Zwischen Neckar und Alb
Impfpflicht für Pflegeberufe lässt noch viel Spielraum

Gesundheit Seit Mittwoch müssen Angestellte im Gesundheitswesen nachweisen, dass sie gegen Covid immunisiert sind. Es gibt aber Schlupflöcher. Von Thomas Zapp

Seit Mittwoch dieser Woche gilt sie: die Corona-Impfpflicht für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kranken- und Pflegeeinrichtungen. Konkret bedeutet das, dass ab sofort und „unverzüglich“ alle Angestellten und Dienstleister ohne ausreichenden Impfschutz zu melden sind. Diejenigen, die keine Impfnachweise vorlegen können, haben mit Konsequenzen zu rechnen.

„Unverzüglich“ heißt 14 Tage

Doch eine Massenabwanderung von Pflegekräften ist noch nicht zu befürchten, denn in der Praxis gibt es erhebliche Zeitverzögerungen. „Unverzüglich“ ist für das Sozialministerium, wenn die Meldung innerhalb von 14 Tagen ab dem 16. März erfolgt. Somit haben die Einrichtungen noch bis Ende des Monats Zeit, bevor sie dann mit Stichproben zu rechnen haben.

Der Termin war den ungeimpften Angestellten ohnehin schon seit mehreren Wochen bekannt. „Von denen hat sich niemand mehr überzeugen lassen“, sagt Stefan Wiedemann, Leiter des Verbunds von acht DRK-Seniorenzentren der Landkreise Göppingen und Esslingen. „Außerdem haben viele noch eine Infektion erwischt und gelten als genesen, das heißt da ist ein weiteres Vierteljahr gewonnen.“ In seinen Häusern hat er eine Impfquote von 95 Prozent: Bei 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterinnen hat Wiedemann 15 Meldungen an das Gesundheitsamts des Landkreises von Personen ohne ausreichenden Impfschutz machen müssen. Der Landkreis hat eigens dafür seit dem 16. Februar 0 Uhr eine Internetseite eingerichtet.

Die Medius-Kliniken in Kirchheim, Nürtingen und Ostfildern melden bei 3400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern 197 Personen ohne ausreichenden Impfschutz. „Das entspricht einer Immunitätsquote von 93 Prozent“, sagt Sprecherin Iris Weichsel und betont, dass es sich dabei nicht nur um Pflegepersonal sondern auch um Verwaltungsangestellte handelt. Weiter gehen die Arbeitgeber den Fällen nicht nach. „Der Ball liegt jetzt beim Gesundheitsamt“, sagt sie. 

Zwar stehen für die Betroffenen „Bußgelder“ und „Tätigkeitsverbote“ im Raum, aber: für jeden Fall gibt es ein Anhörungsverfahren, und dabei hat das Landratsamt einen nicht unbeträchtlichen Ermessensspielraum. „Hierbei gilt es angesichts der vielen verschiedenartigen betroffenen Einrichtungen und verschiedenen möglichen Sachverhalte naturgemäß eine Vielzahl von Ausnahmen und Besonderheiten zu beachten“, teilt Landkreis-Sprecherin Andrea Wangner mit. 

Das kann konkret bedeuten, dass eine kleine Einrichtung mit 20 Angestellten bei fünf ungeimpften Mitarbeiterinnen den Betrieb nicht mehr aufrecht erhalten kann. In dem Fall steht der „größtmögliche Schutz vulnerabler Gruppen“ der „Wahrung der Funktionsfähigkeit und Versorgung“ gegenüber. Auch das Recht auf freie Berufsausübung und auf körperliche Unversehrtheit kommt dabei zum Tragen und spielt für die Abwägung jedes Einzelfalls eine Rolle. Hinzu kommt, dass die Pflicht vorläufig ist. „Sie gilt erstmal nur bis zum Ende des Jahres“, sagt Iris Weichsel von den Medius-Kliniken.

Dass damit Ungerechtigkeiten entstehen können, sieht auch Stefan Wiedemann. „Ich hoffe nicht, dass Heime mit einer hohen Quote bestraft werden“. Denn darauf liefe es hinaus, wenn man den Verlust der wenigen „Ausreißer“ verkraften scheinbar verkraften könnte und Einrichtungen mit vielen Ungeimpften komplett verschont bleiben, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Aber jeder Mitarbeiter weniger fehlt den Häusern mit einer relativ großen Belegschaft schmerzlich und ist vor allem schwer zu ersetzen.