Schuldnerberatung
Immer mehr junge Menschen verschulden sich

Die Jahresbilanz zeigt: Vor allem Alleinstehende und junge Erwachsene suchen Unterstützung.

Symbolfoto

Kreis. In den fünf Schuldnerberatungsstellen des Landkreises Esslingen wurden im vergangenen Jahr 476 Neuanmeldungen für eine langfristige Beratung mit dem Ziel der Schuldenregulierung verzeichnet. Zusätzlich fanden 1050 Kurzberatungen statt. Der Landkreis hat dazu nun den Jahresbericht vorgelegt.

Ein Schwerpunkt in den Schuldnerberatungsstellen des Landkreises Esslingen lag 2024 auf der Beratung von Alleinerziehenden und Familien. Dank einer Förderung des Landes zur Reduzierung von Kinderarmut konnten vom Kreisdiakonieverband und der Landkreisverwaltung zwei Projekte fortgeführt werden, bei denen Familien und Alleinerziehende ohne Wartezeit Unterstützung erhielten – ein Angebot, das auf große Nachfrage stieß. Häufige Themen waren Mietschulden, drohende Stromsperren, Pfändungsschutz und Möglichkeiten der Schuldenregulierung. Im Jahr 2023 waren Familien und Alleinerziehende mit insgesamt 543 Kindern erreicht worden, im vergangenen Jahr Sorgeberechtigte mit insgesamt 683 Kindern.

Viele Ratsuchende alleinstehend

Die Bilanz zeigt: Am häufigsten suchten alleinstehende Personen Hilfe bei den Beratungsstellen. Sie sind häufiger von Überschuldung betroffen als andere Haushaltsgemeinschaften. Die Gründe: In Single-Haushalten können Kos­ten nicht geteilt und Risiken wie Arbeitslosigkeit oder Krankheit schwerer abgefedert werden. Von den 748 Personen in langfristiger Beratung waren vergangenes Jahr nur 210 verheiratet, neun Personen lebten in einer Partnerschaft. Die meisten Ratsuchenden waren ledig, geschieden oder verwitwet.

Hauptgründe für Überschuldung sind Arbeitslosigkeit, Krankheit, Einkommensarmut, Scheidung oder Trennung und Konsumverhalten. Deutlich gestiegen ist die Zahl junger Ratsuchender, nicht nur bundesweit, sondern auch im Landkreis Esslingen: Bei den unter 30-Jährigen wurden 2024 von der Jugendschuldnerberatung „Benefit“ rund ein Viertel mehr Personen langfristig beraten als im Vorjahr. Zum erhöhten Bedarf in dieser Altersgruppe führten die gestiegene Nachfrage nach Ratenkrediten und Angeboten, bei denen gleich gekauft und erst später bezahlt wird.

Die Bundesregierung wird im Zuge der Umsetzung einer EU-Richtlinie zum Verbraucherkredit neue gesetzliche Regelungen einführen. Geplant ist auch ein Gesetz, das den Zugang zur Schuldnerberatung für Verbraucherinnen und Verbraucher regeln soll. Die Schuldnerberatungsstellen im Landkreis Esslingen hoffen dabei auf Verbesserungen, insbesondere auf bundesweit einheitliche Regelungen und leicht zugängliche Angebote für alle Betroffenen.

Zielgruppengerechte Angebote

Die Schuldnerberatung ist eine gesetzliche Pflichtaufgabe, deren Umfang jedoch im Gesetz nicht definiert ist. Sie ist eine wichtige präventive Aufgabe, um weitergehende Notlagen zu vermeiden. Um verschiedene Zielgruppen zu erreichen, gibt es im Landkreis Esslingen neben der allgemeinen Schuldnerberatung auch spezielle Angebote für Familien und Alleinerziehende sowie für junge Menschen. Die Schuldnerberatungsstellen stehen allen Personen offen, nicht nur Menschen, die im Sozialleistungsbezug stehen.

2024 ist die Überschuldungsquote in der Bundesrepublik weiter gesunken und lag laut dem Schuldneratlas der Kreditreform im Bundesdurchschnitt bei 8,09 Prozent. Die Überschuldungsquote in Baden-Württemberg war mit 6,74 Prozent traditionell deutlich unterhalb der bundesdurchschnittlichen Quote. Der Landkreis Esslingen liegt im deutschlandweiten Ranking unter den Landkreisen und kreisfreien Städten auf Platz 99 von 400. pm