team können die Tests zwar abnehmen. Der Bund übernimmt bei Unternehmen wie seinem allerdings nicht die Kosten für die Auswertung. Diese wäre für Kuhn daher unwirtschaftlich. Er muss die Tests deshalb an ein anderes Labor schicken – obwohl er ein eigenes zur Verfügung hätte.

„Das ist mir total unverständlich“, sagt Kuhn: „Im ganzen Land wird über eine schlechte Testinfrastruktur geredet, und dann wird der Prozess durch solche Regeln unnötig in die Länge gezogen.“ Es sei kein Wunder, dass man auf diese Weise lange auf die Ergebnisse warten müsse. Die Tests von Kunden, die selbst bezahlen, könne er auswerten und liefere ihnen das Ergebnis innerhalb von vier Stunden. „Unsere Ausstattung ist auf dem neuesten Stand, und wir arbeiten mit geschultem medizinischem Fachpersonal“, sagt Kuhn: „Ich bezweifle, dass man in Apotheken oder Testzentren, die in Zelten und Containern eingerichtet sind, bessere Voraussetzungen finden wird als bei uns.“

Auf Nachfrage der Zeitung teilt das Landessozialministerium mit, dass es sich bei den Tests von Kuhn um sogenannte PoC-PCR-Tests handle. PoC ist kurz für „Point of Care“. Bei diesem Verfahren werden die Tests direkt vor Ort ausgewertet. „Laut der Test-Verordnung werden diese PoC-PCR-Tests durchaus vergütet“, sagt Florian Mader, Pressesprecher des Ministeriums: „Allerdings nur, wenn medizinische Labore, Arztpraxen, Apotheken und Rettungs- oder Hilfsorganisationen diese Tests anbieten.“

Labordiagnostik unterliege in Deutschland strengen Anforderungen und Qualitätskriterien. Die Qualitätssicherung und damit verbunden die Zuverlässigkeit der Diagnostik bleibe auch bei begrenzten Kapazitäten ein wichtiger Aspekt. Die Anforderungen an den Betrieb eines medizinischen Labors seien entsprechend hoch.

Politik gibt keine Antwort

„Ich verstehe, dass man nicht allgemein jedem erlauben kann, diese Tests auszuwerten“, erwidert Mario Kuhn auf die Begründung: „Aber es ist mir absolut unverständlich, warum das Sozialministerium nicht einfach jemanden vorbeischickt, der unsere Einrichtung und die Ausstattung überprüft.“ Mehrfach habe er sich an die zuständigen Stellen mit dieser Bitte gewandt. Sogar an Gesundheitsminister Karl Lauterbach habe er schon geschrieben. Eine Antwort bekam er bislang von niemandem.