Wir sind im Notfallmodus, deshalb haben wir Ihnen die Tischvorlage tagesaktuell vorgelegt“, brachte es Dettingens Bürgermeister Rainer Haußmann gleich auf den Punkt. Es geht um die geflüchteten Menschen aus der Ukraine. Die Räte sind informiert: In Dettingen haben sich Stand 1. April im Bürgerbüro 25 Menschen registrieren lassen – zehn Frauen, vier Männer und elf Kinder. Wie viele sonst noch privat untergekommen sind, weiß niemand. 90 Tage dürfen alle aus dem europäischen Land ungemeldet legal in Deutschland leben, bekommen dann aber keine staatliche Hilfe.
Die Bereitschaft in Dettingen ist groß, Menschen unkompliziert aufzunehmen. Es gibt weitere 35 Plätze in privaten Unterkünften. „Das ist beispielsweise die Dachwohnung ohne separaten Eingang, die für die Kinder freigehalten wird, wenn sie zu Besuch kommen“, erläutert der Schultes, der stolz auf so viel bürgerschaftliches Engagement in seinem Ort ist. Auch der Arbeitskreis Asyl sei wieder aktiv, alte Kanäle wurden aktiviert, um den Menschen in Not beizustehen. „Ein Drittel sind Kinder. Wir müssen uns also auch Gedanken über Spiel- und Betreuungsgruppen machen – möglicherweise mit ukrainischen Kräften – und Fernunterricht“, gab Rainer Haußmann zu Bedenken.
Das Landratsamt in Esslingen geht im Moment davon aus, dass sich mindestens 1200 Personen aus der Ukraine im Kreis Esslingen aufhalten. „Insgesamt wird mit bis zu 8000 Menschen gerechnet, die unterzubringen sind. Für Dettingen bedeutet dies eine Aufnahmeverpflichtung von 80 bis 100 Personen“, erläuterte Rico Frick vom Ordnungsamt.
Wohnraum ist bekanntlich im Großraum Stuttgart Mangelware, insbesondere bezahlbarer Wohnraum. In Turnhallen sollen die Menschen aber auf keinen Fall untergebracht werden. Deshalb ist die Verwaltung, insbesondere Bauhofleiter Florian Imrich, vorgeprescht. Er hat sich nach gebrauchten Containern in gutem Zustand umgeschaut. Die kauft die Gemeinde dank der Zustimmung des Gemeinderats zügig. Dem Bedarf entsprechend werden sie von den Bauhofmitarbeitern und Handwerkern hergerichtet. Einige Handwerker haben zugesichert, ihr „Gschäft“ im Feierabend zu verrichten.
Doch wo ist der beste Standort für die Container? Der Bahnhofsplatz fällt weg, weil dort wegen der Barrierefreiheit Bauarbeiten stattfinden und dementsprechend eine Baustelle mit Maschinen und anderen Unannehmlichkeiten ist. „Wir sind auf keinen besseren Standort als am Hallenbad gekommen. Da gibt es soziale Kontrolle, auch wenn es nicht direkt im Ort ist. Für die Kinder gibt es Spielmöglichkeiten in nächster Nähe: sei es das Beach-Volleyball-Feld, Spielplatz oder den Sportplatz“, zählte Rainer Haußmann die Pluspunkte auf. In den Containern könnten 30 bis 40 Personen untergebracht werden. Außerdem soll es Küchen- und Bad-Container geben.
„Wir müssen uns so orientieren, dass wir handlungsfähig sind. Mir ist es lieber, wenn Container und Wohnungen leer stehen, weil der Krieg aus ist, als nix zu haben“, machte der Schultes deutlich. Deshalb gibt es einen Zwölf-Monats-Vertrag mit all den Menschen in Dettingen, die ein, zwei oder mehr Zimmer spontan zur Miete zur Verfügung stellen. „Wir wollen das offen und fair managen, weil viele sagen: nicht für immer. Doch was ist danach? Wir brauchen Unterbringungsmöglichkeiten im ,Dabb‘, um sicher gehen zu können“, warb der Schultes für Sicherheit und doppelten Boden. Zudem würden die Container nicht an Wert verlieren, weshalb für ihn Mieten nicht infrage kommt.
„Wir haben unseren Haushaltsplan aufgestellt, bevor es den Ukraine-Krieg gab. Investiv stehen uns 450 000 Euro zur Verfügung. Diese Mittel waren bisher dafür gedacht, eine weitere Immobilie zu beschaffen. Alternativ kann das Geld auch für den Kauf der mobilen Wohnanlage verwendet werden“, erklärte Kämmerer Jörg Neubauer. Zudem stehen weitere 20 000 Euro für Anmietungen zur Verfügung, ebenso eine Deckungsreserve für Unvorhergesehenes in Höhe von 50 000 Euro.
Das Haus an der Teck ist weiterhin belegt
„Wir sollten den Menschen aus der Ukraine jede mögliche Hilfe angedeihen lassen. Was ist eigentlich mit dem Haus an der Teck? Die Bauarbeiter von der ICE-Schnellbahntrasse dürften jetzt doch weg sein“, erklärte Gemeinderat Andreas Hummel. Bei dem Gebäudetrakt handelt es sich um die Holzbauten und damit die Vorgängergebäude vom jetzigen Pflegeheim direkt neben dem Dettinger Flugplatz auf dem Guckenrain.
„Gute Idee, die hatten wir vor neun Monaten auch schon – doch die Gebäude sind bis Ende 2023 vermietet“, antwortete Bürgermeister Rainer Haußmann. Weiterhin sei es mit Bauarbeitern belegt. Mit dem neuen Prokuristen der entsprechenden Firma sei er deshalb gerade im Gespräch. Bis zu 80 Menschen könnten dort untergebracht werden.
„Wenn jemand früher geht, könnten wir dann vielleicht den Raum nachnutzen. Das wäre dann eine Win-win-Situation – aber im Moment ist das Haus gut belegt“, sagte Rainer Haußmann. ih