Auf dem Marktplatz wird geschnürt, geschultert und sortiert. Wanderschuhe werden festgezogen, Stöcke ausgeklappt, Rucksäcke aufgesetzt. Dazwischen stehen Fahrräder, ratschen Bekannte, und Kinder spähen neugierig zu den Pferden hinüber. Kurz vor zehn füllt sich der Platz – Schilder werden gehoben, Gruppen entstehen, das Stimmengewirr wächst. Es ist der 22. Kirschblütentag, und Weilheim ist unterwegs.
Laufen kann man ja immer – aber das hier ist mal was anderes.
Zwei Freundinnen, die sich der Hamami-Tour angeschlossen haben.
Dreizehn Touren stehen zur Auswahl. Das Programm reicht von gemütlichen Spaziergängen bis hin zu ambitionierten Radtouren mit 700 Höhenmetern. Die meisten starten am Marktplatz, andere etwa an der Kita Egelsberg oder in Hepsisau. Katrin Klär von der Stadtverwaltung kündigt mit Mikrofon die Touren an, während sich rund um die großen Schilder mit den jeweiligen Tourennamen die Gruppen versammeln. Wer sich nicht schon Tage vorher online informiert hat, wird direkt vor Ort beraten – ein Stand der Stadt hilft bei der Orientierung, daneben hängt das ausführlich beschriftete Tourenplakat.
Für jedes Tempo ist etwas dabei
Ob mit Kinderwagen, Wanderstöcken oder Radhelm: Für jedes Tempo ist etwas dabei. Neben altbewährten Touren wie der Zipfelbachtour nach Hepsisau oder der Wanderung durch die Streuobstwiesen gibt es in diesem Jahr auch neue Formate – etwa „Yoga und Wandern“ oder den Smovey-Walk mit grünen Ringen. Alles ehrenamtlich organisiert und von erfahrenen Guides begleitet. Parallel dazu laden verschiedene Führungen und Angebote zum Entdecken ein: Etwa die Stadtführung, die Kirchenführung in der Peterskirche oder – besonders beliebt bei Familien – die Planwagenfahrt mit Pferden, die im 20-Minuten-Takt startet. Neu dabei ist der Bauernmarkt beim Kleintierzuchtverein mit regionalen Produkten.
„Da gibt’s Tälessecco und Speck – das ist was für uns“, ruft ein Pärchen lachend, das sich gerade noch durch das Programm gearbeitet hat. Dann verschwinden sie mit flottem Schritt in Richtung Weinberge. Kulinarisch ist einiges geboten: Wer sich keiner Tour anschließen möchte, erkundet den Kirschblütentag auf eigene Faust – etwa bei Kaffee und Kuchen im Café Wesley’s, einem Vesper mitten in den Weinbergen oder Lammgyros mit Live-Musik beim Pfundhardthof. Mit den ersten Sonnenstrahlen füllen sich die Bierbänke fast so schnell wie die Kuchenteller.

So unterschiedlich wie das Angebot, so unterschiedlich auch die Menschen, die gekommen sind. Während die einen sich geführten Touren anschließen, zieht es andere ganz ohne Plan los – auf einen Apfelmost in der Zipfelbachhalle, zum Zuhören bei Salto Vocale im Gewächshaus der Baumschule Entenmann oder einfach zur nächsten sonnigen Bank. Manche wissen seit Tagen, wohin sie wollen, andere entscheiden spontan – wie ein Paar aus dem Umland: „Letztes Wochenende sind wir um die Limburg gelaufen und haben das Schild gesehen – da dachten wir, diesmal machen wir mit.“ Mittendrin: zwei Freundinnen Mitte 20, die jeden Sonntag gemeinsam laufen gehen.

Heute schließen sie sich der Hanami-Tour an. „Laufen kann man ja immer – aber das hier ist mal was anderes“, erzählen sie. Zwischen Gedichten und Kirschblüten erwartet sie ein ungewohnter Blick auf altbekannte Wege. „Wir machen das jedes Jahr. Aber diesmal fahren wir direkt in die Weinberge und picknicken dort“, erzählt eine junge Familie, die mit E-Bikes angereist ist – erst wollen sie aber noch eine Runde mit der Kutsche drehen.

Andere wiederum entdecken die Pflanzenvielfalt am Bürrle oder schauen sich die Brennerei Class von innen an. Und egal ob geführt oder frei, unterwegs ist hier fast jeder – auf Wegen, auf Wiesen oder einfach auf der Suche nach dem nächsten guten Platz zum Verweilen.

